Der Mountainbike-Profi Ben Zwiehoff will mit 22 Jahren Bundesliga-Meister der Elite-Fahrer werden. Sein Motto: „Wer bremst, verliert“.
Ben Zwiehoff nimmt Schwung, fährt mit Tempo auf die selbst gebaute Rampe zu, fliegt mit seinem Bike ein paar Meter durch die Luft und landet sicher. Der 22-Jährige Mountainbike-Profi und Nationalfahrer aus Essen trainiert am Montag in Heisingen für den letzten Bundesliga-Wettkampf in Titisee (Schwarzwald). Dort will er deutsche (Rad-)Sportgeschichte schreiben. Als erster U23-Fahrer kann er die Bundesligawertung der Elite-Klasse, der „Großen“, gewinnen. Und die Chancen stehen nicht schlecht. Ben Zwiehoff führt nach zwei Siegen hintereinander die Konkurrenz nach Punkten an.
„Vor dieser Saison habe ich entschieden, in der Elite-Klasse zu fahren, auch weil es da mehr Weltranglistenpunkte gibt“, sagt Ben Zwiehoff. National geht das, international musste er noch in der U23 in die Pedale treten – bei den World-Cup-Rennen in Australien, kreuz und quer durch Europa und in Kanada, wo er mit Rang fünf die beste Platzierung einfuhr. Das war sein letztes U23-Rennen. „Die Kinderrennen sind vorbei“, sagt Ben Zwiehoff und muss lächeln. Er wechselt ganz in die Eliteklasse. „Es liegen vier extrem interessante Jahre vor mir“, sagt der Essener und verweist zwischen den Zeilen auf sein Fernziel, die Olympischen Spiele in Tokio 2020.
Körperlich zählt Ben Zwiehoff – 62 Kilogramm verteilen sich auf stattliche 181 Zentimer Körpergröße – zu den Leichtgewichten. „Man muss ein gutes Körpergefühl haben und merken, wenn es reicht“, umschreibt er seine Essgewohnheiten. Sportlich ist er ein Schwergewicht. Im Kampf um einen nationalen Titel gehörte Ben Zwiehoff schon Mitte Juli zum Favoritenkreis. Kurz vor der DM wurde ihm im Training allerdings ein Schotterbett zum Verhängnis. Die frischen Narben an seinem linken Knie sind nicht übersehen. „Da fährst du die wildesten Strecken beim Cross Country und dann wird dir so ein Schotterbett zum Verhängnis“, hadert Ben Zwiehoff. Nach drei Runden bei der DM steigt er wegen der Schmerzen aus. Immerhin liegt da auf einem passablen siebten Platz. „Das ist aber nicht mein Anspruch“, stellt der 22-Jährige klar, dass der Titel sein Ziel gewesen sei. Den holt sich der Halterner Markus Schulte-Lünzum. Ihn hat Zwiehoff in den Vorjahren zweimal auf dessen Heimstrecke beim Deutschland-Cup besiegt.
Mountainbiker sind in erster Linie Einzelkämpfer, auch wenn Zwiehoffs international größter Erfolg der Staffelsieg mit dem deutschen Team bei der EM 2015 ist. Fahren muss er allein. Sein Motto: Wer bremst, verliert. Um Erfolg zu haben, braucht es aber auch ein Team um ihn herum. Der Trainer (sein Vater) gehört genauso dazu wie der Sponsor (so ein Rad kostet zwischen 5000 und 6000 Euro), der Personal Coach, der Techniktrainer und der Mentalcoach. „Ohne das alles hat man keine Chance, in der Spitze mitzufahren“, sagt der Essener, hinter dessen Namen in Ergebnislisten MSV Essen-Steele 2011/Team Bergamont steht.
Auf dem Hinweg zum Training in Heisingen hat Ben Zwiehoff einen „Plattfuß“. Als schlechtes Omen bewertet er das nicht. „Jetzt habe ich in dieser Saison alle möglichen Defekte schon gehabt.“ Titisee kann kommen. Auf der Strecke dort, soll es viel bergauf gehen. Das würde ihm, der für seine unwiderstehlichen Antritte am Berg bekannt und gefürchtet ist, entgegenkommen. Größter Konkurrent wird der Lokalmatador Simon Stiebjahn sein, der in der Punktewertung auf Rang zwei liegt. Ihn muss Zwiehoff in etwa 90 Rennminuten hinter sich lassen.
Und danach? Zwei Wochen Urlaub will sich sich gönnen. „Wer so wie ich, 250 Tage im Jahr unterwegs ist, ist froh mal Zuhause zu sein.“ Zuhause, da gehört allerdings auch ein Besuch in Hamburg beim Bergamont Team dazu. Aber auch abends mit Freunden in Essen unterwegs zu sein.
Spätestens, wenn das Wetter in Heisingen ungemütlich wird, geht es aber wieder in die Ferne: sechs Wochen Mallorca und sechs bis acht Wochen Südafrika. Nicht zum urlauben, zum trainieren.