Wattenscheid. . Zuerst feierte die SG Wattenscheid 09 einen 3:0-Erfolg über Spitzenreiter Viktoria Köln, dann sorgte Trainer Farat Toku für Irritationen.
SG Wattenscheid 09 -
Viktoria Köln
3:0 (0:0)
SG Wattenscheid: Scharbaum – Obst, Lach (78. Korczowski), Schneider, Abdat – Corboz, Tietz – Buckmaier, Canbulut, Yesilova (73. Dias) – Lobinger (87. van Santen)
Schiedsrichter: Nico Fuchs (Dürscheid)
Tore: 1:0 Lobinger (47.), 2:0 Buckmaier (63./FE), 3:0 Lobinger (82.)
Zuschauer: 385
Und dann war das Fußball-Jahr in Wattenscheid zu Ende. Sportlich mit einem sensationellen Ergebnis. Den letzten Worten von Farat Toku aber wohnte etwas Irritierendes inne. Etwas, das so gar nicht in die hübsche Kulisse passen wollte, die der Triumph an diesem Samstag über das Lohrheidestadion gestülpt hatte. Als er im VIP- und Presseraum allen Anwesenden einen guten Rutsch wünschte und erklärte, „und dann sehen wir uns“, schob er nach: „Oder auch nicht.“
Ein Stimmungstief auf der Pressekonferenz, das es so doch gar nicht hätte geben müssen. Die SGW hatte doch gerade den Tabellenführer geschlagen. 3:0 (0:0) gegen Viktoria Köln – das war erst die zweite Niederlage der Domstädter in dieser Saison. Nach einer wirklich starken Leistung gegen den absoluten Favoriten dieser Regionalliga West, der eigentlich gar kein Spiel abschenken darf. Und dann sagte der Trainer diesen Halbsatz.
Ein Dämpfer für die, die es gehört hatten. Und eine Aussage, die aufhorchen ließ und stutzig machte. Oder?
Auskunft über den tatsächlichen Zustand gibt – wie so oft in diesem Jahr – nicht das Sportliche, sondern das, was hinter den Kulissen passiert. Das bleibt für alle Außenstehenden nebulös, darüber darf auch eine nachträgliche und stark verspätete Gehaltszahlung nicht hinwegtäuschen. Und auch kein – zugegeben – sensationeller Sieg über den Liga-Primus und Finanzriesen aus Köln.
Denn immer noch schweigt der Aufsichtsratsvorsitzende Oguzhan Can, der erneut angekündigt hat, öffentlich sprechen zu wollen. Am Montag soll es wohl passieren. Und vielleicht gibt es dann die Erklärung dafür, ob Toku mit seinen abschließenden Worten nur in Anspielung auf die immerwährende Unruhe im Verein anspielte oder ob in der Lohrheide tatsächlich der letzte Vorhang fällt. Doch hätte Toku, der den Verein kennt wie kaum ein anderer, sich zu solch einer Bemerkung hinreißen lassen, wenn die finanzielle Lage im Klub sich entspannt hätte?
Lange spielten seine Jungs ohne Gehalt, aus dem Aufsichtsrat flüchteten die Mitglieder, und ein möglicher Geldgeber verabschiedete sich.
Toku aber ist kein Mensch, der klagt, wenn es schlecht läuft. Der 38-Jährige ist immer derjenige gewesen, der gefordert hat, alles mental Belastende am Spieltag abzulegen – was manchmal weniger, am letzten Spieltag aber offenbar so gut gelang wie noch nie zuvor. Nun gab sich der SGW-Trainer dem doch noch hin.
Dafür bekam er Anerkennung. Gut – die ist ihm nach all’ den Jahren, die er bei konstant widrigen Umständen in Wattenscheid schon verbracht hat, ohnehin überall gewiss. Doch als er den Raum für die Pressekonferenz betrat, gab es spontanen Applaus. Ungewöhnlich.
Und während Viktoria-Trainer Patrick Glöckner seine eigene Elf „schon im Weihnachtsurlaub“ wähnte und bei den Gastgebern mehr Gier bemerkt hatte, stellte sein Pendant zufrieden fest, „dass wir in vielen Belangen besser waren als die Viktoria“.
Es wäre viel mehr möglich
So verrückt es klingt: Genau das war ein gewichtiger Grund für Tokus angeschlagene Laune nach dem Sieg. „Ich will gar nicht wissen, was wir hier herausholen könnten, wenn wir mal Ruhe hätten“, sagte er. „Es macht mich schon ein wenig traurig und nachdenklich. Wir müssen nun die Gedanken sortieren. Und dann überlegen wir, wie wir weitermachen.“
Oder auch nicht.