Am Samstag startet der Castrop-Rauxeler Radprofi Marcel Sieberg für das belgische Team Lotto-Belisol in Lüttich in seine dritte Tour de France nach 2007 und 2011. Ab dem Prolog in Lüttich ist es seine Aufgabe, Topsprinter André Greipel (Rostock) in möglichst gute Positionen für Etappensiege zu bringen.

Die Anspannung vor dem wichtigsten Radrennen der Welt ist da. „Sicherlich ist man aufgeregt und gespannt, wie die Beine sind – dafür ist die Tour das größte Event“, sagt Sieberg, in dessen Arbeitswoche alles auf die Tour ausgerichtet war – auf dem Programm standen Streckenbesichtigungen. „Aber nur locker.“ Richtig los geht es am heutigen Samstag, mit dem Prolog in Lüttich, dem 20 Etappen folgen werden, ehe die „Tour der Leiden“ am 22. Juli in Paris zu Ende gehen wird.

Die Ziele des Teams Lotto-Belisol und von Marcel Sieberg sind relativ klar umrissen. Der Europastädter ist wieder ein ganz wichtiger Helfer seines Freundes André Greipel, dessen ärgster Konkurrent im Kampf um Etappensiege im Sprint wohl der Vorjahressieger der Wertung für das Grüne Trikot, der Brite Mark Cavendish (Sky), sein dürfte. Der Sprinterzug von Lotto-Belisol hat mit dem Neuseeländer Greg Henderson aber noch einen weiteren starken Anfahrer dazugewonnen. Cavendish hat 2011 fünf Etappen für sich entscheiden können und kommt natürlich auch in Siebergs Liste der größten Konkurrenten für Greipel vor, zu denen er auch Peter Sagan (Slowakei, Team Liquigas), den deutschen Tour-Debütanten Marcel Kittel (Erfurt, Team Argos-Shimano) und Matthew Goss (Australien, Team Orica-Greenedge) zählt.

Sieberg ist ein absoluter Teamspieler: „Wenn wir ein bis zwei Etappen gewinnen können und dazu Jurgen Van Den Broeck es am Ende in die Top fünf schafft, dann wäre das schon toll – mehr wäre genial“, so Sieberg. Der Topfahrer des Teams Lotto Belisol hatte im Vorjahr nach einem schweren Sturz aufgeben müssen. Dieses Jahr soll es besser laufen. Als Favoriten für den Gesamtsieg sieht Sieberg wie viele Experten einen weiteren Briten an. „Ich denke, Bradley Wiggins (Sky, d. Red.) ist der Mann, der zu schlagen ist.“ Neben Wiggins gilt auch der Tour-Sieger des vergangenen Jahres, der Australier Cadel Evans (Team BMC), als heißer Tipp auf den Gesamtsieg. Die Streckenführung ohne ganz schwierige Berge, dafür aber mit zwei längeren Zeitfahren, in dem beide exzellent sind, spielt den Favoriten in die Karten.

Auch Marcel Sieberg wird froh sein, dass die ganz harten Bergetappen diesmal fehlen, trotzdem wird die Tour sicherlich sehr anstrengend. „Jede Tour ist hammerhart, man geht über seine Grenzen. Nach zehn Tagen kann man kaum laufen – muss aber radfahren“, sagt er mit einem Augenzwinkern.

Olympiastart ist Kindheitstraum

Und selbst nach dem Ende der Tour am 22. Juli wird Marcel Sieberg dieses Jahr nicht ausspannen können, aber das ist in dem Fall eigentlich etwas Schönes. Schließlich wartet schon am 28. Juli, nur wenige Tage nach dem Ende der Tour, das olympische Straßenrennen auf den 30-Jährigen. „Normal bräuchte man einige Wochen dazwischen, aber so ist es halt. Es sind beides sehr wichtige Rennen, und man kann nicht einfach sagen, ich fahre nur eines von beiden, wenn man die Chance bekommt, fahren zu dürfen.“ Erst seit wenigen Tagen ist geklärt, dass Sieberg in London dabei sein wird. „Nach der Deutschen Meisterschaft am Sonntagnachmittag habe ich davon erfahren“, sagt er. „Zu der Zeit war ich aber so K.o., dass ich mich zwar gefreut habe, aber nicht in die Luft springen konnte. Es ist ein Kindheitstraum, mal bei Olympia am Start zu sein.“