Duisburg. Die Jugendleiter von Hamborn 07 und des VfB Homberg üben massive Kritik an den Plänen zu neuen Spielformen für die G- bis E-Jugend.

Der Deutsche Fußball-Bund plant eine einschneidende Reform des Kinderfußballs – die Reaktionen von Hamborn 07 und des VfB Homberg als führende Ausbildungsvereine der Stadt sind mit „kritisch“ noch vorsichtig beschrieben. „Der DFB plant etwas, das zum Scheitern verurteilt ist“, sagt Rainer Vervölgyi, der Jugendleiter des VfB, deutlich. Sein Kollege Jörg Wittwer, Sportlicher Leiter der Löwen-Jugend, sieht es ganz ähnlich. „Ich weiß nicht, ob wir unter diesen Voraussetzungen überhaupt noch Bambini-Fußball anbieten können.“

Die Idee des DFB ist es, in den Altersklassen G (in der hiesigen Region meist Bambini genannt), F und E nur noch Spielformen mit deutlich reduzierten Mannschaften (bei den jüngsten gar zwei gegen zwei, dann stetig steigend; siehe Infokasten) durchzuführen. Dabei soll zunächst auf Minitore ohne Torhüter gespielt werden, teilweise mit vier Toren, sodass jedes Team zwei Tore verteidigen muss. In allen drei Altersklassen soll es keine Tabellen mehr geben. Der dahinter stehende Gedanke scheint zu sein, dass die Kids häufiger an den Ball kommen und so Spaß und Gefühl für den Fußball entwickeln.

Wittwer sieht ein gesellschaftliches Problem

Das Problem ist jedoch die Umsetzbarkeit. „Wir können dann nicht mehr so viele Bambini annehmen oder müssen ganz auf diese Altersklasse verzichten“, sagt Wittwer. Denn: Wenn dann auch im Training nur auf Minifeldern trainiert wird und bei den Spieltreffen so gespielt wird, brauchen die Vereine deutlich mehr Trainer und Betreuer pro Mannschaft. „Und es gibt jetzt schon Probleme, in den unteren Altersklassen genügend Leute zu finden“, bestätigt auch Vervölgyi.

Witter: „Das wird dann einfach zu viel.“ Dazu kommt die Infrastruktur. „Wir müssten erst einmal deutlich mehr Tore kaufen, was nicht gerade billig ist“, sagt Wittwer. „Dann stellt sich auswärts die Frage: Hat jeder Verein genügend Tore, muss man Tore mitbringen? Wird es zwar keine Tabelle, aber Spielpläne geben? Wann trifft man sich zu diesen Spielformen“, sorgt sich der 07-Jugendchef. Das Problem sei: „Wir haben bisher noch keinerlei Informationen vom Fußball-Verband Niederrhein bekommen. Wir wissen nichts!“ Dazu müssten die Trainer in den unteren Altersklassen, wo oft genug ohnehin schon Eltern aushelfen müssen, geschult werden, was unter den neuen Voraussetzungen überhaupt gelehrt werden soll. „Dabei müssen erst einmal die Basics vermittelt werden“, betont Wittwer.

Jörg Wittwer, Jugendleiter von Hamborn 07, übt scharfe Kritik an den Plänen.
Jörg Wittwer, Jugendleiter von Hamborn 07, übt scharfe Kritik an den Plänen. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Ab der D-Jugend beginnt dann erst der eigentliche Ligaspielbetrieb – und das inzwischen ja mit einer Niederrhein-Spielrunde in der zweiten Saisonhälfte. „Eigentlich müsste die zu einer richtigen Niederrheinliga umgewandelt werden“, fordert Wittwer. „In der C-Jugend ist es zu spät.“ Was für Vervölgyi an dieser Schnittstelle hinzukommt: „Auf einmal kann man verlieren. Auf einmal kann man absteigen. Das ist den Kindern dann vorher nie vermittelt worden.“ Er sieht darin auch ein gesellschaftliches Problem im Umgang mit Kindern und Jugendlichen. „Sport ist ehrlich. Am Ende gewinnt man oder verliert man. Danach trainiert man, um es beim nächsten Mal besser zu machen. Das ist das Leben. Aber wir wollen die Kinder ja vor allem beschützen und mit 18 kommt dann das richtige Leben und dann ist da niemand mehr.“

Wittwer könnte sich die neuen Spielformen sogar bei den Bambini vorstellen: „Auch noch im jungen F-Jugend-Jahrgang. Aber danach nicht mehr. Und erst recht nicht mehr in der E-Jugend.“ Bei der Umsetzbarkeit würde sein Homberger Kollege das Beschaffen der Tore noch hintanstellen. „Das kann man als Verein hinbekommen“, sagt Vervölgyi, „da kann man auch mit dem Stadtsportbund über Fördermittel sprechen.“ Doch der größere Personalaufwand könnte das ganze Projekt schnell kippen lassen.

DFB will Kopfbälle reduzieren

Ein weiteres Problem: „Wenn wir dann nur noch wenige Bambini und F-Jugend-Kinder haben können, weil die Trainer fehlen: Woher sollen dann plötzlich in der D- und erst recht in der C-Jugend die Quantität an Spielern herkommen?“, mahnt Vervölgyi. Hombergs Jugendchef sieht zudem eine weitere Fehlentwicklung. „Die geplante Ausgliederung der Nachwuchsleistungszentren aus dem Spielbetrieb bedeutet, dass künftig vielleicht nur noch 60 Vereine bundesweit aus diesem Level ausbilden können. Schon heute kann sich kaum noch jemand die Trainer-A-Lizenz leisten. Und die Jugendlichen, die in den NLZ scheitern, hören dann meist ganz auf, obwohl sie auch in der Kreisliga ihrem Hobby nachgehen könnten.“

Der DFB erhofft sich zudem durch die Minispielformen ein fast komplettes Wegfallen von Kopfbällen, was aus medizinischen Gründen wichtig wäre – doch das wäre auch anders zu erreichen. Den entsprechenden Reformbeschluss hat der DFB-Bundesjugendtag bereits gefasst – die neuen Spielformen sollen ab 2024/25 verbindlich werden. Der DFB-Bundestag muss am 11. März noch zustimmen. Vervölgyi hofft, dass dies nicht passiert. Und offenbar nicht nur er.