Wattenscheid. Der Regionalliga-Fußball ist vorerst Geschichte bei der SG Wattenscheid 09. Die Jugend spielt weiter. Ein neuer Vorsitzender steht parat.

Es ist gemeinhin bekannt, dass Gemeinschaft bei Trauer hilft. Und so saßen die Spieler des Fußball-Regionalligisten am Abend nach der niederschmetternden Nachricht aus der Geschäftsstelle am Lohrheidestadion zusammen. Bei gemeinsamen Abendessen konnte der eine oder andere schon wieder zaghaft lachen.

Leistete über Jahre starke Arbeit bei der SG Wattenscheid: Trainer Farat Toku.
Leistete über Jahre starke Arbeit bei der SG Wattenscheid: Trainer Farat Toku. © Stefan Rittershaus / FUNKE Foto Services

Wenige Stunden zuvor hatte es offenbar anders ausgesehen. Dem Vernehmen nach soll die Nachricht, dass sich der Traditionsverein vom Spielbetrieb in der vierten Liga zurückzieht, manchen Akteur aus der Mannschaft von Farat Toku zum Weinen gebracht haben. Ein nachvollziehbares Gefühl, und doch „nur“ der Tiefpunkt einer beispielhaften Entwicklung, die der finanziell chronisch klamme Klub in den vergangenen Monaten - nein, Jahren - genommen hatte.

„Ich bin sehr enttäuscht, dass es trotz des hohen Engagements vieler Personen aus dem Verein und dessen Umfeld nicht gelungen ist, Sponsoren für die Finanzierung des Spielbetriebs zu gewinnen“, ließ sich Dr. Anja Commandeur, die Insolvenzverwalterin der SGW, auf der Homepage des Vereins zitieren.

Auch Verzicht auf Prämien reichte nicht

Der Grund für die Einstellung des Spielbetriebs: Die bis zum Jahresende benötigte Summe von 135.000 Euro konnte trotz intensiver Bemühungen nicht eingesammelt werden. Nach Auskunft des Vereins hätte man dieses Geld gebraucht, um zumindest bis zum Jahresende weiter in der Regionalliga auflaufen zu können. Von Seiten der Spieler hatte es zuvor eine noble Geste gegeben: Sie hatten sich dazu bereit erklärt, auf ihre Punkt- und Siegprämien zu verzichten. All’ das reichte nicht.

Jugendabteilung bleibt dank einiger Gönner erhalten

Offenbar gibt es jedoch Hoffnung. Die Jugendabteilung ist nach Aussage der Vereins-Verantwortlichen gerettet, nach Informationen dieser Zeitung hat sich ein Bündnis aus drei Personen zusammengefunden, das die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit der Nachwuchs-Teams sichern kann und möchte. Und noch eines ist für die Anhänger des ehemaligen Bundesligisten von Bedeutung: Der für Fußball-Romantiker schillernde Name des Vereins bleibt bestehen.

„Auch wenn der Abschied von der 1. Mannschaft in der Regionalliga sehr bitter ist, wird so die Chance auf den Verbleib des Vereins in einer höheren Spielklasse in der Saison 2020/21 gewahrt“, heißt es in der Mitteilung der Nullneuner weiter. Zu den genannten „höheren Spielklassen“ gehört nach WAZ-Informationen auch die Oberliga, in der die SGW den Neustart plant. Die Entscheidung darüber steht noch aus.

Aufsichtsrat bleibt vorerst an Bord

Bleibt vorerst an Bord: Josef Schnusenberg
Bleibt vorerst an Bord: Josef Schnusenberg © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Klar ist jedenfalls, dass wichtige Mitglieder des Aufsichtsrats weiter an Bord bleiben. So sollen Josef Schnusenberg, Horst Poganaz, Hans Mosbacher und Gerd Abstins ihre Bereitschaft erklärt haben, weiter ihre Ämter im Gremium zu bekleiden. Oguzhan Can, der ehemalige Aufsichtsratsvorsitzende und frühere Hauptgeldgeber des Klubs, ist bereits im Juli zurückgetreten.

Unternehmer soll Vorsitzender werden

In naher Zukunft soll es eine Hauptversammlung geben. Dort soll ein neuer Aufsichtsrat gewählt werden. Dem Vernehmen nach wird dann auch klar sein, wer neuer Vorstand des Vereins wird. Nach WAZ-Informationen wird der Bochumer Unternehmer Christian Fischer die Nachfolge von Dragan Markovic antreten. Die SG 09 erklärt: „Gemeinsam mit der Insolvenzverwalterin soll der Traditionsverein über das Insolvenzplanverfahren erhalten bleiben.“

Rückblick: Im Oktober wurde das Insolvenzverfahren eröffnet

Am 1. Oktober hat das Amtsgericht Bochum das Insolvenzverfahren über das Vermögen der SG Wattenscheid 09 eröffnet. Zuvor hatte es über einen langen Zeitraum immer wieder Zahlungsschwierigkeiten gegeben. So klagten Spieler über stark verspätet eintreffende Gehaltszahlungen. Und auch Krankenkassen und Berufsgenossenschaften sollen auf Beiträge gewartet haben. Grund für die Zahlungsschwierigkeiten sollen die nicht eingehaltenen Zusagen von zwei Aufsichtsrats-Mitgliedern gewesen sein, die diese sowie die kommende Spielzeit finanziell hatten absichern wollen.