Duisburg. Die Hoffnungen beim MSV Duisburg, dass sich an der Lizenzverweigerung für die kommende Zweitligasaison noch etwas ändert sind verschwindend gering. Der Verein müsste dann der sportlichen Realität ins Auge blicken und für die Regionalliga planen. Mit welchen Spielern und Trainerkandidaten könnte dann gerechnet werden?
Noch will rund um den MSV Duisburg niemand das Unfassbare wahrhaben, das sich am Mittwoch ereignete: Dem Traditionsverein wurde die Lizenz für die kommende Zweitligasaison durch die Deutsche Fußball-Liga verweigert. Die Hoffnung, dass sich an dieser Entscheidung noch etwas ändert, ist verschwindend gering, denn das letztinstanzliche Schiedsgericht kann nur bei Formfehlern zugunsten des MSV entscheiden. Die liegen allem Anschein nach aber nicht vor.
Auch Lizenzerteilung für die 3. Liga wahrscheinlich nicht möglich
Daher müssen die Verantwortlichen hinter den Kulissen nun auch beginnen, für die sportliche Realität zu planen – und die heißt aller Voraussicht nach Regionalliga. Ein Verbandsfunktionär erklärte gegenüber der Sportredaktion, dass sich auch eine Lizenzerteilung für die 3. Liga mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht darstellen lasse. Das bedeutet: Der MSV wird erstmals in seiner 111-jährigen Geschichte nur noch viertklassig spielen.
Die Regionalliga West ist für die Zebras kein Neuland, denn in der abgelaufenen Saison gingen sie dort mit ihrer zweiten Mannschaft an den Start, die sich zuvor als Tabellenzweiter der NRW-Liga unter Trainer Djuradj Vasic souverän dafür qualifiziert hatte. Mit umformiertem Team und Vasic-Nachfolger Manfred Wölpper lief es dann allerdings wesentlich schlechter als erwartet. Letztlich erfolgte als 19. der Tabelle der Abstieg in die Oberliga – nur der FC Kray war schlechter.
Nachwuchscheftrainer Uwe Schubert war in den vergangenen Wochen damit beschäftigt, einen Kader für die Oberliga Niederrhein aufzubauen; was diese Bemühungen noch für einen Wert haben, ist offen. Womöglich wird der ehemalige Co-Trainer von Profi-Coach Oliver Reck nun Anteil am Neuaufbau der ersten Mannschaft in der Viertklassigkeit haben; ob und wo es dann noch eine Zweitvertretung geben wird, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Schubert hatte sich schon vor einigen Jahren um den Posten des Sportdirektors bemüht, ehe dieser dann an Ivica Grlic ging.
Spieler des Profikaders ohne Verträge jenseits der 2. Liga
Ganz abgesehen von der Frage, wie eine Viertliga-Teilnahme angesichts der Mietkosten für die Arena finanzierbar ist, drängt schlicht und ergreifend die Zeit, um einen tauglichen Kader zusammenzustellen. Angesichts des Abstieges kommt aus der letztjährigen Regionalliga-Truppe kaum jemand infrage. Allerhöchstens Mittelfelddribbler Athanasios Tsourakis würde sich anbieten. Die Spieler des Profikaders haben allesamt keine Verträge jenseits der 2. Liga. Dass Akteure wie Sören Brandy, Timo Perthel und Goran Sukalo dem Verein erhalten bleiben, ist daher illusorisch. Was ist realistisch machbar? Höchstens die beiden Keeper Marcel Lenz und Roland Müller. Halten müsste man zwingend auch einen Tanju Öztürk – dem man freilich zuvor die automatische Vertragsverlängerung durch einen 45-Minuten-Einsatz im Saisonabschlussspiel gegen Paderborn verwehrt hatte. Eigengewächs Stephan Hennen, zwischen Bankplatz bei den Profis und Einsätzen bei den Amateuren hin- und hergewechselt, wurde verabschiedet, doch sofern er noch keinen neuen Verein hat, sollte ihm allein schon aus Gründen der Identifikation mit dem neuen Team unbedingt ein Angebot gemacht werden. Nicht zu vergessen: Julien Rybacki. Der Nachwuchsstürmer aus den eigenen Reihen, der auch schon die ersten Profiminuten absolviert hat, ist das größte Talent, das der Verein in den vergangenen Jahren neben Maurice Exslager hervorgebracht hat. Ihn zu verlieren, wäre in der aktuellen Situation fatal. Der Rest? Vielleicht noch Adli Lachheb. Der Tunesier hat die Zweitligatauglichkeit vermissen lassen, doch in der Regionalliga wäre er sicher eine wichtige Abwehrstütze.
