Michael Marhofer, Vorsitzender des TC Bredeney, äußert sich über den Spagat zwischen einem Familienklub und Spitzentennis am Zeißbogen.
Wie kommt ein viel beschäftigter Unternehmer auf die Idee, einen Tennisverein zu managen? Wie schaffen Sie den Spagat zwischen beruflichen Herausforderungen weltweit und der Führung eines Sportvereins? Darüber hinaus sind sie noch Familienvater mit zwei kleinen Kindern.
Ich war schon als Jugendlicher im TCB Mitglied. Irgendwann bin ich dann als junger Erwachsener ausgetreten und dann vor sieben Jahren durch meine Frau wieder eingetreten. Als Unternehmer kann man an Problemen auch nicht wirklich vorbeischauen, und dass der TCB 2012 Probleme hatte, konnte man eigentlich nicht übersehen. Als mich der damalige Vorstand fragte, ob ich nicht einmal ein Sanierungskonzept entwerfen könnte, habe ich das getan. Der Schritt, ein Konzept zu entwerfen und es dann auch selbst umzusetzen, war dann nur noch ein kleiner. Es stimmt natürlich, dass es viel Arbeit ist. Aber wenn man Erfolg hat, macht es auch Spaß.
Bundesligapräsenz in der Stadt ist wichtig
Die sportlichen Erfolge des Vereins sind in diesem Jahr kaum zu toppen. Neben dem Aufstieg der Damen in die 2. Bundesliga schafften die 2. Damen, die Herren, die Herren 40 und 55 den Sprung in die Regionalliga, in der auch die Damen 30 seit drei Jahren vertreten sind. Ist damit ihr sportliches Ziel erreicht, oder lockt vielleicht sogar in der nächsten Saison die 1. Bundesliga?
Jetzt wollen wir die Kirche mal im Dorf lassen. Ja, wir haben sehr viel Erfolg. Aber wir sind ein Verein mit einer Anlage von sieben Plätzen. Wir stoßen schon heute an Grenzen unseres Wachstums. Wir haben eine solide Mannschaftsstruktur aus Breiten- und Leistungssport geschaffen. Wir wollen dabei nicht vergessen, dass viele unserer Mannschaften im Breitensport ebenfalls aufgestiegen sind oder in der Niederrhein-, Verbands- oder Bezirksliga ihre Klasse gehalten haben. Wir sind ein Familienverein, das ist das Herzstück unseres Konzeptes. Kinder und Jugendliche, deren Eltern und Großeltern sollen bei uns einem tollen Sport nachgehen können. Das ist unsere Aufgabe als Verein. Natürlich macht es einen Verein attraktiver, wenn dort Bundes- oder Regionalliga gespielt wird. Außerdem finde ich es wichtig, dass eine Stadt wie Essen in verschiedenen Sportarten auch eine Bundesligapräsenz hat. Wenn unsere Mannschaft gut genug ist und den Aufstieg in die 1. Bundesliga schaffen kann, wird es an mir nicht scheitern.
Wie hat sich neben dem sportlichen Höhenflug das Clubleben entwickelt? Waren die internationalen Turniere nützlich, oder haben sich die Einschränkungen des Spielbetriebs eher negativ ausgewirkt? Ihr Ziel war die Schaffung eines Familienclubs. Haben Sie das erreicht?
Wir sind sicherlich noch nicht am Ende mit unseren Veränderungen. Aber ich würde sagen, wir haben 80 Prozent des Weges geschafft. Wir haben derzeit 250 Mitglieder unter 18, von denen 80 bis 90 in Jugendmannschaften auch Medenspiele absolvieren. Von den 350 erwachsenen Mitgliedern sind viele auch Eltern unserer Jugendlichen. Knapp 180 erwachsene Mitglieder spielen in Mannschaften. Wir sind aber auch nicht mehr der klassische Verein, so wie man sich den vorstellt. Ich würde uns eher als Treffpunkt von Menschen bezeichnen, die den Tennissport lieben und gerne andere Menschen treffen. Eben ein modernes Freizeitangebot aus Gastronomie, Sport, Veranstaltungen, Leistungssport zum Zuschauen usw..Vereine müssen sich wandeln, wenn sie überleben wollen. Auch wenn wir keine Gewinne erzielen wollen, so stehen wir doch mit vielen anderen Sport- und Freizeitangeboten im Wettbewerb. Dem müssen wir Rechnung tragen.
