Bottrop.. Wenn sie läuft, hält sie Kompass und Karte in den Händen. Es geht durch Wälder und Felder, Koordinaten weisen ihr den Weg. Esther Doetsch ist Orientierungsläuferin – eine der besten Deutschlands sogar. Ihr Training absolviert sie derzeit nicht auf Bottrops Halden, sondern im fernen Australien.
Die Koordinaten lauten 34° 55 S, 138° 36 O. Es sind Längen- und Breitengrad der Stadt Adelaide. An der Küste des Saint-Vincent-Golfs im australischen Bundesstaat South Australia liegt sie. Wahrscheinlich hatte auch Esther Doetsch sich zuerst an den Koordinaten orientiert, als sie zu ihrem praktischen Jahr des Medizinstudiums aufbrach. Schließlich spielen Koordinaten im Leben der 26-Jährigen eine große Rolle. Wenn sie läuft, hält sie Kompass und Karte in den Händen. Es geht durch Wälder und Felder, Koordinaten weisen ihr den Weg. Esther Doetsch ist Orientierungsläuferin – eine der besten Deutschlands sogar.
Seit 2009 ist die Orientierungslaufabteilung der DJK Adler 07 ihre sportliche Heimat. Vier Monate lang geht es nun im Training aber nicht durch den Köllnischen Wald oder an Bottrops Halden vorbei, sondern auf die Strecken in Adelaide und Umgebung. „Nicht selten mit Meerblick“, sagt sie lachend.
Orientierungslauf ist eine Sportart, die in Deutschland zu den eher unbekannteren zählt. Mit Hilfe von Karte und Kompass werden mehrere Kontrollpunkte im Gelände der Reihe nach angelaufen. Die Standorte sind in der speziellen Karte eingezeichnet, am Ende gewinnt, wer die Strecke am schnellsten bewältigt. Es ist diese Kombination aus Laufen und Denken, die Doetsch schon als Schülerin fasziniert hat. „In jeder Sekunde müssen Entscheidungen getroffen werden und jede Entscheidung kann schwerwiegende Folgen haben. Mich fasziniert es, die Balance zwischen schnellem Laufen und klaren Entscheidungen zu halten“, sagt Doetsch.
Positiver Effekt aufs Studium
Apropos Balance: Als Medizinstudentin in der deutschen Spitze mitzulaufen, war zu Beginn des Studiums nicht so einfach. „Mit der Zeit habe ich aber gemerkt, dass ich beim Lernen fokussierter und effizienter bin, wenn ich ein sportliches Ziel im Auge habe. Ab und zu habe ich bewusst in Kauf genommen, dass das Studium oder der Sport an zweiter Stelle stehen musste. Oft lagen gerade die Wettkämpfe direkt vor meinen Klausuren, aber dank der Hilfe meiner Freunde und gezielter Vorbereitung musste ich bisher keine Klausur wiederholen.“
"Ich war erstaunlich gelassen am Start"
Österreich, Schweiz, Finnland, Neuseeland, Australien – seit Esther Doetsch auch dem Nationalteam angehört, ist sie ganz schön rumgekommen. Ihren ersten Einsatz bei der Jugend-Europameisterschaft in Salzburg im Jahr 2004 wird sie ohnehin nie vergessen. „Ich war erstaunlich gelassen am Start, bis heute werde ich kurz vor dem Start ruhig und konzentriere mich. Ich hatte einen guten Lauf bis kurz vor Ende, als ich einen größeren Fehler machte und damit eine Top-Sechs-Platzierung verpatzte. Letztendlich versuche ich mich nicht davon beeinflussen zu lassen, ob ich gerade für Deutschland oder meinen Heimatverein starte – mein Ziel ist es, immer das Optimum aus einem Lauf heraus zu holen,“ sagt Doetsch.
Im Januar steht der Weltcup in Tasmanien/Australien auf dem Programm
Sie stammt aus einer Kleinstadt in der Nähe von Frankfurt, folgte dort ihren drei älteren Brüdern zum dortigen Orientierungslaufverein. 2009 zog sie zum Studium nach Münster und wurde Mitglied bei Adler 07. Die Bottroper Stadtmeisterschaft hat sie jüngst verpasst, dafür steht im Januar der Weltcup in Tasmanien/Australien an. Doetsch: „Dann möchte ich nächstes Jahr noch einmal an der WM in Schottland teilnehmen, bevor es ins Berufsleben gehen wird.“