Die meisten Vereine haben ihre Planungen schon so gut wie abgeschlossen
Das reicht aber noch nicht für ein schlagkräftiges Aufgebot. Das Problem ist, dass die meisten Vereine ihre Planungen bereits so gut wie oder auch schon komplett abgeschlossen haben. Es bleiben also fast nur noch jene Akteure auf dem Markt, die keine neuen Verträge erhalten haben. Beste Voraussetzungen sind das fraglos nicht, doch viel mehr Optionen bleiben dem MSV nicht, wenn er zum Saisonstart nicht ohne halbwegs taugliche Mannschaft dastehen will. Wen gäbe es da beispielsweise?
Dennis Erdmann (22), Abwehrspieler von Schalke 04 II, 25 Saisoneinsätze in der Regionalliga
Christian Knappmann (32), bulliger Stürmer von Borussia Dortmund II, zuvor Regionalliga-Torjäger in Verl und Wuppertal, einst A-Jugendlicher beim MSV
Stefan Grummel (23), Mittelfeldmann von Rot-Weiß Essen, 23 Saisoneinsätze, ausgebildet bei Bayer Leverkusen
Mahmut Sönmez (23), niederländischer Mittelfeldspieler von Drittligist Preußen Münster, drei Saisoneinsätze, Vertrag aufgelöst
Rico Benatelli (21), 36 Saisoneinsätze im Mittelfeld von Drittligist Borussia Dortmund II, ebenso mit unbekanntem Ziel verabschiedet wie seine Mannschaftskollegen Florian Hübner (22/Abwehr/31 Spiele), Konstantin Fring (23/Mittelfeld/19 Spiele) und Tim Treude (23/Mittelfeld/19 Spiele)
Florian Abel (23), Mittelfeldspieler beim Wuppertaler SV, mit Zweit- und Drittliga-Erfahrung aus seiner Zeit bei Rot-Weiß Oberhausen
Frage nach dem künftigen MSV-Trainer - Spekulationen um mögliche Kandidaten
Neben dem Spielermaterial steht ganz oben auf der Agenda zweifellos auch die Frage nach dem künftigen Trainer. Kosta Runjaic wird das nicht sein, davon ist auszugehen, zumal schon vor dem Finanz-K.o. Spekulationen über einen Wechsel zu Fortuna Düsseldorf die Runde machten. Auch hier sind die entscheidenden Punkte natürlich: Wer ist finanzierbar – und wer ist bereit, einen nicht einfachen Job in der 4. Liga zu übernehmen? Über so manchen Fußballlehrer kann da spekuliert werden:
Friedhelm Funkel: Der Ex-Coach genießt immer noch große Popularität aus seiner früheren Zeit beim MSV. Seit seinem Engagement in Aachen, das vor einem Jahr endete, ist er ohne Job. Als Identifikationsfigur mit profihafter Einstellung wäre er wohl der ideale Mann. Aber würde er sich die Regionalliga antun?
Heiko Scholz: Auch er hat eine MSV-Vergangenheit. Sechs Jahre lang war er Co-Trainer bei den Zebras, zeitweise auch Interimscoach. Wie erfolgreich er unterklassig arbeiten kann, zeigte er, indem er Viktoria Köln in die Regionalliga führte. Als er dort aus immer noch unbekannten Gründen geschasst wurde, ging es mit dem vermeintlichen Aufstiegsaspiranten steil bergab. Er würde mit Markus Kurth womöglich auch einen Co-Trainer mitbringen, der ebenfalls noch über große Sympathiewerte aus seiner aktiven Zeit in Duisburg verfügt.
Djuradj Vasic: Ihn hätte man beim MSV vor einem Jahr am liebsten gar nicht gehen lassen. Als Trainer der 2. Mannschaft, die er zum Aufstieg führte, legte der Deutsch-Serbe eine Professionalität an den Tag, die für die NRW-Liga eigentlich schon überproportioniert war. Dass manche Entscheidungsträger seine Rückkehr aus Wiesbaden sehr gern sehen würden, ist ein offenes Geheimnis.