Um sicherzustellen, dass jedes leistungswillige Talent in Deutschland erfasst und optimal gefördert wird, rief der DFB 1998 sein Talentförderprogramm aus. In Bochum steht einer der bundesweit 387 Stützpunkte, hier werden 60 Kinder gefördert.

Leitet den Bochumer Nachwuchs-Stützpunkt: Peter Lange. Foto: Olaf Ziegler
Leitet den Bochumer Nachwuchs-Stützpunkt: Peter Lange. Foto: Olaf Ziegler © WAZ

Insgesamt werden in Deutschland circa 25000 Talente ab der Altersstufe U12 von 1200 ausgebildeten Trainern betreut. Rund zehn Millionen Euro läßt sich der Deutsche Fußball Bund das Projekt jährlich kosten.

Bei der WM 2010 wird vielleicht der erste Spieler aus dem DFB-Programm in der Nationalelf spielen: Toni Kroos vom FC Bayern. Vom Bochumer Stützpunkt haben es schon etliche Spieler, etwa Kevin Vogt oder Lukas Opiala, zum vereinseigenen Leistungszentrum und damit in die Jugendabteilung des VfL Bochum gebracht. In der Abwerbung durch Großvereine liegt allerdings auch ein Problem des Stützpunkts, wie Sascha Zander, Jugendleiter bei Langendreer 07, beklagt: „Für mich wirkt das oft wie ein Schaulaufen für große Vereine.” Tim Schmidt, C-Jugendtrainer bei TuS Querenburg, pflichtet ihm bei: „Ich habe Spieler durch Talentzentren verloren. Wir verbauen niemandem die Karriere, aber ich hatte das Gefühl, dass den Spielern ein Wechsel nahe gelegt wurde.”

Stützpunkttrainer Peter Lange hält das für abwegig. Er wendet ein, dass es vielen Vereinen an qualifizierten Trainern fehle. Von den Mini-Kickern bis zur E-Jugend haben in Bochum nur 20 Prozent der Trainer die benötigte Lizenz. Den Vereinen wiederum fehlt es an Geld, diese zu bezahlen. „Von daher sollte jeder das Stützpunkttraining als sinnvolle Ergänzung nehmen. Spieler werden auf den Leistungssport vorbereitet. In anderen Sportarten kann man von kostenfreier Talentförderung nur träumen”, so Lange.

In vier Gruppen (U12, U13, U14/15, U16) wird jeden Montag trainiert. Zusätzlich werden Testspiele ausgetragen. „Dabei steht die Entwicklung und nicht das Ergebnis im Vordergrund”, erklärt Lange. Deutschlandweit gibt es etwa 26 000 Fußballvereine, in Bochum alleine 700 Jugendmannschaften. Da ist es nicht einfach, alle Talente zu erfassen. Alljährlich findet deshalb eine Großsichtung statt, zu der alle interessierten Kinder eingeladen sind. Ansonsten sitzen Lange und seine Kollegen Carsten Kreuz und Amandus Hammes nach Möglichkeit jeden Samstag bei Jugendspielen, um Talente zu sichten.

„Ich halte den Stützpunkt für eine gelungene Ergänzung zum Verein”, lobt Andreas Marc, C-Jugendtrainer bei Weitmar 45, dessen Meinung viele Bochumer Übungsleiter teilen. Andere Trainer halten das DFB-Programm für kontraproduktiv.

„Seit der F-Jugend haben wir viele Titel geholt. Nach der Hallenmeisterschaft wurden zwei Spieler ohne Absprache plötzlich rausgepickt, dabei gibt es einen himmelweiten Unterschied zwischen Hallen- und Rasenfußball”, ärgert sich E-Jugendtrainer Jonas Eichholz von Weitmar 45. „Die verpassen unser Training und wenn sie nicht zum DFB gehen, dann werden sie für den Spielbetrieb gesperrt.”

Adler Riemkes Jugendleiter Reiner Müller bemängelt, dass der Sprung in ein DFB-Team mit zu großem Druck verbunden sei: „Von der E- zur D-Jugend ist der Sprung wegen der Umstellung auf Großfelder sowieso schon ziemlich schwierig.”

Einige Trainer haben eine Sichtung noch nicht erlebt. „Es wird immer bei den gleichen Vereinen gescoutet. Wir haben richtig talentierte Spieler”, so Bernd Blase, C-Jugendtrainer bei Eintracht Grumme, dessen Mannschaft in der Kreisliga C ungeschlagen auf Platz eins steht. Auch der D-Jugendtrainer von Weitmar 09, Oliver Stutzke, hatte noch keinen Besuch von Scouts, schlägt aber etwas vor, was ein Großteil der Jugendtrainer befürwortet: „Als erstes sollte ein besserer Kontakt zu den Trainern hergestellt werden. Wir sind nah' an der Mannschaft und wissen doch, wann es am besten ist, das eigene Team zu scouten.”

Für mangelnde Kommunikation macht Lange den Kreis Bochum mitverantwortlich: „Die Unterstützung lässt vermuten, dass sie nicht hundertprozentig hinter dem DFB-Konzept stehen. Der Kreis sollte mehr Verantwortung, vor allem im brach liegenden Juniorinnenbereich, übernehmen.” Peter Kreuger, Staffelleiter A-D-Jugend, sieht die Verantwortung eher bei den Trainern selber: „Peter Lange ist der Ansprechpartner für die Trainer. Da müssen sie schon selbst auf ihn zugehen.”