Duisburg. . Rick Steffen gewinnt das 24-Stunden-Rennen. Nach seinem ersten Einzelrennen war er völlig fertig. Gesamtsieg geht an Viererteam Wüster Radladen.

Rick Steffen saß tief versunken in seinem Stuhl. Unter einem Zeltdach. Umsäumt von Helfern und Freunden bei der Cycle Culture Company. „Ich dachte“, sagte der 25-Jährige schließlich, „ich hätte alle Gefühlszustände beim Fahrradfahren erlebt.“ Die Quintessenz: Der Feuerwehrmann aus Mülheim hatte sich geirrt. „Ganz ehrlich, wäre ich vier Stunden vor Schluss nicht mit vier Runden Vorsprung Erster gewesen, ich hätte wohl aufgegeben.“

Bei der Siegerehrung war Rick Steffen (Mitte) schon halbwegs sauber – Vorjahressieger und Zweitplatzierter Keke Dörnbach (links) und Ralf Kaltz (3.) nicht.
Bei der Siegerehrung war Rick Steffen (Mitte) schon halbwegs sauber – Vorjahressieger und Zweitplatzierter Keke Dörnbach (links) und Ralf Kaltz (3.) nicht. © Jörg Schimmel

Und welches Gefühl war das nun, das er nach seinem Sieg empfand? „Pure Erschöpfung“, sagte der Sieger im Einzel beim 24-Stunden-Mountainbike-Rennen im Landschaftspark Nord. Sein Ziel vor dem Rennen: Durchkommen! Am Ende waren es 73 Runden. Dabei hatte er ein nahezu perfektes Timing. Er kam exakt 14 Sekunden nach Vollendung der 24 Stunden über die Ziellinie – und hatte schließlich eine Runde Vorsprung auf Vorjahressieger Keke Dörnbach. Normalerweise fährt Steffen die Ironman-Distanz: „Ich habe bislang noch kein Rennen bestritten, das länger als zehn Stunden dauerte.“ So ganz richtig ist das nicht. Im Achterteam hat er die 24 Stunden von Duisburg bereits in Angriff genommen – aber eben im Achterteam. Was seine Leistung noch bemerkenswerter macht: „Ich hatte bis heute Morgen um 8 Uhr noch Schicht.“ Eine Betreuerin lächelt: „Rick, gestern Morgen.“ Antwort: „Ach ja, richtig.“ Was Extremsport bedeutet, hat er aber schon erlebt. Als der Duisburger Pierre Bischoff das Race across America gewann, war Rick Steffen sein „Medizinmann“.

Mit wenig Training zum Sieg

Karo Dominiak (Mitte) freute sich über den Einzel-Sieg im Landschaftspark Nord. Anja Schoof (links) wurde Zweite, Nadine Besser Dritte.
Karo Dominiak (Mitte) freute sich über den Einzel-Sieg im Landschaftspark Nord. Anja Schoof (links) wurde Zweite, Nadine Besser Dritte. © Jörg Schimmel

Völlig überrascht von sich selbst war Karo Dominiak. Die Dinslakenerin, die für den Wüster Radladen und die Triminators des TV Voerde fährt, wollte ihren Startplatz vor einigen Tagen noch abgeben. „Die Kilometerleistung war einfach nicht da“, berichtet sie. „Aber meine Freundinnen haben mich dann überredet, doch an den Start zu gehen.“ Mal gut, dass sie diese Freundinnen hat. Denn obwohl sie in diesem Jahr kaum trainieren konnte, war sie deutlich besser als ihre Konkurrenz. Und auch hier kommen ihre Freundinnen ins Spiel. Ihr Fahrerlager lag direkt an einer Schleife der Strecke. „Ich musste nur kurz reinrufen, was ich brauche“, berichtet sie.

Und schon spurtete Bettina Meier los und reichte ihr am zweiten Punkt der Schleife das Gewünschte an. „Das war super. Ich konnte im Rhythmus bleiben, musste dabei nicht anhalten. Ohne solch ein Team geht das nicht“, erzählt die Mutter zweier Kinder. Vor einem Jahr hatte sie in Duisburg noch den zweiten Platz belegt – mit einer höheren Rundenzahl. Dennoch steht nun der Sieg in der Bilanz. „Das war erst mein drittes Solorennen über 24 Stunden. „Beim ersten Mal am Alfsee wurde ich Dritte, vor einem Jahr Zweite und nun Erste. Das ist doch eine ordentliche Bilanz“, strahlte sie. Ihr Gesicht war da schon wieder sauber, dabei hatte sie auf einen Staubschutz verzichtet.

