Bochum. Gut ein Jahr nach der Frauenfußball-Weltmeisterschaft in Deutschland und auch in Bochum kann von einem Boom zumindest in dieser Stadt nicht die Rede sein. Ein Überblick.

Die Fußball-WM der Frauen im Sommer 2011 war ein Großereignis, keine Frage. An vier Spieltagen war die WM auch in Bochum zu Gast. An der Castroper Straße sahen die Zuschauer dabei den späteren Weltmeister Japan. Ein Jahr zuvor machte die U20-WM der Frauen insgesamt achtmal in Bochum Station. Allein beim Eröffnungsspiel der DFB-Elf gegen Costa Rica waren rund 24000 Zuschauer vor Ort. Der oft propagierte „Boom“ im Frauenfußball schien auch im Ruhrgebiet seine Spuren zu hinterlassen.

Doch was ist ein Jahr nach dem enttäuschenden Abschneiden der DFB-Elf mit dem Viertelfinal-Aus gegen Japan von der zumindest medial so verkauften Euphorie geblieben? Und wie hat sich die Lage in den unteren Ligen entwickelt?

Fest steht, dass die Fluktuation bei den Frauenmannschaften bedeutend höher ist als bei den Männern. Vereine haben mit Personalmangel zu kämpfen - von Boom kann da keine Rede sein.

Darunter leidet die Qualität, aber auch das Ansehen des Frauenfußballs. Auch vor dem Kreis Bochum machen diese Probleme nicht halt. In der Regionalliga spielte der VfL Bochum bis zum Saisonfinale um den Aufstieg. Am vorletzten Spieltag kam es zum entscheidenden Spiel gegen den FFC Recklinghausen. Das Spiel endete 1:1, womit der VfL knapp den Aufstieg verpasst hatte. Den Vorstand des VfL suchte man unter den Zuschauern vergebens.

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Hatte es für die Bochumerinnen für den Aufstieg in die Zweite Liga am Ende nicht gereicht, untermauerte die Elf von Arthur Matlik dennoch souverän seine Vormachtstellung im Bochumer Frauenfußball. Bei den Hallenstadtmeisterschaften Mitte Januar wurde der Titel aus dem letzten Jahr locker verteidigt - keine Überraschung.

Überraschender dagegen die kurzfristigen Absagen zweier Teams. Markania Bochum und ESV Langendreer-West konnten nicht genügend Spielerinnen stellen und wirbelten mit ihren Absagen den Spielplan durcheinander.

Bereits in der Vorrunde musste die DJK Hiltrop-Bergen passen. 14 Spielerinnen hatten sich zur Winterpause abgemeldet. Auslöser waren Ungereimtheiten innerhalb des Teams. Dennoch versprach Hiltrop-Bergens Vorsitzender Hans Friedel Donschen, in der Rückrunde trotz der vielen Abgänge „eine schlagkräftige Mannschaft auf die Beine zu stellen“.

Dies klappte, und Hiltrop sicherte sogar noch die Klasse. Nun kommt es dennoch zur Auflösung des Teams. „Viele ältere Spielerinnen wollten nur noch die Saison zu Ende bringen. Einige junge Spielerinnen wechseln zur neu gegründeten Mannschaft Union Bergen. Wir bauen stattdessen eine neue zweite Herrenmannschaft auf“, so Donschen, den der „Zickenkrieg“ im Team ziemlich mitgenommen hat. „Man hat im Frauenfußball mit Problemen zu kämpfen, die der Männerfußball nicht vorzuweisen hat“, spielt Donschen auf Eifersüchteleien und die unterschiedliche Streitkultur an.

Hinzu käme der häufigere Interessenwechsel der Frauen, der wie im Falle des Landesligisten SV Höntrop dazu führe, dass auf einen Schlag sieben Spielerinnen den Verein verließen, „weil sie keine Lust mehr haben und mal ein Jahr Pause machen wollen“, so Höntrops Co-Trainer Jürgen Tolksdorf.

Auch bei den Bezirksligisten FSV Sevinghausen und RW Stiepel trat dieser Fall jetzt ein. Allerdings zogen sich so viele Spielerinnen zurück, dass sich beide Teams vom Spielbetrieb komplett abmeldeten. In Sevinghausen kicken einige Spielerinnen in der kommenden Saison für die zweite Mannschaft in der Kreisliga.

Auch im Mädchenfußball ist kein Aufwärtstrend zu erkennen. Bei den B-Juniorinnen meldeten zur kommenden Saison im Kreis Bochum 14 Mannschaften, so viele wie in der vorherigen Spielzeit. Anders bei den Jüngeren: Statt aus 13 Mannschaften wie in der Vorsaison, wird die D-Juniorinnen-Liga in dieser Saison nur noch aus elf Teams bestehen. „Kurzfristige Nachmeldungen sind aber nicht ausgeschlossen“, so Annette Homberg, die Koordinatorin für den Mädchenfußball.

Doch auch das zeigt: Von einem „WM-Boom“ im Mädchen- und Frauenfußball kann sicher keine Rede sein.