Ein Schulverbund aus Wattenscheid wird neue NRW-Sportschule. Das Gesamtkonzept überzeugte die Landesregierung. Schulleiter Martin Breuer zeigt sich erfreut: „Eine ganz besondere Chance.“
Der kleine Gianluca schaut seinen Sportlehrer Sebastian Seiler fragend an. „Sind 19 Sit-ups gut?“ Der Fünftklässler der Maria-Sibylla-Merian-Gesamtschule hat soeben den FoSS-Test eröffnet, ein Testverfahren vom „Forschungszentrum für den Schulsport und den Sport von Kindern und Jugendlichen“, das die sportmotorische Eignung von Kindern feststellen soll. Die Inhalte erinnern im ersten Moment zwar mehr an die Zeiten Turnvater Jahns als an moderne Leistungsdiagnostik, sind aber laut Patrick Rohde – Sport- und Sowi-Lehrer sowie Koordinator für den Bereich Leistungssport und Schule - „absolut aussagekräftig“. Die Schülerinnen und Schüler müssen beispielsweise 20 Meter sprinten, Liegestütze und Sit-ups absolvieren oder rückwärts balancieren.
Doch warum müssen sich Gianluca und seine Mitschüler, denen der Stationsbetrieb sichtlich Spaß macht, überhaupt einem sportmotorischen Test unterziehen? „Wir wollen schauen, welche Kinder zukünftig den sportorientierten Lerngruppen zugeordnet werden können“, so Rohde, der auch Trainer der U-16-Fußballer des VfL Bochum ist. Sportorientierte Lerngruppen mit fünf statt bisher drei Wochenstunden Unterricht plus Sport-AGs in den Klassen 5 bis 7 - ein neues Sportfördersystem macht es möglich.
„Sportschule-NRW“ – so darf sich der Bochumer Schulverbund aus dem Hellweg-Gymnasium, dem Märkischen Gymnasium, der Pestalozzi-Realschule und der federführenden Maria-Sibylla-Merian-Gesamtschule nämlich ab September 2013 nennen. Der Wattenscheider Verbund ist damit eine von drei neuen Schulen landesweit, die ab dem kommenden Schuljahr von der NRW-Landesregierung besonders gefördert werden. Elf Sportschulen gibt es dann in NRW. Ziel soll es sein, die koordinativen und konditionellen Eigenschaften der Schüler zu verbessern und eine Hinführung zum Leistungssport zu bewerkstelligen. Talente sollen bei der Bewältigung der Doppelkarriere Sport und Schule unterstützt werden.
„Wir sind ja schon Eliteschule für Sport und Fußball“, merkt der Schulleiter der MSM-Gesamtschule, Martin Breuer, an und verweist dabei auf die Kooperation mit dem TV Wattenscheid 01 oder dem VfL Bochum. Von der 7. bis zur 13. Jahrgangsstufe greifen daher wieder die bewerten Mechanismen. Die Möglichkeiten des Frühtrainings mit Nachführunterricht – der Aufarbeitung von versäumten Unterrichtsstunden - oder der Hausaufgabenunterstützung werden mit Unterstützung des Kooperationspartners „Olympiastützpunkt Westfalen“ momentan beispielsweise von Felix Dornebusch genutzt, der in der U19 des VfL Bochum das Tor hütet und gleichzeitig sein Abitur macht.
Dirk Nowitzki kam über eine Sportschule zum Basketball
Veränderungen gibt es vor allem bei den Jüngeren: „Durch das bessere Sportangebot in der Unterstufe sollen die Kinder möglichst viele verschiedene Sportarten ausüben“, so die Vorstellung des Schulleiters. „Dirk Nowitzki kam über eine Würzburger Sportschule zum Basketball.“ Das Ziel sei es natürlich nicht, einen zweiten NBA-Champion herauszubringen, „aber irgendwo müssen die Talente ja entdeckt und auch gefördert werden“, so Breuer. Als NRW-Sportschule hätte man nun die besondere Chance, bei diesem Prozess zu helfen.
Neben der Talentförderung und der Sicherstellung der sportmotorischen Entwicklung enthält das MSM-Sportmodell jedoch noch eine dritte Säule: Die Vermittlung von Bewegungsfreude für Kinder mit Defiziten oder Verzögerungen in ihrer motorischen Entwicklung. „Einige Schüler haben nach der Grundschule noch Probleme richtig zu schwimmen. Mit einer speziellen Förderung wollen wir dem entgegenwirken“, verweist Patrick Rohde beispielhaft auf mehrere Förderangebote. Eine neue Sporthalle, um die Mehr-Belastung an Sportstunden besser meistern zu können, soll zudem bald gebaut werden.