Nasse Tücher und Staubmasken

Die riesige Hitze, die sich zum Glück für die Fahrerinnen und Fahrer am Sonntag abmilderte, sorgte für deutlich mehr Staubentwicklung als üblich. „Ich hatte ein nasses Tuch vor dem Gesicht. Allerdings erschwert dies das Atmen“, sagte Michael Funcke vom Team Hüttenzauber, das so etwas wie ein „Gründungsmitglied“ des inzwischen legendären Rennens in der Industriekulisse ist. „Drei von uns hatten bis vor wenigen Tagen Magen-Darm-Probleme.“ Dennoch düsten die Duisburger auf Rang fünf der Vierer-Mixed-Wertung. Rick Steffen war noch besser vorbereitet: „Ich hatte eine Staubmaske.“

Der steile Anstieg am „Monte Schlacko“ kann die Fahrer schon einmal aus dem Sattel heben. Kurz danach geht es – etwas schmutziger als zuvor – weiter.
Der steile Anstieg am „Monte Schlacko“ kann die Fahrer schon einmal aus dem Sattel heben. Kurz danach geht es – etwas schmutziger als zuvor – weiter. © Jörg Schimmel

Den Vogel schossen in diesem Jahr allerdings die Jungs vom Viererteam Wüster Radladen aus Voerde – mit Fahrern aus ganz NRW – ab. Sie sicherten sich weit vor dem besten Achterteam mit 91 Runden den Gesamtsieg. „Das ist nicht neu, aber schon sehr selten“, staunte auch Rennchef Stephan Salscheider von Skyder Sportpromotion. Die vier Jungs im Alter von 18 bis 22 Jahren beendeten damit eine Ära. „Wir haben in den letzten sieben, acht Jahren, seit wir dabei sind, immer die Viererwertung gewonnen“, sagte Sascha Schwindling vom Team Herzlichst Zypern. Die Saarländer waren mit 90 Runden bemerkenswert schnell unterwegs. Nur diesmal nicht schnell genug. Die vier Wüster-Jungs fahren sonst Cross-Country-Rennen. „Die dauern ein bis zwei Stunden“, erzählt Sean Feldhaus. In der Nacht wurde es nochmal eng, als das Zypern-Team bis auf zwei Minuten aufholte. Doch der nächste Spurt reichte, um sich abzusetzen. Was sind da schon die 22, 23 Stunden mehr als üblich.

Saure Gummibärchen

Stephan Salscheider, der Organisator des 24-Stunden-Mountainbike-Rennens, hatte übrigens eine gute Idee: Saure Gummibärchen. „Die Kohlenhydrate und der Zucker helfen den Fahrern. Das kam super an“, freute sich der Chef von Skyder Sportpromotion. „Wir haben in diesem Jahr die Teilnehmerzahl von 2500 auf 2100 begrenzt. Das sorgte dafür, dass wir kaum Stauungen hatten“, berichtet er. Auch kleinere Probleme wurden fix gelöst. Eine überbaute Treppe war einmal kurz beschädigt. „Wir haben sie gesperrt und die Fahrer mussten den ,Chicken Way’ zu Fuß nehmen. Aber nach kurzer Zeit war wieder alles in Ordnung“, erklärt Salscheider.

Die Sieger:

Einzelfahrer

Männer: Rick Steffen (Cycle Culture Company) 73 Runden; Männer Masters: Oliver Best 69 Runden; Frauen: Karo Dominiak (Wüster Radladen/Triminators TV Voerde) 50 Runden.

Zweier-Teams

Männer: Max Steffens/Michael Swaton-Höckels (Vennbike.de) 80 Runden; Mixed: Julia Ufermann/Felix Ufermann (Sandsturm Üfte) 73 Runden; Frauen: Jana Kalbatodt/Jennifer Kohutek (PST Racing Team) 66 Runden.

Vierer-Teams

Männer: Jannik Wüster/Ole Zilse/Lennart Voege/Sean Feldhaus (Wüster Radladen) 91 Runden; Masters: Ulrich Voll/Norbert Mertes/Thomas Dinter/Carlo Verwiebe (Cycletec Centurion) 83 Runden; Mixed: Stefan Schairer/Marek Sülzle/Lisa Sulzberger/Arndt Puls (Expoline-Radhaus Winterlingen) 87 Runden; Frauen: Kim Sandy Große/Nelia Fuchs/Kathrin Tesmer/Christina Baganz (Burn Babys) 74 Runden.

Achter-Teams

Männer: Christoph Prokop/Dennis Gnaase/Thomas Volger/Markus Rehborn/Michael Weber/Jona Hoffmann/Marco Zimmer/Patrick Anderle (Edelhelfer Racing Team) 89 Runden; Mixed: Eva Röder/Sophia Reuß/Lena Amberg/Christoph Oehrlein/Peter Gramling/Alex Eiter/Markus Seipel/Thom Brenna (Bike Team Calor 2) 78 Runden; Frauen: Julia Geisler/Isabell Griebe/Desiree Nowitzki/Nicole Unland/Julia Nienhaber/Brigitte Lohkamp/Daniela Nienhaus; nur sieben Fahrerinnen (Rose Bikes) 60 Runden.

Kids-Cup

U7 männlich: Aron Klaas; U7 weiblich: Milla Hermes; U9 männlich: Leo Höbeler; U9 weiblich: Hannah Spöler; U11 männlich: Mika Brands; U11 weiblich: Marie-Joelle Kethers; U13 männlich: Fynn Brands; U13 weiblich: Johanna Unland-Schlebes; U15 männlich: Paul Mölls-Hülfing; U15 weiblich: Anna-Melina Kethers.