Duisburg. Beim SV Wanheim 1900 sind sie kreativ: Aus Kostengründen und für den Umweltschutz legten sie auf ihren alten Ascheplatz einen neuen Rasen.

Wir schreiben die 80er Jahre, als im Fußball eine Revolution stattfindet. Auf der britischen Insel ersetzen verschiedene Klubs, unter anderem die Queens Park Rangers, den heiligen Englischen Rasen durch Synthetik – erstmals wird im Profifußball auf Kunstrasen gekickt. Seitdem haben die strapazierfähigen und wetterunempfindlichen Fasern aus Polypropylen (PP) oder Polyethylen (PE) nahezu weltweit einen furiosen Siegeszug angetreten und sind auch auf Deutschlands Amateursportplätzen nahezu flächendeckend zu finden.

Im armen Ruhrgebiet allerdings, früher die Heimat von Kohle, Staub und Asche in der Luft, gibt es sie noch an vielen Ecken: die guten, alten Tennenplätze, meist rot, bisweilen schwarz, aber immer ehrlich und hart. Wer sich keinen Kunstrasenplatz leisten kann, kickt zwischen Dortmund und Duisburg eben weiter auf Asche – oder baut einen Rasen auf derselbigen, wie jetzt der SV Wanheim 1900. „Wir standen vor ein paar Jahren vor der Entscheidung, was wir machen wollen: gar nichts, einen Kunstrasen bauen oder nach einer Alternative suchen“, berichtet Jörg Niggemann, zweiter Vorsitzender beim Kreisligisten aus dem Duisburger Süden.

Sieht gut aus! Jörg Niggemann ist sehr zufrieden mit dem neuen Platz, der schon bespielt wird, aber erst am 23. November offiziell eingeweiht wird.
Sieht gut aus! Jörg Niggemann ist sehr zufrieden mit dem neuen Platz, der schon bespielt wird, aber erst am 23. November offiziell eingeweiht wird. © funke foto services | stefan arend

Zwei Aschenplätze und einen Naturrasen hatten die Wanheimer bisher am Honnenpfad. Um sich ein gutes Beispiel für einen Neubau zu nehmen, mussten die Wanheimer nicht weit fahren. Der TuS Baerl stand nämlich vor einem ähnlichen Problem wie der SV 1900 – und traf eine gute Wahl. An der Buchenallee im Nordwesten der Stahl-Stadt ließen sie einfach die Asche liegen und bauten auf dem alten Platz einen neuen, und zwar aus Naturrasen. „Das ist der sogenannte Mehnert-Rasen“, klärt Jörg Niggemann auf. „In Süddeutschland ist der Belag relativ weit verbreitet, und inzwischen interessieren sich auch hier bei uns in der Umgebung viele Vereine dafür.“

„Rasenpapst“ Dr. Claus Mehnert aus Mindelheim im Unterallgäu hat ihn erfunden. Der Untergrund ist härter als ein herkömmlicher Naturrasen und soll dadurch ähnlich belastbar sein wie ein Kunstrasen.Gut für die Vereine: Der „Mehnert-Rasen“ kostet nur etwa ein Drittel im Vergleich zu dem zuletzt auch von Klimaschützern zur Disposition gestellten Plastikbelag. „Deshalb haben wir uns aus zwei Gründen für diese Variante entschieden“, nickt Jörg Niggemann. „Einen Kunstrasen hätten wir finanziell nicht stemmen können, außerdem ist ein Naturrasen natürlich besser für die Umwelt.“ Duisburgs Stadtsport-Bund übernimmt die Hälfte der Kosten für den Bau neuer Sportplätze, den Rest müssen die Vereine als Eigenanteil leisten. In Wanheim sind nun insgesamt 180.000 Euro zusammen gekommen – 150.000 Euro für den neuen Naturrasen auf der alten Asche, der Rest ging für zwei Material-Container sowie einen neuen Aufsitz-Rasenmäher drauf.

Online-Auktion: 50 Eurofür den Elferpunkt

Viel Geld für einen kleinen Verein. Der SV 1900 besteht aus drei Abteilungen, neben den 15 Fußball-Teams gibt es noch die Tischtennis- und Boule-Freunde. Den insgesamt etwa 500 Mitgliedern jeden Euro aus der Tasche ziehen, nur um den Kickern den Traum von einem schönen, satten grünen Spielfeld zu verwirklichen – das wollten sie in Wanheim nicht. Stattdessen ließen sich die kreativen Köpfe in Wanheim etwas besseres einfallen. „Neben Spendenläufen und den üblichen Sammelbüchsen haben wir in online Anteile an unserem neuen Platz angeboten“, verrät Jörg Niggemann. „Das ist super gelaufen, durch die Auktion haben wir schneller und mehr Geld reingeholt als gedacht.“Der Quadratmeter kostete zwischen 2,50 und 7,50 Euro, der Strafraum und der Mittelkreis waren natürlich teurer als der Rest des Feldes. Filetstücke wie der Mittelkreis und der Elfmeterpunkt schlugen mit jeweils 50 Euro zu Buche. „Alles war relativ schnell weg“, freut sich Jörg Niggemann.Seit ein paar Wochen ist nun der Neuer-Rasen-auf-alter-Asche-Platz am Honnenpfad in Betrieb. Die offizielle Eröffnung des Grüns ist allerdings erst am kommenden Samstag (23. November) mit dem Kick der Wanheimer Traditionsmannschaft gegen die Oldies des Nachbarn GSG Duisburg sowie verschiedenen Jugendspielen. Nachahmer haben der Vorreiter TuS Baerl und nun der SV Wanheim 1900 laut Niggemann schon gefunden. Auch die GSG-Duisburg und der VfL Duisburg-Süd wollen bald ihre kultige Asche veredeln – mit einem neuen Naturrasen als Topping.