16 Jahre jung ist Rana Tokmak und doch schon eine Olympiakandidatin. Die Spitzengymnastin des TV Wattenscheid 01 hat einen straffen Trainings- und Lebensplan.

„Ich spüre die Musik, während ich tanze, die Trauer und den Schmerz, aber auch die Leidenschaft und Freude. Da verliere ich mich völlig in das Spiel.“ Emotionale Worte der jungen Sportgymnastin Rana Tokmak. Worte, die ihr helfen, den straffen Trainingsplan neben der Schule zu erfüllen und die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Schule. Hausaufgaben. Training. Schlafen. Ein Alltag, den nicht jedes 16-jährige Mädchen so konsequent durchziehen kann, wie es die rythmische Sportgymnastin Rana Tokmak tut. Seit 2005 turnt der Teenager mit Migrationshintergrund beim TV Wattenscheid 01 und feiert seitdem Erfolge - zum Beispiel neun Meistertitel in der Juniorenklasse. Dazu gekommen ist inzwischen die erste Silbermedaille - bei den „Großen“ in der Meisterklasse.

Wenn man Rana Tokmak auf ihre Erfolge anspricht, wirkt der Teenager sehr abgeklärt. Einerseits empfindet sie ihre herausragenden Ergebnisse als eine Belohnung - für die Anspannung und den Stress während der intensiven Trainingsphasen. Andererseits sieht Rana auch die Nachteile ihres teilweise sehr harten Sportlerlebens. Das Umfeld, der Umgang mit Freunden und die Freizeit leiden unter dem strengen Trainingsplan. Unter der Woche (außer montags) trainiert sie bis zu fünf Stunden täglich, an den Wochenenden muss sie sogar zweimal täglich ran und kommt so auf acht Stunden Sport. Eine unglaubliche Belastung.

Leistungssport verlangt eiserne Disziplin, Leidensfähigkeit und den Willen zum Verzicht. Rana Tokmak stellt sich dieser Herausforderung. Auch ihre Pflichten außerhalb der Gymnastikhallen erfüllt sie zu 100 Prozent. Die Zehntklässlerin besucht mit Ernst und Eifer das Ernst-Barlach-Gymnasium in Castrop Rauxel und hat ein klares berufliches Ziel: „Ich will Medizin studieren. Am liebsten möchte ich Kinderärztin werden.“

Die Castroperin steht vor wichtigen Entscheidungen. Die 16-jährige wurde vom Verband aufgefordert, sich im Nationalmannschaftszentrum in Fellbach/Schmiden auf die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro 2016 vorzubereiten. Rana und ihre Familie haben sich jedoch vorerst gegen den Umzug ins Ländle entschieden. „Uns ist die schulische Ausbildung zu wichtig, um sie mitten im Schuljahr rauszunehmen und ins Internat nach Stuttgart zu schicken“, erklärt Mutter Nurhan Tokmak. Im nächsten Jahr will man das Thema aber in der Familie neu diskutieren. „Bis dahin muss ich fit bleiben und werde an der Westfälischen und Deutschen Meisterschaft teilnehmen. Den Rest entscheidet der Deutsche Turner-Bund“, erklärt Rana Tokmak. Vorausgesetzt sie bleibt gesund, denn die ehrgeizige Gymnasiastin plagt sich mit Fußschmerzen. Ein pathologischer Schiefstand der Großzehe (Hallux valgus) bereitet ihr immer wieder Schwierigkeiten.

Über ihren persönlichen Erfolg hinaus hat Rana ein besonderes Anliegen: Als Botschafterin für das Projekt „Spin- Sport interkulturell“ möchte sie die Freude an ihrem Sport mit anderen Mädchen und jungen Frauen - besonders mit Migrationshintergrund - teilen und als Vorbild für gelungene Integration dienen. Ihr Leitspruch: „Egal aus welchem Land wir kommen oder welche Kultur wir leben - wir machen alle den gleichen Sport.“