Duisburg. . Handbiker wählen im Innenhafen den falschen Weg. Erinnerungen an 2009. Patrick Gabriel gewinnt vor Weltrekordler Jetze Plat.

Um kurz nach acht Uhr schallte am Sonntagmorgen eine Information durch die Funkgeräte des Organisationsteams, die eine kurze Zeit für beunruhigende Stille und geschockte Gesichter sorgte. Die Handbiker, die den Anfang beim 35. Rhein-Ruhr-Marathon machten, hatten an einer Gabelung, am Pulverweg im Innenhafen offenbar alle den falschen Weg genommen. Erinnerungen wurden wach an 2009, als die Inline-Skater bei der allerersten Teilnahme überhaupt in Duisburg versehentlich auf die Halbmarathonstrecke gelangten und nach nur einer halben Stunde und großem Ärger am Ziel ankamen.

Zurück durch das Nadelöhr

Doch so weit kam es diesmal nicht. Nach einigen Minuten sickerte die Nachricht rund um die Strecke um das Stadion durch, dass es nur die Spitzengruppe der Handbiker getroffen hatte. Der Niederländer Jetze Plat, Stunden-Weltrekordler und mehrfacher Paralympics-Sieger, und zwei seiner schnellen Kollegen waren durch ein anderes Nadelöhr wieder zurück auf der Strecke geführt worden. Holger Falk, verantwortlicher Organisator für die Handbiker, musste danach erst mal kräftig durchatmen: „Das war natürlich ein riesengroßer Schock. Für kurze Zeit stand mein Herz still. Aber es ist zum Glück glimpflich ausgegangen. Offenbar hat ein einziger der vielen ehrenamtlichen Streckenposten für einen Moment nicht aufgepasst. Das ist menschlich, sollte aber natürlich nicht passieren.“

Verdienter Sieger

Der schnellste Handbiker der Welt Jetze Plat, nahm es derweil mit Humor, auch wenn er danach mit zweiminütiger Verspätung dem Führenden Patrick Gabriel hinterher hetzen musste: „Das war eine sehr unglückliche Situation. Plötzlich hatten wir uns verdaddelt und mussten kurz anhalten, um wieder zurück auf die Strecke zu kommen. Da war der Adrenalin-Spiegel kurz ganz hoch.“ Aber der schnelle Holländer wäre nicht vierfacher Europameister, wenn ihn das nicht bei der Ehre packen würde. Etwa fünf Kilometer vor dem Ziel holte Plat seinen Teamkollegen an der Spitze ein, überließ dem Bürener aber dennoch den Sieg: „Patrick musste 30 Kilometer alleine an der Spitze fahren. Das war für ihn ein sehr schweres Rennen. Deshalb hat er den Sieg verdient.“

Sieger Patrick Gabriel, der in der Anfangsphase bei Kilometer vier als einziger der Spitzenathleten am Innenhafen richtig abgebogen war und mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 37 km/h ins Ziel raste, bedankte sich artig: „Das war natürlich eine tolle Geste von Jetze. Er hätte mich mit Sicherheit locker abgehangen können.“ Und auch für die Veranstalter hatte Gabriel ein Lob parat: „Die Leute hier in Duisburg haben einen tollen Job gemacht und ein tolles Rennen auf die Beine gestellt. Allerdings hatte ich das Gefühl, dass es auf der Strecke mehr holprige Stellen als im letzten Jahr gab. Vielleicht hatte das aber auch damit zu tun, dass ich die ganze Zeit alleine fahren musste.“

Komplimente für die Organisation

Nicht ganz so schnell kam Jörg Gerken ins Ziel, der für die 42 Kilometer knapp unter zwei Stunden brauchte. Für den Feuerwehrmann aus Lübeck ist der Rhein-Ruhr-Marathon eine Herzensangelegenheit. Zu Fuß lief der Norddeutsche auf Duisburgs Straßen schon 18 Mal ins Ziel. Weil das aber seit fünf Jahren nicht mehr möglich ist, ist Gerken mittlerweile auf das Handbike angewiesen. Der 41-Jährige ist an Multipler Sklerose erkrankt und hat aus seinem Handicap eine Tugend gemacht: „Nach meiner Erkrankung hatte ich befürchtet, dass es das mit meiner sportlichen Karriere war, aber jetzt habe ich doch eine Lösung gefunden. Es gibt nichts Besseres, als solch eine Marathondistanz, egal wie man sich fortbewegt, zu schaffen.“ Dass ausgerechnet bei seinem Lieblings-Marathon auch die Handbiker ein Teil des Rennens sind, passt für den Lübecker natürlich wie die Faust aufs Auge: „Ich mag den Marathon, die Strecke und das Drumherum. Hier passt das Motto ,Läufer für Laufer und Sportler für Sportler’ wirklich perfekt und ist nicht so dahergesagt. Es gibt so viele immer größer werdende Marathon-Veranstaltungen wie bei uns im Norden in Hamburg oder in Berlin, die immer mehr kommerzialisiert werden. Das merkt man hier an keiner einzigen Stelle. Alleine deshalb fühle ich mich in Duisburg so wohl, was mit Sicherheit nicht nur für mich gilt.“

Solche Komplimente gehen dem Organisationsteam natürlich runter wie Öl, bedeuten aber gleichzeitig auch, dass man weiterhin viel tun muss, wie Holger Falk erklärt: „Ich finde es toll, dass die Handbiker so in den Marathon integriert sind. Das ist überhaupt nicht selbstverständlich, zeigt aber, was für einen Stellenwert der Sportler mittlerweile einnimmt. Ein großer Dank gilt dem Stadtsportbund und dem Laufclub Duisburg.“