Duisburg. . Kaum jemand hat auf dem Platz mehr die berühmten “deutschen Tugenden“ verkörpert als Bernard Dietz. Donnerstag wird “Ennatz“ 70 Jahre alt.

Bernard Dietz liebt Süßspeisen. Ein gutes Stück Kuchen stellt für ihn Lebensqualität dar. Nun, Dietz wird am Donnerstag 70 Jahre alt, wird sich der frühere Fußballer und Trainer des MSV Duisburg schon jetzt auf die Torte freuen dürfen.

Als Bernard Dietz Trainer der MSV-Amateure war, fragte er nach einem Spiel beim Bonner SC vor der Pressekonferenz vergeblich nach einem Stück Kuchen. Er sollte es aber noch bekommen: Beim Rückspiel überraschte ihn eine Mitarbeiterin des Bonner SC mit einem Kuchenstück im Trainingszentrum an der Westender Straße. „Ich war gerührt, dass die Dame das nicht vergessen hatte“, erinnerte sich Dietz noch viele Jahre später an die nette Geste. Wie ging das Spiel aus? Nebensache.

Auf dem Zenit: Bernard Dietz hält im Juni 1980 in Rom als Kapitän der Nationalmannschaft den EM-Pokal in den Händen.
Auf dem Zenit: Bernard Dietz hält im Juni 1980 in Rom als Kapitän der Nationalmannschaft den EM-Pokal in den Händen.

Menschlichkeit und Bescheidenheit kennzeichneten seine Karriere als Spieler. So wurde Dietz beim MSV zur Legende. Er passte in eine Zeit, als der Profi-Fußball noch überschaubar war. Er verkörperte den Sportler, der sich in den Dienst des Vereins und der Fans stellte. Dietz war auf dem Platz der Kämpfertyp, der alles gab. Das war er den Fans in der Arbeiterstadt Duisburg schuldig.

Auch wenn Dietz nach seiner aktiven Zeit zunächst viele Jahre beim MSV nicht eingebunden war, war er stets das Gesicht des MSV Duisburg. Ein Journalist benannte den Verein in den 70ern kurzerhand in „MSV Dietzburg“ um. Im Frühjahr 2013, als der Verein im Zuge des Lizenzentzuges am Boden lag, rief er die Fans auf, „Streifen zu zeigen.“ Die Lizenz konnte Dietz damit nicht retten, aber er schuf ein neues Wir-Gefühl in Duisburg. Er erhielt damit einem von Grabenkämpfen zerrissenen Verein am Leben.

Vom Stürmer zum Verteidiger

Das legendäre Spiel gegen die Bayern 1977. Dietz (rechts) – hier  gegen Karl-Heinz Rummenigge – erzielte beim 6:3-Sieg vier Tore.
Das legendäre Spiel gegen die Bayern 1977. Dietz (rechts) – hier gegen Karl-Heinz Rummenigge – erzielte beim 6:3-Sieg vier Tore.

„Ennatz“ – der Spitzname entstand, weil ein kleines Mädchen den Namen Bernard nicht richtig aussprechen konnte, als der damals sechsjährige Dietz auf der Straße kickte – kam 1970 zum MSV. Den Talentspähern aus Meiderich war ein torgefährlicher Spieler beim SV Bockum-Hövel aufgefallen. Fünf Tore am Stück erzielte Dietz in der Verlängerung eines Pokalspiels für seinen Heimatverein.

„Die haben mich damals als Offensivspieler geholt“, denkt Dietz schmunzelnd an seine Anfänge bei den Zebras zurück. Auch der 1. FC Köln war interessiert, wollte ihn aber zunächst nach Lünen in die Regionalliga ausleihen. Dietz entschied sich für Duisburg.

In Meiderich schulte er 1972 zum Verteidiger um. Das Toreschießen verlernte er dabei aber nicht. In 394 Ligaspielen für den MSV erzielte Bernard Dietz 70 Treffer. Im November 1977 stellte er einen Rekord für die Ewigkeit auf. Beim 6:3-Sieg über den FC Bayern München erzielte er als Abwehrspieler vier Treffer. Dietz sprach später von „vertauschten Rollen“: „Ich sollte Bayern-Stürmer Kalle Rummenigge bewachen. Aber dann musste er hinter mir herlaufen.“

Bernard Dietz triumphierte in der Saison 1978/79 mit dem MSV auf der internationalen Bühne. Hier feiert er seinen Treffer im Uefa-Cup-Spiel gegen Jena.
Bernard Dietz triumphierte in der Saison 1978/79 mit dem MSV auf der internationalen Bühne. Hier feiert er seinen Treffer im Uefa-Cup-Spiel gegen Jena.

Am Ende jener Saison schoss Dietz den MSV mit seinem Siegtor über den FC Schalke 04 in den Uefa-Cup. Bernard Dietz schrieb nun auch international mit dem MSV Fußball-Geschichte. Die Zebras schafften den Einzug ins Halbfinale, schieden aber dann gegen den späteren Cupsieger Borussia Mönchengladbach mit einem 2:2 und einem 2:4 aus. Auf dem Weg dorthin schalteten die Zebras unter anderem auch den DDR-Klub FC Carl Zeiss Jena aus. Im Rückspiel ebnete Dietz mit dem Treffer zum 1:0 den Weg zum 3:0-Sieg nach Verlängerung.

Erstes A-Länderspiel auf Sand

Dietz wurde 1974 A-Nationalspieler. Es passt zum Malocher Dietz, dass er sein erstes Länderspiel auf einem Sandplatz bestritt. Im Empire Stadium Gzira siegte Deutschland 1:0 gegen Malta. 1976 wurde er mit Deutschland Vize-Europameister. Später gab er zu, im Finale gegen die CSSR beim Elfmeterschießen gekniffen zu haben. 1978 fuhr Dietz mit zur Weltmeisterschaft nach Argentinien, zwei Jahre später stand er auf dem Zenit. Als Kapitän der deutschen Nationalmannschaft reckte er in Rom den Europameister-Pokal in den Nachthimmel. Dietz bestritt 53 Länderspiele, im Mai 1981 trug er das Adler-Trikot beim 1:2 gegen Brasilien zum letzten Mal.

Der Deutsche Fußball-Bund bedankte sich bei Bernard Dietz im Mai 1988 mit einem Abschiedsspiel im Wedaustadion. Eine besondere Ehre wurde Dietz aber nicht zuteil: Er ist der einzige Kapitän einer Nationalmannschaft, die einen WM- oder EM-Titel gewann, der nicht Ehrenspielführer wurde.

Im Jahr 2002 kehrte Dietz zum MSV Duisburg zurück: als Nachwuchstrainer, als Scout und seit 2010 ist er für den Vorstand tätig. Aktuell fungiert er als stellvertretender Vorstandsvorsitzender. Zum 70. Geburtstag wünschte sich Ennatz unlängst, noch einmal ein Bundesligaspiel der Zebras gegen den FC Bayern sehen zu können. Das dürfte nach den jüngsten Ergebnissen eng werden.

Aber das Team könnte Bernard Dietz zumindest mit einem Kuchen Trost spenden.