Essen. Keine 24 Stunden nach der Entlassung von Trainer Neitzel stellt Rot-Weiss Essen den Nachfolger vor. Für RWE war es eine strategische Entscheidung.

„Zeitnah“ wollte Fußball-Regionalligist Rot-Weiss Essen den Nachfolger von Cheftrainer Karsten Neitzel präsentieren, der am Dienstagvormittag freigestellt worden war. Keine 24 Stunden hat es gedauert, dann wurde Christian Titz (48) an der Hafenstraße als neuer Regisseur vorgestellt. Der gebürtige Mannheimer, zuletzt in Diensten des Hamburger SV, wo er unter anderem auch für ein paar Monate die Profis trainierte, unterzeichnete einen Vertrag bis Sommer 2021. Er wird mit dem gleichen Assistenten-Stab weiterarbeiten wie Neitzel, ein weiterer Co-Trainer soll aber noch hinzukommen, um im Alltag die Arbeit in Kleingruppen zu ermöglichen.

Sachverstand und Erfahrung für eine positive Zukunft

„Mit seinem fußballerischen Sachverstand, seiner Akribie und seiner Erfahrung bringt Christian Titz alle Voraussetzungen mit, den Umbruch an der Hafenstraße positiv zu gestalten und unsere Mannschaft für die anstehende Spielzeit zu formen“, sagt der RWE-Vorsitzende Marcus Uhlig. Es sei eine strategische Entscheidung für eine erfolgreiche Zukunft gewesen, und Karsten Neitzel sei auch keineswegs kläglich gescheitert. „Wir haben keine gute Saison gespielt, aber dafür trägt nicht einer allein die Schuld, sondern da hängen wir alle mit drin.“

Karsten Neitzel fiel aus allen Wolken

Man habe auch nicht auf die Ablösung von Neitzel hingearbeitet, sondern zunächst mit ihm weiterarbeiten wollen. Gleichwohl reifte in den vergangenen anderthalb Wochen der Gedanke, es anders machen zu wollen, möglicherweise auch, weil sich die Option Titz ergab. „Ich kenne Christian Titz jetzt seit 13 Tagen“, sagt Uhlig, Montagnacht war dann alles klar. Neitzel wurde am nächsten Tag mitgeteilt, dass er gehen muss. Der, so ist zu hören, fiel aus allen Wolken und ist natürlich zutiefst enttäuscht, denn bis dahin plante er die kommende Spielzeit, zeichnete für die Neuverpflichtungen verantwortlich.

Der neue Cheftrainer Christian Titz.
Der neue Cheftrainer Christian Titz. © Michael Gohl

„Wir wollen strategisch einen anderen Weg einschlagen

Wenn schon Neuanfang, dann richtig, haben sie sich wohl gedacht. Also, Aufbruch auch auf der Trainerbank. „Es ist nichts vorgefallen“, sagt Sportdirektor Jörn Nowak. Es habe auch kein Misstrauen gegeben, sondern immer gute und intensive Gespräche. „Wir wollen aber strategisch einen anderen Weg einschlagen.“

Was erwartet RWE nun von Christian Titz, was man Neitzel offenbar nicht zugetraut hat? „Christian hat nachgewiesen, dass er eine Mannschaft und einzelne Spieler entwickeln und besser machen kann“, beschreibt Nowak. Er könne mit etablierten Spielern ebenso wie mit Talenten umgehen. Der Jugend- und Seniorenbereich soll enger vernetzt werden, auch um den Talenten den Übergang zu erleichtern. „Und Christian hat eine klare Spielidee, die sich absolut mit unseren Vorstellungen deckt.“

Dominant und aktiv soll Rot-Weiss künftig auftreten mit Mentalität und Power. Klar, wenn man den Anspruch hat, eine Spitzenmannschaft zu sein. Das Gesamtpaket stimmt aus Sicht der Rot-Weissen

Titz hat auch schon in der 1. Bundesliga gearbeitet

Dass Christian Titz neue Hoffnungen weckt, ergibt sich aus der Vita. Schließlich hat der neue Cheftrainer beim Hamburger SV schon in der 1. und 2. Bundesliga gearbeitet und dabei dem Nachwuchs eine Chance gegeben. So scheute sich Titz nicht, im Abstiegskampf der 1. Liga auf das 18-jährige Stürmer-Talent Fiete Arp zu setzen. Gleichwohl stieg der HSV mit ihm ab, und entzog ihm in der 2. Liga schon bald das Vertrauen, weil man den Wiederaufstieg gefährdet sah.

Der Name Titz wurde danach immer wieder mit höherklassigen Vereinen in Verbindung gebracht. Nun ist es die 4. Liga geworden. Aber als Rückschritt begreift es der Trainer nicht. „Es sei immer entscheidend, was man selbst haben möchte“, sagt der Fußballlehrer, der gemeinsam mit dem Ex-Profi Thomas Dooley bereits mehrere didaktische Lehrbücher geschrieben hat.

Es geht darum, ein Projekt zu entwickeln

Leise und bedächtig, gar nicht wie ein vollmundiger Einpeitscher, führt er aus, was ihm wichtig ist. Es gehe ihm liga-unabhängig um die Ausbildung, um die Werte, die in einem Klub gelebt werden, darum, dass man sich mit dem Verein und den Menschen dort identifiziere. Für Titz zählt das Projekt, das er vorantreiben möchte. „Und dann kann ich als Trainer auch eine große Zufriedenheit erreichen.“ Konkret: Er will RWE dauerhaft nach oben führen.

Mit den Neuzugängen, die sein Vorgänger ausgewählt hat, kann Titz leben. „Den Kader finde ich gut. Aber es bleibt ja auch noch genug Spielraum für eigene Gedanken.“ Acht, neun Spieler sollen noch kommen. Die U23-Regel müsse berücksichtigt werden, aber auch Spieler mit Führungsqualität seien noch gefragt, die Spaß an diesem Projekt haben. Und den sollen natürlich schon bald auch die RWE-Fans wieder haben.

Es wird ein hartes Stück Arbeit

.„Natürlich wird das ein hartes Stück Arbeit“, sagt Christian Titz. „Aber ich bin es gewohnt, die Ärmel hochzukrempeln und die Aufgaben anzugehen. Wir wollen in der nächsten Saison Vollgas geben und dafür brauchen wir den gesamten Verein und damit jeden einzelnen Rot-Weissen da draußen.“