Wattenscheid. Christian Britscho ist neuer Trainer der SG Wattenscheid 09. Im Interview verrät er, wie er die Aufgabe beim ehemaligen Erstligisten angehen will.
In der kommenden Saison wird Christian Britscho den Fußball-Oberligisten SG Wattenscheid 09 trainieren. Im Interview spricht der 50-Jährige, der aktuell noch bei Rot Weiss Ahlen unter Vertrag steht, über seine Gründe für den Wechsel, seine Trainingsphilosophie sowie Gertjan Verbeek, den ehemaligen Trainer des Zweitligisten VfL Bochum.
Herr Britscho, Sie sind mit Rot Weiss Ahlen sehr erfolgreich. Warum wechseln Sie zur SG Wattenscheid 09, wo gerade alles neu beginnt?
Vorweg: Über Rot Weiss Ahlen gibt es nur Positives zu berichten. Die Fanszene, die Verantwortlichen und die sportlichen Voraussetzungen sind so, wie man es sich als Trainer im oberen Amateurbereich wünscht. Der Gedanke, den Verein zu verlassen, musste daher erstmal reifen, auch wenn die Offenheit für andere Dinge aufgrund einer Verkettung mehrerer Gedankengänge da war. Christian Pozo y Tamayo hat sich in meinen Augen sehr gut und professionell mir gegenüber verhalten. Er hat mir zu verstehen gegeben, dass der Verein mich gern als Trainer verpflichten würde, hat mich aber zu keinem Moment unter Druck gesetzt. Das hat mir ein gutes Gefühl gegeben.
Der Verein befindet sich im Insolvenzplanverfahren, zog sich im vergangenen Jahr vom Regionalliga-Spielbetrieb zurück. Nun haben Sie eine historische Mission vor der Brust. Spüren Sie das?
Dieses Gefühl hat sich entwickelt, aber jetzt ist es da. Als ich zum ersten Mal mit meinem Umfeld darüber gesprochen habe, dass ich zur SG Wattenscheid 09 wechseln werde, brachte man mir Unverständnis entgegen. Das ging eine ganze Zeit so. Der Ruf des Vereins war leider nicht mehr der beste, und ich musste zunächst erklären, was mich zum Wechsel veranlasst hat. Das hat sich jetzt verändert, da immer mehr positive Dinge an die Öffentlichkeit gelangt sind. Jetzt haben wir eine komplette Mannschaft, die aus Spielern besteht, die sich mit dieser Situation voll identifizieren. Es mag abgedroschen klingen, aber für jeden der Jungs würde ich meine Hand ins Feuer legen.
Eine gewagte Aussage, zumal die Mannschaft noch nicht zusammen war.
In den Einzelgesprächen war die Bereitschaft der Spieler zu jedem Zeitpunkt zu spüren. Leider wissen wir noch nicht wann die neue Saison beginnt und konnten aufgrund dieser besonderen Situation noch keine Verträge machen, aber die Jungs werden jetzt zu ihrem Wort stehen. Das ist sicher eine Besonderheit.
Ist das auch der Sehnsucht nach Fußball geschuldet?
Durchaus, die wirkt sich ja in diesem Fall positiv aus. Dass Spieler zu ihrem Wort stehen, ist in der Branche leider selten geworden. Vielleicht ist die Veränderung etwas, das wir aus dieser Zeit lernen können. Ich wünsche es mir.
Was sind Sie für ein Trainertyp?
Im Umgang mit Spielern würde ich mich als kommunikativen, offenen und kritikfähigen Trainer beschreiben. Ich kritisiere meine Spieler auch immer wieder, also muss ich auch umgekehrt bereit sein, Kritik zuzulassen. Das muss man als Trainer hin und wieder einfordern, denn offenbar meiden einige Spieler diese Kritik, da sie Konsequenzen fürchten. Ich finde aber, dass das gegenseitige Äußern von Kritik ein großer Vertrauensbeweis ist.
Diese wechselseitige Kritik gilt sicher nicht für die Dauer eines Spiels…
Richtig. Da fordere ich die klare Umsetzung der Spielidee. Und darüber diskutiere ich dann auch nicht.
Wie planen Sie die Verzahnung mit den Junioren-Teams?
Es wird eine enge Zusammenarbeit geben. Unser gemeinsamer Plan sieht unter anderem vor, dass zunächst der U19-, dann auch der U17-Trainer Co-Trainer der ersten Mannschaft werden. So wird die Arbeit im Verein einheitlich, und wir können Nachwuchsspieler an die Spielweise unseres Teams heranführen.
Das erinnert an das Talentwerk, die Junioren-Abteilung des VfL Bochum.
Korrekt, da war es ähnlich. Ich habe es miterleben dürfen, und dafür bin ich sehr dankbar. Die Trainingseinheiten, die ich beim damaligen Trainer Gertjan Verbeek mitgemacht habe, waren unfassbar lehrreich. Der Mann hat eine unglaublich hohe sportliche Intelligenz. Ich konnte aus dieser Zeit viel mitnehmen.
Ihr Vorgänger Farat Toku genießt in Wattenscheid hohes Ansehen. Wenn Sie mal irgendwann auf Ihre Zeit bei der SGW zurückblicken – was würden Sie gern über sich hören?
(lacht) Ich habe ja noch keine Einheit mit der Mannschaft absolviert und deshalb auch noch keinen Gedanken an diesen Zeitpunkt verschwendet. Die Situation, mit der Farat im Verein umzugehen hatte, war eine ganz andere als die, die ich jetzt vorfinde. Er musste sich um viel mehr Dinge kümmern, als es ein Trainer eigentlich sollte. Dass er trotzdem immer sportlichen Erfolg mit der Mannschaft hatte, ist bewundernswert.
Stand jetzt werden, wenn es wieder losgeht, viele Aufgaben auf viele Schultern verteilt sein. Hilft Ihnen das?
Ja, das Umfeld hier ist top. Für mich ist das gut, weil ich es in Ahlen ähnlich vorgefunden habe. Diesbezüglich muss ich mich also nicht umgewöhnen und kann meine ganze Energie der Trainer-Tätigkeit widmen – so, wie es sein soll.