Bochum. Im seit Jahren unbesiegten Deutschland-Achter rudern vier Studenten der Ruhr-Uni Bochum mit und können sich damit große Hoffnungen auf eine Goldmedaille bei den Olympischen Spielen machen. Für den Erfolg müssen die vier Sportler auf einiges verzichten - am Montag geht es nach London, wo sie sich dafür belohnen wollen.
Täglich um sechs Uhr in der Früh klingelt der Wecker. Aufstehen, leichtes Frühstück, dann die erste von drei Trainingseinheiten. Wenn viele andere Studenten womöglich die Bettdecke hochziehen und sich in ihrem kuscheligen Bett noch einmal gemütlich umdrehen, ziehen ihre Kommilitonen Maximilian Reinelt, Kristof Wilke und Filip Adamski schon längst kräftig am Riemen, unterstützt von Martin Sauer, der als Steuermann das Kommando hat. Das Quartett von der Ruhr-Universität Bochum sitzt im Deutschland-Achter, bei den Olympischen Spielen in London eine der größten deutschen Goldhoffnungen.
„Go for Gold“ lautet das Motto, der Olympiasieg ist das große Ziel. Nach drei WM-Titeln in den vergangenen Jahren, ungeschlagen seit über drei Jahren, gehen die Achter-Recken aus dem Flaggschiff selbstbewusst ihre Olympia-Mission an: „Klar liebäugeln wir mit der Goldenen. Wäre ja albern, wenn nicht. Wir sind ja schon so lange unbesiegt.“ Das sagt Kristof Wilke, dreifacher Achter-Weltmeister und Schlagmann des prestigeträchtigen Flaggschiffs und ergänzt: „Ich sehe uns aber dennoch nicht unbedingt als den Top-Favoriten. Die Briten im eigenen Land und die Kanadier werden auch sehr stark sein.“
Großer Respekt vor den anderen Mannschaften
Ähnlich sieht es Filip Adamski: „Wir haben vielleicht die beste Position auf Gold. Das heißt aber nicht, dass die anderen Nationen uns die Medaille schenken.“ In ihren Worten schwingt ein großer Respekt vor den anderen Mannschaften mit, die ebenfalls das Potenzial zum Olympiasieg haben.
Gold wäre der verdiente Lohn für viel Arbeit. An den meisten Tagen im vergangenen Jahr haben die Ruderer von frühmorgens bis spätabends kaum etwas anderes gemacht, außer trainieren (zwei- bis dreimal), essen (bis zu fünfmal), schlafen (mittags). Mindestens 6000 Kalorien verbrauchen Ruderer an solchen Tagen.
Viel am Leistungszentrum in Dortmund trainiert
Nach Trainingslagern in Sabaudia (Italien) und dem spanischen Sevilla im Winter wurde viel am heimischen Leistungszentrum in Dortmund (auf dem Dortmund-Ems-Kanal) trainiert. Zur konzentrierten Olympia-Vorbereitung zog es das Team dann zunächst nach Breisach (in der Nähe Freiburgs) und aktuell nach Ratzeburg, von wo aus es am kommenden Montag Richtung London gehen wird.
Und was passiert nach den Olympischen Spielen? Ab Oktober steht wieder das Studium an der RUB im Mittelpunkt, um hier Verpasstes aufzuholen. Denn das Sommersemester hat jeder aus dem Achter-Quartett zugunsten der äußerst intensiven Olympia-Vorbereitung sausen lassen. Eine Schinderei von bis zu 25 Stunden Hochleistungssport pro Woche – sie soll sich jetzt lohnen.
Die Ruderer der RUB
Kristof Wilke (27) stammt vom Bodensee (Radolfzell) und studiert an der RUB Sport und Biologie auf Lehramt. Er besetzt im Team die Rolle des Schlagmanns. Auf dieser Position gibt er den Schlagrhythmus vor – enorm wichtig auch, damit das Boot ganz gleichmäßig bewegt wird. Dennoch ist er zurückhaltend, drängt sich nicht in den Vordergrund. „Achter-Fahren ist ein absoluter Teamsport. Das Zusammenspiel zwischen allen acht Mann muss dabei passen“, betont Wilke.
Maximilian Reinelt (23) studiert in Querenburg Human-Medizin und ist der Zweitjüngste im Boot. Die Kombination aus seinem Studium und dem Leistungssport erfordert eine optimale Zeiteinteilung, Verzicht auf Vieles und höchste Konzentration auf das Wesentliche. „Für mich ist diese Kombination die perfekte Abwechslung. Die duale Karriere ist deshalb wichtig, weil irgendwann der Punkt kommt, an dem der Sport plötzlich wegfällt“, sagte der werdende Mediziner.
Filip Adamski (29) studiert Wirtschaftswissenschaften an der RUB und ist bereits 2009 Weltmeister mit dem Deutschland-Achter geworden. Durch gute Leistungsnachweise hat er es im April dieses Jahres zurück ins Flaggschiff geschafft. Er sitzt auf Position eins im Bug, überquert damit als Erster in seinem Boot die Ziellinie. Die bisweilen windtückische Strecke in Eton kennt Adamski bestens, denn hier ist er 2006 schon als 23-Jähriger Vize-Weltmeister mit dem Vierer-Boot geworden.
Martin Sauer (29) studiert an der Bochumer Uni Jura und ist seit Herbst 2008 Steuermann des Deutschland-Achters. Während des Rennens steuert er das Boot auf der 2000-Meter-Strecke in Richtung Ziel, beobachtet die gegnerischen Boote, motiviert seine Mannschaft und gibt die Taktik vor. Sauer selbst treibt dabei bis zu 14 Stunden Sport in der Woche – auch um sein Körpergewicht von 55 kg konstant halten zu können und topfit für die Ruder-Rennen zu sein.