Wattenscheid. . Regionalligist Wattenscheid 09 steckt nach dem 1:3 gegen Rödinghausen tiefer denn je im Abstiegskampf. Peter Neururer macht sich viele Notizen.

SG Wattenscheid 09 -
SV Rödinghausen 1:3 (1:2)

Wattenscheid: Pepic - Obst, Jakubowski, Lach, Abdat - Corboz - Diallo (75. Lobinger), Buckmaier, Yesilova (89. Tunga) - Taskin (55. Canbulut) - van Santen

Tore: 1:0 Yesilova (9./Vorarbeit Buckmaier), 1:1 Lokotsch (28.), 1:2 Pfanne (32.), 1:3 Schlottke (54.)

Zuschauer: 789

Auf dem vierten Stuhl rechts von der Reservebank verfolgte Peter Neururer die Partie. In aller Ruhe. Der Mann, der als Trainer-Motivator in der 1. und 2. Bundesliga jahrzehntelang aktiv war und jetzt erstmals als neuer Sportdirektor der SG Wattenscheid 09 ein Heimspiel des Regionalligisten verfolgte, zeigte während der 90 Minuten kaum sichtbare Regungen. Nicht beim frühen 1:0 für die SG 09. Nicht beim Ausgleich, beim 1:2, beim 1:3. Neururer hatte einen Stift und Notizblock dabei, er hatte einiges aufzuschreiben: im taktischen, im individuellen Bereich. Leider, aus Wattenscheider Sicht, nicht viel Gutes an diesem Samstag.

Die Defensive patzt, die Offensive ist harmlos

Denn das Team von Trainer Farat Toku verlor gegen den neuen Tabellenzweiten SV Rödinghausen verdient und dennoch unnötig mit 1:3. Weil die Defensive diesmal gehörig patzte und weil die Offensive, wie fast immer, viel zu harmlos war. „Unser Trainer hat die Mannschaft gut ein- und aufgestellt“, sagte Neururer, der vor dem Spiel und in der Pause mit in der Kabine war. „Aber wenn man solche Fehler macht, ist man als Trainer ohnmächtig.“

Ähnlich sah es Coach Farat Toku: „Rödinghausen war nicht viel besser, aber Tore sind nun mal entscheidend.“ Kapitän Nico Buckmaier, neben Mittelfeld-Kämpfer Mael Corboz bester Wattenscheider, meinte sichtlich geknickt: „Wenn die uns an die Wand gespielt hätten, würde ich mich nicht so ärgern. Wir betreiben einen zu hohen Aufwand für zu wenige Torchancen und Tore“, sagte der Kapitän.

Wattenscheid kontrolliert zunächst die Partie

Mächtig ärgerte sich Buckmaier genau wie Farat Toku über die Gegentreffer, nachdem die Wattenscheider sehr gut ins Spiel reingefunden hatten, wie Toku feststellte. Emre Yesilova gelang nach Zuckerpass von Nico Buckmaier aus spitzem Winkel mit einem Schuss durch die Beine von SVR-Torwart Niclas Heimann das 1:0.

Fast eine halbe Stunde lang passierte in der Gefahrenzone hüben wie drüben ansonsten nichts, Wattenscheid kontrollierte die Partie – und gab sie binnen zwei Minuten komplett aus der Hand. Beim 1:1 kam ein langer Ball in den Strafraum, die Innenverteidiger Norman Jakubowski und Frederik Lach gingen nicht energisch dazwischen. Rödinghausens Meyer legte ab, Lokotsch hämmerte den Ball unter die Latte. „Wir wussten, dass Rödinghausen es viel mit langen Bällen versucht, waren trotzdem schlecht gestaffelt“, sagte Toku.

Trainer ärgert sich über das Abwehrverhalten

Noch angefressener war der Trainer über das 1:2 kurz darauf: An der Torauslinie schafften es Norman Jakubowski und Jeffrey Obst im Doppelpack nicht, den Rückpass an den Elfmeterpunkt zu verhindern. Franz Pfanne sagte mit einem Schuss in den Winkel Danke. 1:2. „Norman und Jeff hätten den Ball klären müssen“, schimpfte Toku.

Nach der Pause mühte sich die SG 09 und bekam dann prompt den Genickschlag. Diesmal ließ sich Nicolas Abdat, wieder nach einem langen Ball, abkochen. Björn Schlottke enteilte dem Linksverteidiger und vollstreckte eiskalt. 1:3. „Dass es nach dem Rückstand schwer wird gegen diese kompakte Mannschaft, war klar“, sagte Toku.

Verunsicherung nach dem Doppelschlag

Seit dem Doppelschlag schließlich spürte nicht nur Peter Neururer eine gewisse Verunsicherung, „die normal ist in dieser Situation“, so der Sportdirektor – nach zwei Remis und nun drei Niederlagen, aber noch keinem Sieg in diesem Jahr. Rödinghausen dagegen kann ganz befreit aufspielen: Für die sportlich mögliche 3. Liga hat der Verein keine Lizenz beantragt, kann also nicht aufsteigen.

09-Trainer Farat Toku brachte noch den zweiten gravierenden Unterschied zum Meister-Kandidaten ins Spiel: „Vorne haben uns die Durchschlagskraft und Konsequenz gefehlt.“ Rödinghausen war spielerisch auf einem durchlöcherten Rasen, der ein flaches Kurzpass-Spiel ja nicht einmal im Ansatz zulässt, nicht besser, wohl aber robuster, zweikampfstärker, entschlossener – und zwar offensiv wie defensiv.

Lediglich der eingewechselte Berkant Canbulut brachte es mit seinen Dribblings noch zu Torgefahr. Stoßstürmer Sebastian van Santen dagegen konnte sich nie ernsthaft durchsetzen, auch dem eingewechselten Lex-Tyger Lobinger wollte nicht viel gelingen.

Noch hat die SG 09 alles in eigener Hand

Viele Parallelen zwischen dem WSV und der SG 09

Zum West-Derby beim Wuppertaler SV geht es für die SG Wattenscheid 09 am kommenden Samstag (Stadion am Zoo, 14 Uhr). Es gibt etliche Parallelen. Die SG 09 konnte im Januar unter anderem auch dank einer Crowdfunding-Aktion kurz vor der Insolvenz gerettet werden. Der WSV entging ebenfalls im Januar dank einer solchen Spendenaktion dem Finanz-Kollaps und musste erst vor einer Woche erneut eine 100.000-Euro-Lücke schließen, was in letzter Sekunde gelang. Und: Ex-Profi Karsten Hutwelker ist seit einer Woche neuer Sportdirektor. Wattenscheid präsentierte eine Woche zuvor Peter Neururer.

Sportlich steht der WSV aber deutlich besser da, rangiert nach dem achtbaren 0:0 beim Spitzenreiter Viktoria Köln auf Position acht mit 35 Punkten.

Damit steckt die SG 09, die dank für sie guter Ergebnisse der Konkurrenz noch einen Platz über dem Strich steht, tiefer denn je im Abstiegskampf. Die Hoffnung aber hat acht Spieltage vor Schluss längst keiner aufgegeben. „Wir haben noch alles in der eigenen Hand, aber wir müssen es auf den Platz bringen“, sagt Nico Buckmaier.

Und dann ist da ja noch Peter Neururer. „Mit solch schwierigen Situationen“, so der Ex-Trainer mit einem gewinnbringenden Lächeln, „kennen wir uns ja aus.“