14 Jahre lang war Nico Michaty Teil des VfL Bochum, als Co-Trainer bei den Profis und seit vier Jahren als Verantwortlicher für die VfL-Reserve, die seitdem beachtliche Erfolge feiern konnte. Ab dem 1. Juli übernimmt der Ex-Trainer der U23 die zweite Mannschaft des FSV Frankfurt, wo er auch die Position als Leiter des Nachwuchsleistungszentrums einnimmt. Im Gespräch mit WAZ-Mitarbeiter Felix Kannengießer wirft Michaty einen Blick zurück auf seine letzte Saison beim VfL und seinen Abschied aus Bochum. Michaty über...

...den Katastrophenstart mit vier Spielen ohne Tor und zehn Spielen ohne Sieg: Das war nach dem dritten Platz in der vergangenen Saison wirklich eine lange Durststrecke. Letztendlich hatte aber alles seine Gründe. Der Umbruch war enorm. Wir hatten etliche Leistungsträger zu den Profis abgegeben und mussten nun an jedem Spieltag mehrere Akteure von oben integrieren, die die ganze Woche nicht mit uns trainiert hatten. Deshalb klappte das Zusammenspiel noch nicht so gut. Umso bemerkenswerter ist es, dass wir die Kurve bekommen und als Mannschaft immer mehr zusammengewachsen sind. Für mich war es nur eine Frage der Zeit, bis der Knoten platzen würde.

...den Wendepunkt: Der Knackpunkt war unser 3:1-Sieg in Bielefeld. Ich hatte vor dem Spiel mit Friedhelm Funkel abgesprochen, dass ich bei diesem Spiel nicht so viele Jungprofis einsetze und stattdessen mehr Spieler der Amateure zum Zuge kommen lasse. Der Erfolg in Bielefeld hat uns das verloren gegangene Selbstvertrauen zurückgegeben. Danach haben wir eine beeindruckende Serie mit 24 Punkten aus 12 Spielen hingelegt.

...die Endphase der Saison, in der nur noch ein Sieg gelang: Das hatte auch mit den Entscheidungen im Verein zu tun. Die Spieler waren frustriert und verunsichert. Zudem mussten wir in dieser Phase auch noch auf Jonas Acquistapace und Justin Eilers verzichten, nachdem bereits mit Beginn der Rückrunde Mimoun Azaouagh, Matthias Ostrzolek, Patrick Fabian und Kevin Vogt bei den Profis gebraucht wurden. Trotzdem hat die Mannschaft immer voll mitgezogen, war auch in schwierigen Phasen mit vollem Engagement und ganz viel Teamgeist bei der Sache.

...die Höhepunkte der Saison: Das 4:4 gegen Gladbach war spektakulär, da haben wir unsere ersten Treffer erzielt. Das Regenspiel gegen Mainz am 30. Spieltag war ebenfalls stark. Dort sind wir nach Rückstand toll zurückgekommen und haben durch das 4:2 den Klassenerhalt klar gemacht. Auch der 4:0-Sieg gegen Leverkusen war herausragend.

...die Tiefpunkte: Die 0:3-Niederlage gegen Trier war unser zehntes siegloses Spiel in Folge, da haben wir auch richtig schlecht gespielt. Das 1:4 zu Hause gegen Schlusslicht Bielefeld am 28. Spieltag war auch ein Negativerlebnis. Danach mussten wir noch einmal um den Klassenerhalt zittern.

...das Fazit der Spielzeit: Hauptaufgabe der U23 ist es, Spieler an den Profikader heranzuführen. Das ist uns gelungen wie kaum einer anderen Zweitvertretung eines Bundesligavereins. Auch beim VfL hatte es so etwas, in dieser Größenordnung, noch nicht gegeben. Meine Jungs haben als Jungprofis viel dazu beigetragen, dass die Bundesliga-Mannschaft des VfL eine derart gute Rückrunde spielen konnte. Für uns als U23 war der Klassenerhalt von Beginn an das angepeilte Ziel. Den haben wir gestemmt. Von daher ziehe ich ein positives Fazit, es war insgesamt eine turbulente und schwierige, aber dennoch erfolgreiche Saison.

...Mimoun Azaouagh: Als er zu uns kam, war er nervlich am Ende, wollte gar mit dem Fußball aufhören. Bei uns hat er den Spaß am Fußballspielen und an der eigenen Leistung wiedergefunden, konnte zeigen was für ein großartiger Fußballer er ist. Er hat sich von Anfang an als Vorbild präsentiert und die Jungs geführt. Die jungen Spieler haben viel von ihm gelernt. Für ihn freut es mich ganz besonders, dass er zurück auf großer Bühne ist.

...die größten Talente: Der VfL hat im Nachwuchsbereich noch einige vielversprechende Talente, nicht nur in der neuen U23. Auch in den Jugendmannschaften sind Jungs mit großem Potenzial, wie zum Beispiel Onur Bulut und Leon Goretzka.

...seine Zeit in und seinen Abschied aus Bochum: Ich habe mich hier viele Jahre lang sehr wohl gefühlt. Natürlich bleibe ich dem Verein, dem ich viel zu verdanken habe, emotional verbunden. Es war für mich sehr bewegend, dass ich zum Abschied nicht nur von meinen Spielern, sondern auch von den Profis und aus dem ganzen Umfeld unglaublich viele Sympathiebekundungen und Anerkennung für meine Arbeit bekommen habe. Ich hatte immer ein vertrauensvolles Verhältnis zum ganzen Team. Allen Mitarbeitern bin ich sehr dankbar. Mit meinen hervorragenden Co-Trainern hat die Zusammenarbeit immer wunderbar funktioniert. In meiner Funktion als Co-Trainer bei den Profis konnte ich von den Cheftrainern Bernard Dietz, Peter Neururer, Marcel Koller und auch Heiko Herrlich viel lernen. Nach 14 Jahren beim VfL möchte ich auch den Dank und die Wertschätzung für Werner Altegoer nicht vergessen. Er hat über so viele Jahre mit großem Engagement und Fußballsachverstand den Verein geführt und für viele Dinge den Kopf hingehalten, ohne dies an die große Glocke zu hängen. Viele Fans wissen das wahrscheinlich gar nicht. Den engagierten Bochumer Fans wünsche ich noch viel Freude an ihrem VfL.