Bottrop. . Lisa und Rainer Morawietz spielen gemeinsam für die Bottroper Spielgemeinschaft in der Bundesliga
An diesem Tag ist es wie an vielen anderen. „Pass auf die Lisa auf“, ruft Mutter Christina ihm noch hinterher, als Rainer Morawietz sich mit seiner Tochter auf den Weg zum Training macht. Gemeinsam geht es zum Schwimmbad im Sportpark. Mit Taucherbrille und Schwimmflossen hinein ins Becken. Nach ganz unten. Denn beim Unterwasserrugby wird in bis zu fünf Metern Tiefe gespielt.
Doch es ist nicht das Wasser, das Mutter Christina Sorgen bereitet. Es ist das, was sich darin tummelt. Sechs Gegenspieler der Kategorie „Kleiderschrank“, die Lisa umbarmherzig attackieren, wenn sie den Ball hat. Die von vorne angreifen, von hinten, von links und rechts, von oben und von unten. Unterwasserrugby ist ein dreidimensionaler Sport. Und wer den mit einer speziellen Salzlösung gefüllten Ball in den Händen hält, ist Freiwild. Auch alle anderen wollen den Ball in dem am Beckenboden stehenden Korb versenken. Nettigkeiten sind da nicht zu erwarten. Es wird gedrückt, gezehrt und gehalten. Unterwasserrugby – definitiv kein Sport für Weicheier.
Die Kanten und das kleine Mädchen
Rainer Morawietz muss schmunzeln, denn einst fühlte er sich genauso wie seine Frau. Als Lisa zum ersten Mal beim Training mitmischte. Schon als Zweijährige war sie immer dabei, als der Papa zur Taucherbrille griff. Brav planschte sie damals im Nichtschwimmerbecken. Doch mit 14 wollte sie nicht mehr länger zuschauen, sondern endlich mitmachen. „Ich habe mir mal größere, mal kleinere Sorgen um sie gemacht. Je nachdem, wer von den Jungs beim Training war. Lauter Kanten und ein kleines Mädchen...“, sagt Rainer Morawietz. Heute macht er sich keine Sorgen mehr. Lisa kann sich durchsetzen. Sie ist inzwischen 23 Jahre alt, sie spielt seit Jahren mit dem Papa in der Bundesliga für die Bottroper Spielgemeinschaft. Als einzige Frau im Team. „Man hat auch als Frau seine Chancen. Man muss nur seine Schnelligkeit, Wendigkeit und Kondition ausspielen“, sagt Lisa. In einer reinen Frauenmannschaft spielt sie nebenbei auch noch, bei den Freien Schwimmern in Duisburg. Auch in den B-Kader der Frauen-Nationalmannschaft hat sie es geschafft. Kein Grund also mehr, sich Sorgen zu machen. „Ein paar Kratzer, ab und zu mal ein blauer Fleck – eigentlich ist es gar nicht so schlimm“, winkt Lisa ab. Da muss der Vater lachen. „Wenn sie tagsüber rotzig ist, bekommt sie abends im Training die Quittung.“ Lisa schüttelt nur den Kopf. „Papa, ich bin doch viel zu schnell für dich.“
Der Sport schweißt sie zusammen. Zweimal wöchentlich geht es gemeinsam zum Training, am Wochenende stehen Ligaspiele oder Turniere an. Berlin, München, Stuttgart, Schweden und Spanien – man kommt rum als Unterwasserrugbyspieler. „Das ist natürlich ideal, wenn meine Frau mitkommt und wir eine Auswärtsfahrt gleich mit einem kleinen Familienurlaub kombinieren können“, sagt Rainer Morawietz. Selbst spielt der hauptberufliche Bergmann seit 1980, als er über eine Schul-AG erstmals mit dem Unterwasserrugby in Kontakt kam. Er gehörte zur Nationalmannschaft und ist auch heute noch der Kapitän des Bottroper Bundesligisten. Mit 49 Jahren! „Das ist das Schöne am Unterwasserrugby. Es ist ein Sport, den man bis ins hohe Alter betreiben kann.“ Als Torwart ist er einer der meistgeforderten Spieler des Teams. Wie ein Deckel legt er sich auf den Korb und versucht damit, die Gegner vom Punkten abzuhalten. Im Training kann auch mal Tochter Lisa vor seinem Korb auftauchen. Klar, dass es den ein oder anderen Spruch beim Abendessen gibt, wenn die Angreiferin erfolgreich war. Rainer Morawietz: „Man stichelt schon. Aber auch unter Wasser sind wir ein gutes Team!“