essen. . Zwei Standardtore von Zeiger und Platzek reichten zum 2:0-Sieg über Gladbach. Gästetrainer Arie van Lent outete sich einmal mehr als RWE-Fan.

Kevin Freiberger hatte es wirklich nicht eilig. Er war nach dem 2:0-Sieg gegen Mönchengladbachs U23 auserkoren, um vor der Presse Rede und Antwort zu stehen. Aber der Angreifer kam und kam nicht in die Katakomben. Nach achtmonatiger Leidenszeit und einstündigem Comeback schien es, als wolle er sich bei jedem Einzelnen in der Westkurve für sein Kommen bedanken. „Ich habe es genossen da draußen, es hat Bock gemacht. Endlich durfte ich auch mal zu Hause in einem Pflichtspiel ran.”

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Nun, an ihm hat es nicht unbedingt gelegen, dass der Logarithmus (Sieg-Niederlage) endlich zu den Akten gelegt werden kann. Aber wie heißt es so schön: Dabeisein ist alles. Der 30-Jährige ließ es nach überstandenem Kreuzbandriss vorsichtig angehen, suchte nicht unbedingt die Zweikämpfe und „schwamm” auf der sanften Erfolgswelle dieses Nachmittags einfach so mit. Es war der Abschluss einer gelungenen Woche, erst der Sieg in Straelen, dann die Erfolgsmeldung unter der Woche, und mit dem Sieg über den Tabellenvierten, gegen den man zuletzt nicht viel gerissen hat, tauschte man zum Abschluss die Platzierung.

Ein Paradebeispiel für eine U23-Mannschaft

In diesem Rhythmus soll es weitergehen: Am Dienstag im Halbfinale gegen den KFC Uerdingen, und in der neuen Woche soll ja wohl auch der neue Trikotsponsor präsentiert werden. Schöne rot-weisse Aussichten.

Die Gladbacher waren an diesem sonnigen Nachmittag vor 5787 Gästen das Paradebeispiel für eine U23-Mannschaft. Im Einzelvergleich fast alle ihren Gegenspielern technisch überlegen, rauschten sie mitunter durch die Essener Reihen, was die RWE-Fans mit staunenden Augen verfolgten. Hier bekam Zeiger mal einen Beinschuss verpasst, dort wurde ein Lucas Scepanik, der wahrlich zu den schnellsten Essenern gehört, ein ums andere Mal von Mandela Egbo ins Kinderkarussell gestellt.

Marc Fascher auf der Tribüne

Sollte der designierte neue Sportdirektor schon im Stadion gewesen sein, so dürfte er sich hinter Egbo wie auch beim Zehner Torben Müsel ein Sternchen gemacht haben – ohne die Frage der finanziellen Machbarkeit geprüft zu haben. Apropos Sportdirektor: Auf der Haupttribüne saß, getarnt mit einer „Coppola“ (Schlägermütze eines Mafioso, die Red.), Marc Fascher. Nach einigen Schreckminuten gab es die Entwarnung: Der Ex-Coach ist mittlerweile Scout bei Darmstadt 98 und wird doch wohl nicht…..

Kritisierte auch die Phase in der zweiten Halbzeit: Trainer Karsten Neitzel.
Kritisierte auch die Phase in der zweiten Halbzeit: Trainer Karsten Neitzel. © Mark Bohla

„Wir haben das Spiel weitgehend dominiert und am Ende weiß man nicht, warum man hier 0:2 verloren hat. Aber kein Vorwurf an die Jungs, sie haben viel investiert und alles rausgehauen”, analysierte Arie van Lent trefflich. So verloren sie ein Spiel, dass durch das Kopfballtor Philipp Zeigers (4.) und einem zweiten Kopfballtreffer Marcel Platzeks (29.) – jeweils auf Standardvorlage durch Kevin Grund – frühzeitig entschieden worden war. „Unsere eigenen Ballbesitzzeiten waren zu wenig und in der zweiten Halbzeit haben wir auch zweimal Glück gehabt”, gab RWE-Coach Karsten Neitzel unumwunden zu, freute sich aber auch über die Ausbeute bei den Standards.

Und bei konsequenterer Chancenverwertung nach der Pause, als bei immer größerem Raumangebot vor dem Tor von Moritz Nicolas die Essener durch Grund, Max Wegner und Scepanik dicke Konterchancen recht kläglich vergaben, hätte es sogar richtig peinlich für die Jungfohlen werden können. Die liegen gelassenen Chancen sind dann für RWE auch die Hausaufgaben bis zum Pokalspiel am Dienstag.

Immer gerne an der Hafenstraße: Gladbach-Trainer Arie van Lent (vorne).
Immer gerne an der Hafenstraße: Gladbach-Trainer Arie van Lent (vorne). © Mark Bohla

Gut für die Spieler, schlecht für den Verein

Der Nachmittag endete so nett wie er begonnen hatte. MG-Trainer Arie van Lent ist nach wie vor ein bekennender Essener Fan und natürlich hatte er die Nachrichten in der Woche auch mitbekommen. „Es wird Zeit, dass es hier vorangeht, alles, was hier steht, ist nicht Vierte Liga.” Und Spitzbübisches versteht er auch hübsch zu verpacken: „Es ist gut, wenn der Verein mehr Geld bekommt, und es ist gut, wenn der Verein das Geld nicht einfach so rauswirft. Das war zu meiner Zeit hier zwar immer gut für die Spieler, aber nicht gut für den Verein”, meinte er mit einem Grinsen. Aber van Lent hat in seiner kurzen rot-weissen Ära, die nur ein Jahr dauerte, nach besten Kräften geliefert, was man damals nicht von allen Panikkäufen behaupten kann. Und deswegen mögen sie ihn heute noch an der Hafenstraße, „ihren” Arie.