Bochum. Bei den „Finals“ in Berlin musste sich der Bochumer Kanute Nico Pickert knapp geschlagen geben. Er sagte dazu: „Ich habe zu viel riskiert.“
Eine hundertstel Sekunde. Das sind 0,01 Sekunden. In dieser Zeit schlägt ein Kolibri einmal mit seinen Flügeln. Mit bloßem Auge sind Abstände zwischen zwei Athleten, die beim Zieleinlauf eine hundertstel Sekunde betragen, nicht oder kaum zu sehen. Beim Finale über 160 Meter im Canadier Einer bei den „Finals“ in Berlin mussten Nico Pickert und Peter Kretschmer dann auch auf das Zielfoto warten. Darauf war der hauchdünne Vorsprung von Kretschmer zu sehen, der sich damit den Titel sicherte. Für Pickert, Kanute des Linden-Dahlhauser Kanuclubs blieb Platz zwei und die Erkenntnis: „Ich habe zu viel riskiert.“
Zu viel vielleicht nicht. Ob der Enge der Entscheidung am Ende der 160 Meter vor der Kulisse der „East Side gallery“ mitten in Berlin wählten beide Athleten im Parallelsprint den sogenannten Zielsprung, um sich den Sieg zu sichern. Dabei schieben die Athleten ihr Kanu durch eine ruckartige Bewegung des Körpers nach vorne.
„Es war zumindest der falsche Zeitpunkt“, sagte Pickert. „Ich hatte im Rennen schon meinen kleinen Vorsprung verloren. Aber so ist das auf kurzen Strecken. Da muss alles passen.“
Pickert ist nicht der Sprinter
Dazu kommt, dass Pickert nicht der Sprinter mit dem Kanu ist. „Ich trainiere die 500 Meter und die 1000 Meter. Die 160 Meter, die bei den Finals gefahren werden, kommen mir entgegen, weil ich groß und stark bin und die Basics für diesen Wettbewerb mitbringe. Gegen Spezialisten, die es auf diesen Strecken auch gibt, obwohl diese Strecken nicht olympisch sind, habe ich keine Chance.“
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Das sorgt dafür, dass Pickert sein Chancen für die Weltmeisterschaften (Kanada, 4. bis 7. August) und Europameisterschaften (München, 18. bis 21. August) so einschätzt: „Bei der WM fahre ich im Vierer Canadier über die 500 Meter und im Einer über die 200 Meter. Bei der EM dann im Einer über die 500 Meter und im Zweier über die 200 Meter. In allen Rennen, außer dem Rennen über 200 Meter im Einer bei der WM, habe ich Medaillenchancen.“
Zu Beginn des Jahres war noch nicht abzusehen, dass Pickert an WM und EM teilnehmen würde. Aufgrund einer Coronaerkrankung konnte er nicht an den Ausscheidungswettkämpfen im Frühjahr teilnehmen. Bei diesen Wettkämpfen wird in der Regel darüber entschieden, wer an den internationalen Wettkämpfen des Jahres teilnimmt.
Bundestrainer geben Pickert eine zweite Chance
Die Bundestrainer gaben Pickert aber ein zweite Chance. Er bekam die Möglichkeit, sich durch ein besonderes Testverfahren zu qualifizieren. Er erfüllte alle Kriterien.
Bei der EM wird Pickert im Zweier Canadier zusammen mit Kretschmer (KC Potsdam) in einem Kanu sitzen. Dann können sie gemeinsam nach einer Medaille greifen. In Berlin teilten sich die beiden die beiden ersten Plätze, in den Rennen an denen sie teilnahmen.
Das Rennen im Einer Canadier gewann Kretschmer knapp, dafür hatte sich Pickert zusammen mit Lina Bielecke im Canadier Zweier Mixed zuvor gegen Kretschmer und Annette Wehrmann durchgesetzt. Auch deshalb fiel Pickerts Gesamtfazit des Wochenende gut aus. „Berlin, das war super. Es war ein nettes Feeling vor der East Side Gallery.“
Der Linden-Dahlhauser Kanu Club hatte neben Pickert mit Leonard Bals noch einen zweiten Kanuten bei den Finals. Während Pickert es bis in zwei Finalrennen schaffte, war für Bals bereits nach dem ersten Vorlauf Schluss.