Professionelle Landesverbände fehlen
Wie sehen Sie die Entwicklung des deutschen Tennis? Reichen nach der Ära Becker/Graf/Stich die neuen Vorbilder Kerber und Zverev, um diesem Sport in der nächsten Zeit wieder Weltgeltung zu verschaffen? Wie wichtig ist für Sie die Ausbildung mit qualifizierten Trainern – und wie ist der TC Bredeney dabei aufgestellt?
Zwei Vorbilder sind besser als gar kein Vorbild, wobei es ja im deutschen Tennis schon noch ein paar Vorbilder mehr gibt. Qualität ist immer die Grundvoraussetzung des Erfolges; egal, ob Sie ein Unternehmen führen oder einen Verein. Sport soll Spaß machen, aber das dazugehörige Training muss auf einem qualitativ hohen Niveau abgehalten werden. Da ist der TCB aus meiner Sicht gut aufgestellt. Um diesem Sport in Deutschland wieder Geltung zu verschaffen, sind aber vor allem funktionierende Verbände auf Landes- und Bundesebene wichtig. Da könnte uns ein wenig mehr „DFB“ im Tennis nicht schaden.
Das bedeutet z.B. weniger, aber dafür starke und professionell geführte Landesverbände, dezentrale, anerkannte, qualitativ hochwertige Leistungszentren für Talente, Stärkung der Vereine vor Ort, Vermarktung der Ligen (Bundes-, Regional- und Landesliga) mit Erträgen zugunsten der Vereine, die dort spielen usw. Hier müssten wir eigentlich vieles verändern. Aber es scheint, als wäre die Not an verschiedenen Stellen noch nicht groß genug.
Mittelfristplanung geht bis 2019
Der TC Bredeney hatte sich unter ihrer Führung zum Ziel gesetzt, möglichst mit jeder Mannschaft in die höchste Klasse des Tennisverbandes Niederrhein (Niederrheinliga) aufzusteigen. Der Anspruch ist mit sechs Teams bereits übertroffen worden. Dazu gehört die Grunderneuerung der Sieben-Platz-Anlage, die zu den modernsten im Ruhrgebiet zählt sowie eine große Halle für den Spielbetrieb im Winter. Fraglos zum überwiegenden Teil ein Verdienst Ihrer Initiative. Wie sieht es mit der Nachhaltigkeit aus, wenn Sie das Steuer des TCB-Schiffs einmal aus der Hand legen? Sind bereits Konzepte vorhanden?
Unsere Mittelfristplanung geht bis 2019. Im kommenden Jahr werden wir uns dann mit der Zeit von 2020 bis 2024 beschäftigen. Da unser Konzept erfolgreich ist, müssen wir es nur konsequent weiter vorantreiben. Da wird es bis 2019 noch einige Veränderungen geben, die den bisherigen Erfolg des TCB auch nachhaltig absichern werden. Seien Sie sicher, dass ich nicht zu den Menschen gehöre, die etwas aufbauen und sich nicht darum kümmern wie es weitergeht, wenn man selbst aus der operativen Verantwortung rausgeht. Allen, die uns lange als Eintagsfliege gesehen haben, kann ich versichern, dass wir nicht nur in 2019 unseren 90 jährigen Vereinsgeburtstag feiern werden, sondern dass man sich auch schon auf die Einladung zu unserem hundertjährigen Bestehen im Jahre 2029 vorbereiten kann.