Duisburg. . Der Trainer der Zebras sagt aber, dass die Mannschaft der Star ist. Sein Glaube an die Rettung übertrug sich auch auf die Spielerinnen.
Manchmal ist Fußball auch eine Glaubensfrage. Thomas Gerstner beispielsweise hatte von Anfang an den festen Glauben, den MSV Duisburg in der Frauen-Bundesliga halten zu können. „Sonst hätte ich es gelassen“, sagt der Trainer, der das Team im Februar als Tabellenletzten übernahm. Nur zehn Spiele später hat der frühere Bundesligaprofi als offensichtlicher Garant für den Klassenerhalt so etwas wie Heldenstatus bei den Zebras errungen.
Der 51-Jährige mag von solchen Bezeichnungen nichts wissen. „Die Mannschaft ist der Star, nicht der Trainer. Das will er gar nicht sein“, sagt Gerstner. Und beginnt aufzuzählen, wer aus seiner Sicht noch alles Anteil an der kaum für möglich gehaltenen Wende hat: „Die Geschäftsstelle, die Platzwarte, die medizinische Abteilung, die Busfahrerin . . . sie alle haben mitgeholfen und so gearbeitet, dass es keine Ablenkung mehr gab.“
Im Raum steht dabei natürlich immer die Frage, warum das alles unter seinem mit elf Niederlagen in elf Spielen so furchtbar glücklosen Vorgänger Christian Franz-Pohlmann nicht funktioniert hat. „Der Kader war gut zusammengestellt, die Mannschaft hatte ja die Qualität“, meint Gerstner. Was musste also getan werden, um die Schussfahrt Richtung 2. Liga aufzuhalten? Der Trainer sagt offen: „Wir mussten die Spielerinnen erst einmal auf ein richtiges Fitnesslevel bringen, denn das war nicht ausreichend.“
Ein bisschen Glück kam hinzu. Das erste Spiel nach der Trennung von Franz-Pohlmann unter Leitung seines Assistenten Robert Augustin gegen den SC Freiburg war eine reine Abwehrschlacht, die mit dem glücklichen Last-Minute-Tor von Danica Wu zum 2:1 trotzdem die Wende einleitete. Danach übernahm Gerstner und hatte dank der Teilnahme der deutschen Nationalmannschaft am SheBelieves Cup in den USA, die Bundestrainerin Steffi Jones den Job kostete, drei Wochen Zeit, sein neues Team in die Spur zu bringen. Physisch, taktisch und mental: „Die Abwehrarbeit war ja okay, aber wir mussten erst einmal einstudieren, was Offensive ist. Die Mannschaft war nicht in der Lage, am Ende ein Spiel noch zu drehen.“
„Das Spiel schlechthin“ gegen Bremen
Paradoxerweise empfand Gerstner nach seinen ersten 90 Minuten auf der MSV-Bank viel Frust. Weil er von dem, was er im Training erarbeitet hatte, kaum etwas auf dem Platz umgesetzt sah. Und doch ist für ihn im Rückblick jenes Duell mit Werder Bremen in der Schauinsland-Reisen-Arena „das Spiel schlechthin“. Weil Kapitänin Paula Radtke in der 90. Minute einen Elfmeter zum 1:0-Sieg verwandelte und sich damit plötzlich alles bewahrheitete, was der Trainer seinen Spielerinnen gesagt hatte: dass sie bis zum Abpfiff ihre Chance suchen müssen und so Spiele gewinnen können. Es war also das komplette Gegenteil zu seinem Vorgänger: „Wenn man sechs, sieben, acht Spiele in Folge verliert, kann man als Trainer sagen, was man will – sie glauben es einem nicht.“
Der Rest der Saison war nun kein Spaziergang zum Klassenerhalt, doch das Gefühl, dass der MSV seinen drei Konkurrenten im Tabellenkeller ein gutes Stück voraus war, wich nicht mehr. Plötzlich gelang sogar ein Sieg gegen den 1. FFC Frankfurt, was jahrelang undenkbar schien. Für Thomas Gerstner keineswegs überraschend: „Grundsätzlich steckte es ja im Kader drin, 30 Punkte zu holen.“ Die 18, die es dann wurden, reichten letztlich locker, um weit von den Abstiegsplätzen entfernt abzuschließen.
Auch nach dem letzten Abpfiff der Saison geht die Arbeit naturgemäß weiter – schließlich sind angesichts einiger Abgänge noch Lücken zu füllen. „Es sollen insgesamt noch vier Spielerinnen dazu kommen“, verrät Thomas Gerstner. Beim bisherigen Kader ist noch unklar, ob die als Winter-Nachverpflichtung gut eingeschlagene Genoveva Anonma bleibt. „Grundsätzlich wollen wir sie halten, aber wir müssen da noch eine Lösung finden“, sagt der Coach. Er ergänzt: „Wir werden wieder eine bundesligataugliche Mannschaft haben.“ Daran glaubt er fest.