Essen. . Sechs Geschwister und eine Sportart. Vier davon spielen in der Regionalliga bei Tusem und SG Überruhr. Natürlich sind auch sie im WM-Fieber.
Bei Weiszens war in der letzten Zeit einiges los, denn diese Familie lebt Handball. Und deshalb befindet sie sich gewissermaßen im Ausnahmezustand. Gebannt verfolgt sie das WM-Turnier, bei dem die deutsche Nationalmannschaft bisher so begeistert hat und ins Halbfinale eingezogen ist. Aber Familie Weisz ist mehr als nur eine Fangruppe, sie ist ein Phänomen.
Auch wenn der Vergleich etwas hinkt, aber diese Familie entwickeln eine ähnliche Leidenschaft wie das Nationalteam. Mit dem Beginn der Saison sind gleich vier Geschwister für zwei Essener Klubs in der Handball-Regionalliga aktiv. Sinje (23) und Ronja (25) kämpfen bei der SG Überruhr um den Klassenerhalt, Nelson (27) und Jordi (21) versuchen, die Zweite Mannschaft des Tusem in Richtung oberes Tabellendrittel zu führen.
Der eine Trainer, der andere Spieler
Nelson Weisz hat bereits 2015 auf der Margarethenhöhe angeheuert. Im vergangenen Sommer beerbte er Trainer Daniel Haase, der nun im Nachwuchsbereich beim Erstligisten Rhein-Neckar Löwen arbeitet. Zu seiner erfolgreichen Zeit beim TV Aldekerk trainierte Nelson Weisz in der C-Jugend Luca Witzke, der heute in der 2. Bundesliga für den Tusem am Ball ist. Nach einem Praktikum wurde er Co-Trainer der Tusem A-Jugend in der Bundesliga und coacht inzwischen seit zwei Jahren die B-Jugend in der Nordrheinliga.
In der Zweiten spielt auch sein Bruder Jordi. In der A-Jugend noch beim BHC Solingen aktiv, schaffte er vor zwei Jahren den Sprung ins Regionalliga-Team. Der Rückraumspieler, für den Studiengang Wasserbau-Ingenieur eingeschrieben, überzeugt durch Vielseitigkeit: Er hat Stärken im 1:1-Verhalten und in der Abwehr. In der vergangenen Saison war er aber auch zweiterfolgreichster Torschütze.
Sinje und Ronja Weisz kämpfen mit SGÜ um Klassenerhalt
„Wir fühlen uns beim Tusem sehr wohl, wohnen gemeinsam mit Torhüter Elias Hoven in einer WG und studieren beide an der Universität Duisburg-Essen. So lässt sich Studium und Handball optimal für uns verbinden“, sagt Nelson Weisz.
2017 folgte Sinje ihren Brüdern in die Ruhrmetropole und heuerte bei der SGÜ an. Sie wurde Assistentin von Trainer Jörg Büngeler, der das Team zum Klassenerhalt führte. Als Leistungsträgerin Amelie Polutta verletzt ausfiel, griff Sinje auch auf der „Platte“ ein. Als spielende Co-Trainerin ist sie in dieser Saison ebenfalls wieder gefragt. „Nachdem die Saison für uns bisher wenig zufriedenstellend gelaufen ist, hat der Klassenerhalt erneut oberste Priorität“, sagt Sinje, die in Köln Deutsch und Französisch auf Lehramt studiert.
Praktisch in der Halle aufgewachsen
Seit dieser Spielzeit ist schließlich auch Ronja Weisz bei der SGÜ aktiv. Sie kam vom Oberligisten TV Lobberich, um sich noch einmal in einer höheren Liga zu beweisen. Die variable Rückraumspielerin stellte sich sofort als Verstärkung heraus - sowohl im Innenblock als auch als gefährliche Torschützin.
Nelson Weisz stellt richtige WM-Prognose
„Ich glaube, dass unsere Mannschaft das Halbfinale erreichen kann, wenn alles zusammenpasst“, hatte Nelson Weisz vor dem WM-Auftakt prophezeit.
Der Junge hat offenbar schwer Ahnung, auch wenn er direkt hinzufügt: „Für mich gehören allerdings die Dänen und Norweger zu den Favoriten.“
Was für eine ungewöhnliche Familie, mag man denken. Aber mit diesem Quartett ist sportlich gesehen das Reservoir noch nicht ausgeschöpft. Die beiden jüngsten Geschwister Lauritz (19) und Insa (17) spielen in Aldekerk in der ersten oder zweiten Mannschaft.
„Natürlich hat unsere Liebe zum Handball einen Grund“, erklärt Nelson Weisz. „Den Weg haben wir über unsere Eltern gefunden. Beide waren jahrelang beim TV Lobberich aktiv. Wir sind praktisch in der Halle aufgewachsen.“
Spieltage der Kinder wollen gut geplant sein
Die Eltern müssen ihre Wochenenden schon gut planen, um die Spiele ihrer Kinder live zu sehen. Und Mutter Ilona hat dann vor Ort immer eine Tasche mit Verpflegung dabei. Zu Hause in Nettetal, wo der Vater eine Fahrschule besitzt, ist der Handball immer ein großes Thema. „Die Spiele werden am Abend dann nochmal genauestens analysiert“, schmunzelt Sohnemann Nelson. „Da bekommt man auch mal sein Fett weg.“
Aber bevor Familie Weisz wieder selbst aufläuft, steht erst einmal die WM im Fokus. Zum Auftakt des Turniers war ein großes Treffen, um gemeinsam zu schauen, zu bangen und zu jubeln. Bei den Spielen in Köln saßen Ronja und ihre Brüder auf der Tribüne. Nun dürfte aber wieder Fernsehen angesagt sein. Geguckt wird in jedem Fall, am besten gemeinsam. Verrückt, oder besser: handballverrückt.