Wattenscheid. Wattenscheid 09 kassierte bereits viele Gegentore im Kalenderjahr 2023 – auffällig oft erst kurz vor Ende der Spiele. Eine schmerzhafte Liste.

„Irgendwann hatte ich das Gefühl, dass wir es verlieren“, sagte eine Zuschauerin am Sonntag nach dem 1:2 der SG Wattenscheid beim SV Schermbeck. Lange hoffte Wattenscheid auf einen Sieg oder einen Punkt – in der 97. Minute fiel das entscheidende Gegentor. Nicht zum ersten Mal in dieser Saison ein später Tiefschlag. „Höhere Mächte“ sieht Sportvorstand Christian Pozo y Tmayo am Werk.

Die Auflistung bestätigt das Gefühl: Die Schlussphase ist ein Problem für Wattenscheid 09, unabhängig von der Spielklasse oder vom Trainer. In 14 Regionalliga- und elf Oberliga-Spielen in 2023 ließ Wattenscheid achtmal wertvolle Punkte in der Schlussphase liegen, fast ein Drittel der Spiele ist also betroffen. Die Übersicht:

18. Februar – Bocholt trifft spät mitten ins Wattenscheider Herz

Der damalige Wattenscheid-Verteidiger Timm Esser vor den jubelnden Bocholtern – die SGW verlor das Heimspiel 1:3.
Der damalige Wattenscheid-Verteidiger Timm Esser vor den jubelnden Bocholtern – die SGW verlor das Heimspiel 1:3. © FUNKE Foto Services | Thorsten Tillmann

Kellerduell zum Jahresauftakt im Lohrheidestadion: Dennis Lerche gleicht Bocholts Führung in der zweiten Hälfte aus. Wattenscheid steht kurz vor einem ganz wichtigen Punktgewinn, sogar ein Sieg scheint möglich – durch Gegentore in der 86. und 93. Minute geht Wattenscheid aber ohne Punkte vom Platz. „Wir werden aber nicht aufhören, wir werden weiter arbeiten, weiter kämpfen“, verspricht Cheftrainer Christian Britscho.

4. März – Gladbach trifft in der Nachspielzeit zum 3:2

Nach 1:0-Führung durch Lerche und zwei schnellen Treffern für Gladbach ist es erneut Dennis Lerche, der in der 83. Spielminute das 2:2 für Wattenscheid erzielt. In der 91. Spielminute trifft Büyükarslan zum 2:3 für die Gladbacher.

Britscho nach dem Spiel: „Das, was die Mannschaft, der Staff und der Verein heute gegeben haben, war das Maximum. Und wenn das nicht reicht, muss man das anerkennen.“

18. März – Köln dreht das Spiel in der Schlussviertelstunde

Ein weiteres richtungsweisendes Duell im Regionalliga-Keller: Wattenscheid dreht einen Rückstand durch Kesim und Roscher und geht mit einer 2:1-Führung in die Schlussphase. Begleitet von einigen fragwürdigen Schiedsrichter-Entscheidungen fliegt Tim Brdaric vom Platz und Köln dreht die Partie durch Tore in der 75. und 87. Minute – ein Tiefschlag für die SGW. Britscho: „Es fühlt sich scheiße an. Aber es wird nicht dazu führen, dass wir mausetot sind.“

Allerdings: Die Punkte werden am Grünen Tisch den Wattenscheidern zugesprochen, da Köln gegen die U23-Regelung verstoßen hatte.

29. April - Oberhausen bestraft Fehler in der 83. Minute

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Wattenscheid hat RWO am Rand einer Niederlage, Casalino trifft zu zwischenzeitlichen 1:1 – der Pfosten und der starke RWO-Keeper verhindern mehr Wattenscheider Tore. RWO dagegen nutzte einen dicken Wattenscheider Abwehrpatzer in der 83. Minute – wieder ein spätes Gegentor, das Punkte kostet.

„Wir kämpfen, bis wir tot sind. Etwas anderes bleibt uns nicht übrig“, so Christian Britscho.

