Bottrop/Köln. In der Frauen-Bundesliga rollt wieder der Ball. Landesligist BW Fuhlenbrock hofft, dass es für ihn spätestens im September wieder um Punkte geht.

Eigentlich wollte Mirsada Hoffmann-Kovac mit ihrer Frauenfußballmannschaft über Pfingsten vier Tage auf Sizilien verbringen, doch der Trip des Landesligisten Blau-Weiß Fuhlenbrock fiel der Coronapandemie zum Opfer. Stattdessen machte die Fußballlehrerin Kurzurlaub in den Niederlanden und dort geht der Bundesligaauftakt der Frauen komplett an ihr vorbei: „Es ist selten, dass ich überhaupt Fußball im Fernsehen schaue.“

Im Livestream bei DFB-TV hätte sie am Samstag zum Beispiel die Partie Leverkusen gegen Duisburg sehen können, ein „Geisterspiel“ im Kölner Norden, wo sich an der Stadtgrenze zu Leverkusen Bayers Jugendfußballzentrum Kurtekotten befindet. „Gut, dass es wieder losgeht,“ meint die Bottroper Trainerin, doch lieber geht sie am Strand spazieren. Sie findet es allerdings „prima, dass wir selbst wieder Fußball spielen können, wenn auch nur in Fünfergruppen und ohne Körperkontakt.“ Blau-Weiß Fuhlenbrock hat gerade das Training wieder aufgenommen.

Voller Einsatz nach langer Pause

Mit Körperkontakt gespielt wird nach 13 Wochen Unterbrechung in der Frauen-Bundesliga. Bayer Leverkusen kassiert dabei im achten Heimspiel der Saison die sechste Niederlage, unterliegt dem MSV Duisburg etwas überraschend mit 0:2. Die zweifache Torschützin Nina Lange ist nachher zu kaputt, um ein Interview zu geben. Geldona Morina, die MSV-Mittelfeldspielerin aus Oberhausen, gibt in einer über die Pressesprecherin organisierten Audiodatei zu Protokoll: „Es war sehr, sehr anstrengend. Ich weiß nicht, ob wegen der langen Pause, des Wetters oder weil wir nicht mehr auswechseln konnten.“

Fünfmal zu wechseln ist in diesen Wochen zwar erlaubt, aber der MSV hat nur 14 Spielerinnen dabei, davon drei Torhüterinnen, von denen am Ende zwei als Feldspielerinnen mitmachen. Auch das ist die deutsche Bundesliga. Die übrigen Duisburgerinnen sind entweder verletzt oder beruflich unabkömmlich, denn wie bei den Männern sah das Hygienekonzept vor dem Restart eine einwöchige Quarantäne im Hotel vor. „Wir hatten Spaß miteinander,“ berichtet darüber Geldona Morina und die Leverkusenerin Merle Barth ergänzt: „Das war mal was Anderes. Wir haben viel Zeit miteinander verbracht, auch die, die Homeoffice gemacht haben oder ihre Online-Studiengänge.“ Sätze, die in der Bundesliga der Männer undenkbar wären.

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Auch die „Geisterspiel“-Atmosphäre fühlt sich total anders an als bei Schalke, BVB und Co. Geldona Morina bringt es auf den Punkt: „Im Frauenfußball ist ein Publikum wie heute nichts sehr Ungewöhnliches, auch wenn uns unsere Fans haben uns schon gefehlt haben.“ Es sind wahrlich seltsame Bedingungen an diesem sonnigen Nachmittag in Köln. Außer dem Stadionsprecher erinnert in der kleinen Sportanlage nämlich gar nichts an die große Fußballwelt. Es ist ein ideales Fußballfeld mit einer kleinen Tribüne, aber ohne Anzeigetafel, das Leverkusens Frauen für ihre meisten Heimspiele nutzen – vor der Coronapause kamen zwischen 365 (gegen Essen) und 775 (gegen Bayern München) Zuschauer. Diesmal sind es außer den Beteiligten der beiden Klubs, den Sanitätern, der Polizei und den Ordnern lediglich 18 Personen auf der Anlage. Es liegen sogar mehr Bälle rund um das Spielfeld, nämlich 26. Ballmädchen sind ja ebenfalls nicht vorgesehen.

Auf der Tribüne halten sich fünf Journalisten auf, die beiden Pressesprecherinnen der Vereine und zwei Sanitäter, alle brav mit Mundschutz, außerdem befinden sich auf dem Gelände fünf Leute vom DFB-TV, vier Fotografen und vier weitere Menschen auf einem Balkon des Funktionsgebäudes hinter dem nördlichen Tor. Das Spiel der Frauen-Bundesliga ist übrigens für einen Journalisten der leichteste Weg, die Stadionentzugserscheinungen zu kurieren. Für ein Männerspiel gibt es für mich zurzeit nicht die geringste Chance auf eine Akkreditierung, bei Bayer Leverkusen jedoch ist es angesichts der minimalen Nachfrage gar kein Problem, erstmals nach 84 Tagen wieder Livefußball zu sehen. Das letzte Mal davor war Anfang März in Gelsenkirchen, in einer Zeit also, als Schalke noch Punkte gewinnen konnte – wie beim 1:1 gegen Freiburg.

Neustart im September

An diesem Samstag in Köln verstehen alle Anwesenden fast jedes Wort – von beiden Trainern und vor allem von MSV-Abwehrchefin Claire O’Riordan. Die 25-Jährige aus Limerick brüllt ihre Kommandos alle in englischer Sprache – mit ordentlich irischem Akzent. Gegen Ende ruft eine andere Akteurin: „Schiri, wie lange noch?“, denn es gibt keine mitlaufende Uhr auf diesem Sportgelände. Schiedsrichterin Kathrin Heimann aus Gladbeck gibt schnell Auskunft: „Es sind noch vier Minuten, offiziell.“ Fünf kommen als Nachspielzeit noch hinzu, bis Bayer-Trainer Achim Feifel eine „verdiente Niederlage“ feststellt und vorschlägt: „Angesichts der Lockerungen in allen Bereichen sollte man bei dem einen Monat alten Hygienekonzept im Fußball auch mal darüber nachdenken, wo man nachjustieren kann.“

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Diesen Zeitpunkt hält seine Bottroper Landesliga-Kollegin übrigens noch nicht für gekommen. Mirsada Hoffmann-Kovac glaubt: „Wir müssen wegen Corona vorsichtig bleiben, denn von uns arbeiten viele in der Pflege. Wir wissen, es gibt Wichtigeres als Fußball, so schön er auch ist.“ Bis sie in der Landesliga wieder wird spielen können, wird es – so vermutet sie – „September, wenn überhaupt.“ Und dann wird es im Fuhlenbrock auch wieder Begegnungen geben mit weniger Zuschauern als den 18 am Samstag in Köln.