Essen. Beim 4:1-Testspielsieg beim ETB sah der RWE-Coach viele gute Ansätze, bemängelte aber die Chancenverwertung. ETB-Youngster sehr selbstbewusst.
Trainer sind “von Hause aus” selten mit den Darbietungen ihres Teams komplett zufrieden, aber was Rot-Weiss Essen beim 4:1-Testspielsieg gegen den ETB Schwarz Weiß über weite Strecken den rund 1500 Fans darbot, erfreute auch das Herz des neuen Trainers Christian Titz: „75 Minuten war ich sogar sehr zufrieden, da hätten wir viel höher führen müssen, danach kam mit den Einwechselungen etwas Sand ins Getriebe”, fasste er zusammen.
Es ist Halbzeit in der Vorbereitung; vor den drei freien Tagen, die sich das Team nach anstrengenden drei Wochen nun verdient habe, kratzte es noch einmal die letzten Körner zusammen und zeigte am Uhlenkrug eine ambitionierte Leistung. In der über große Strecken recht einseitigen Partie hatte Titz zum ersten Mal zur Pause nicht gleichmäßig durchgewechselt, so dass die Formation der Startelf durchaus ein Fingerzeig für den Saisonstart sein dürfte. „Da will ich mich heute, drei Wochen vor Start, noch nicht festlegen, aber die Spieler wussten auch, dass wir die Einzelleistung betrachten, und da ist es logisch, dass manche mehr Einsatzzeiten bekommen zu Lasten anderer.” So kamen etliche Akteure erst zur Schlussviertelstunde aufs Feld; der einzige, der komplett draußen blieb, war allerdings ausgerechnet Nico Lucas. Was aus Leistungsgründen nach seiner engagierten und lauffreudigen Leistung am Mittwoch doch sehr verwunderte.
Das sich heraus kristallisierende Stammpersonal machte es über eine Stunde wirklich beeindruckend. Zumal RWE mit dem fast bis zur Mittellinie vorrückenden Torwart (erste Halbzeit Lenz, danach Golz) gefühlt einen Feldspieler mehr im Spielaufbau hat. „Die Jungs haben es richtig gut gemacht, die Innenverteidiger haben sich sehr breit hinten aufgestellt, nach Ballbesitz sind wir gleich ins Gegenpressing gegangen und haben dem Gegner keine Chance zum Spielaufbau gelassen”, so Titz.
Hahn und Kehl-Gomez bauen in aller Ruhe das Spiel auf
In der Tat, mit Alexander Hahn und Marco Kehl-Gomez hat das Aufbauspiel die nötige Ruhe von hinten heraus bekommen, in der Mittelfeldzentrale schaltet und waltet ein souveräner Dennis Grote, dort ist aus dem Schlafwagenabteil der letzten Saison ein echter ICE geworden. Davor auf der Achter-Position zeigt sich Amara Conde als großer Stratege. Und was passiert, wenn Techniker auf Techniker trifft, entpuppt sich auf der linken Seite im Zusammenspiel von Kevin Grund mit Neuzugang Oguzhan Kefkir, dass nahezu schon perfekt verläuft und gut getimte Flanken fast im Minutentakt produziert.
Haupt-Nutznießer davon ist der alte Torjäger Marcel Platzek, der nach einer schwierigen Anlaufzeit in der vergangenen Rückrunde nach langer Verletzungszeit wieder richtig in Schwung kommt und nicht von ungefähr zwei Tore beisteuerte. „Ich kann ihn ja nur in der Zeit jetzt beurteilen, und da macht er es sehr gut, er ist sehr engagiert und lauffreudig und macht sich immer wieder gekonnt von seinem Gegenspieler frei”, gab es ein Sonderlob vom RWE-Coach. Wo viel Licht, da fällt natürlich auch Schatten: „Nach den Einwechselungen hätte ich eine andere Reaktion der Spieler erwartet, da muss ich den anderen läuferisch überlegen sein”, monierte Titz die Schlussviertelstunde.
Es war im übrigen die stärkste Phase der Gastgeber, was dann den neuen ETB-Trainer Ralf vom Dorp ebenfalls ein zufriedenes Fazit ziehen ließ: „Wir können uns nach eineinhalb Wochen Training nicht mit RWE messen, zumal sie in dieser Saison eine richtig gute Mannschaft haben. Aber wie meine eingewechselten Jungs in den letzten 15 Minuten selbstbewusst aufgetreten sind, das war schon ‘Jugend forsch’ und hat mein Herz erfreut. Und das Tor machen sie hervorragend, das macht Hoffnung für die Zukunft.”
Vom Dorp muss den ETB erst kennen lernen
Gemeint waren vornehmlich Robin Walter, Tristan Richter und Yassin Bel-Mustapha, die mit erfrischender Unbekümmertheit aufspielten. Aber beim ETB muss sich alles noch finden, auch der Trainer muss erst noch ankommen: „Das ist hier nicht der SC Velbert, das hat hier schon eine ganz andere Wucht. Ich muss das Umfeld des Vereins erst einmal kennen lernen. Und es wird dann ruhig, wenn die Ergebnisse am Ende des Tages stimmen.” Mit dem vom Samstag lässt es sich schon mal leben.