6. Mai - SGW verspielt Führung gegen Düren und steigt ab

Das Heimspiel gegen Düren am vorletzten Spieltag muss Wattenscheid gewinnen, um eine Chance auf den Regionalliga-Klassenerhalt zu bewahren. Kesim erzielt die Führung, diese hält auch bis in die 80. Minute, Torwart Kilian Neufeld hält stark. Zehn Minuten vor Schluss und in der Nachspielzeit trifft Düren aber doch und besiegelt den Wattenscheider Abstieg.

20. August – Yavuzaslan-Team macht das 1:0 in der 83. Minute

Engin Yavuzaslan gewann als Vreden-Trainer gegen die SG Wattenscheid 09 – und wurde einige Wochen später der Nachfolger von Christian Britscho.
Engin Yavuzaslan gewann als Vreden-Trainer gegen die SG Wattenscheid 09 – und wurde einige Wochen später der Nachfolger von Christian Britscho. © FUNKE Foto Services | Thorsten Tillmann

Neue Saison, altes Muster: Am zweiten Spieltag ist die SGW zu Gast in Vreden – Trainer dort ist zu diesem Zeitpunkt Engin Yavuzaslan. Wattenscheid vergibt viele Chancen und kassiert in der 83. Minute das entscheidende Gegentor. „Ich bin etwas gefrustet“, kommentiert Pozo y Tamayo.

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27. August – Dortmunder Siegtor in der Nachspielzeit sorgt für Frust

Phil Lenuweit fliegt vergeblich: Der ASC trifft in der Nachspielzeit zum 2:1 gegen Wattenscheid 09.
Phil Lenuweit fliegt vergeblich: Der ASC trifft in der Nachspielzeit zum 2:1 gegen Wattenscheid 09. © FUNKE Foto Services | Thorsten Tillmann

Felix Casalino bringt Wattenscheid gegen die starken Dortmunder in Führung. Nach der Pause gleicht Dortmund dann aber aus. Wattenscheid. Wattenscheid verursacht viele Standards – und in der 92. Minute verwandelt Warschewski einen direkten Freistoß. Auch auf den Rängen herrscht Frust: Wattenscheid hat 2023 noch keinen Punkt im eigenen Stadion geholt, bereits zum fünften Mal aufgrund eines späten Gegentores.

Kapitän Jeff Malcherek: „Der Fußball ist manchmal sehr eklig, aber ich will das nicht jede Woche sagen.“

22. Oktober – Schermbeck trifft in der siebten Minute der Nachspielzeit

Auch unter dem neuen Trainer Engin Yavuzaslan hat Wattenscheid die alten Muster: Die SGW dominiert das Spiel teilweise, geht durch Williams in Führung. Schermbeck gleicht in der 81. Minute aber aus – und in der siebten Minute der Nachspielzeit fällt auch noch das 1:2. Wieder ärgert sich die SGW über den Schiedsrichter – und Pozo sagt, er sei sicher, dass Wattenscheid bald Punkte holt, aber: „Auch in der 97. Minute darf man eine Standardsituation verteidigen.“

Was Mut macht: Im Pokal zeigte die SGW ihre Nachspielzeit-Qualität

Die nächste Gelegenheit dazu ist Sonntag im Heimspiel gegen Ennepetal (Anstoß 15 Uhr, Lohrheidestadion). Dass sie in der Schlussphase auch Spiele gewinnen kann hat die SGW in dieser Saison zum Beispiel im Pokal gezeigt, unter anderem traf Nico Lucas in der Nachspielzeit zum 2:1-Sieg gegen YEG Hassel und Serhat Kacmaz erzielte kurz vor Schluss das 3:2 gegen den ASC.

Aber in der Liga hält Wattenscheid nicht durch: Je nach Rechnung kosteten Gegentore in der Schlussviertelstunde und Nachspielzeit in diesem Jahr bis zu 16 Punkte. Ein Teil ist sicher Pech, vieles Kopfsache, möglicherweise auch mangelnde Kondition, Konzentration und Qualität. Es ist ein Punkt, der ganz oben auf der To-Do-Liste für Trainer Engin Yavuzaslan steht, um möglichst schnell das Tabellenende der Oberliga zu verlassen.

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