Nur drei Spieler wird der VfL Bochum am Sonntag verabschieden, verrät Sportvorstand Schindzielorz im WAZ-Interview. Stöger gehört nicht dazu.

Der VfL Bochum stand im Februar kurz vor dem Abgrund, als Sie Robin Dutt als neuen Cheftrainer holten. Hat Sie der Erfolg in diesem Ausmaß, den 1:3-Rückschlag in Berlin mal ausgeklammert, nicht selbst überrascht?

Sebastian Schindzielorz: In einer Saison mit fünf Trainern und sehr viel Unruhe war damit nicht zu rechnen. Umso schöner, dass es geklappt hat. Die Zeit war sehr erfolgreich, weil alle wieder zusammengerückt sind. Es ist eine großartige Leistung der Mannschaft, des Trainerteams und der Fans.

Welchen Anteil hat Robin Dutt?

Einen großen. Er hat die Dinge eingebracht, die wir uns versprochen haben: Er strahlt Ruhe aus, hat eine klare Ansprache, gibt den Spielern das nötige Vertrauen. Ich möchte aber nochmals betonen, dass der Klassenerhalt eine Gesamtleistung war, an der auch Fans und Umfeld einen großen Anteil haben.

Der Abstieg ist vermieden, der Aufstieg nicht mehr möglich. Wie wichtig ist jetzt noch das Spiel am Sonntag gegen Regensburg?

Wir wollen zum Abschluss im eigenen Stadion gewinnen, das ist wichtig für die Stimmung, die zuletzt im Vonovia Ruhrstadion richtig toll war. Es ist natürlich auch bedeutend für das TV-Geld-Ranking, wobei wir hier nicht alles in der eigenen Hand haben. Ich hoffe, dass noch einmal über 20 000 Zuschauer kommen und wir ihnen zum Saisonabschluss ein gutes Spiel abliefern.

Der Blick geht aber auch längst auf die kommende Saison, neun Verträge laufen aus. Wie weit sind Sie mit der Kaderplanung?

Wir werden vor dem Spiel Luke Hemmerich (ausgeliehen von Schalke, die Redaktion), Philipp Ochs (ausgeliehen von Hoffenheim) und Torwart Martin Kompalla verabschieden. Bei allen anderen Spielern sind noch keine abschließenden Entscheidungen gefallen. Das hängt auch vom Budget ab, das wir am Ende zur Verfügung haben werden und das auch wegen der noch nicht fixierten Summe, die wir aus dem TV-Vertrag erhalten, noch nicht feststeht.

Auch Kevin Stöger erhält noch keine Abschiedsblumen?

Nein. Kevin bringt die ganze Saison Topleistung, er verhält sich vorbildlich. Er hat seine Ambitionen, in der Bundesliga zu spielen, klar formuliert, das ist nachvollziehbar. Aber noch gibt es keine endgültige Entscheidung.

Nehmen wir mal an, Stöger geht. Dann wird es schwer, ihn zu ersetzen.

Es ist eine Herausforderung. Aber wir werden eine Lösung finden, da bin ich sehr zuversichtlich.

Für Thomas Eisfeld zum Beispiel hat sich auch schon Trainer Dutt stark gemacht.

Er hat das Potenzial und ist auf einem aufsteigenden Ast. Wir trauen ihm eine führende Rolle zu und sind optimistisch, dass es klappt.

Ein anderes Beispiel: Görkem Saglam. Er war aber fast nie im Kader.

Wir hatten in der schwierigen Phase mit Tesche, Losilla und Stöger eine erfolgreiche Konstellation im Mittelfeld. Aber Görkem ist ein talentierter Spieler, der viele Qualitäten hat und Entwicklungspotenzial besitzt.

Wie sieht es mit den anderen Spielern aus, deren Verträge auslaufen?

Wie gesagt, wir sind mit allen in Gesprächen. Bei Selim Gündüz wissen wir, dass er für den Verein brennt, bei ihm kommt es auf die Gesamtkonstellation an. Mit Robert Tesches Klub Birmingham, von dem wir ihn ausgeliehen haben, sind wir im ständigen Kontakt. Janni Serra hat eine sehr gute Entwicklung gemacht, steht aber ab 1. Juli wieder beim BVB unter Vertrag. Auch Vitaly Janelt (ausgeliehen aus Leipzig mit Kaufoption, die Redaktion) hat viel Potenzial. Umgekehrt erwarten wir – Stand jetzt – die von uns an Dortmund und Kiel ausgeliehenen Vangelis Pavlidis und Tom Weilandt im Sommer zurück.

Unterm Strich setzen Sie also auf Konstanz im Kader?

Uns ist es wichtig, eine gewisse Kontinuität zu haben, und wir waren mit der Leistung des Kaders in den letzten Wochen zufrieden. Aber wir wissen auch, dass wir hier und da einen Impuls von außen setzen müssen, um eine neue Gruppendynamik zu entwickeln und den Konkurrenzkampf zu beleben.

Wann rechnen Sie mit Klarheit?

Hoffentlich so früh wie möglich, damit wir entsprechend handeln können, wenn uns ein Spieler verlässt. Davon hängt auch ab, für welche Positionen wir Bedarf haben und wie viele Neuzugänge kommen.

Können Sie für diese Neuen auch Ablösesummen bezahlen?

Unser Budget wird das wohl nicht hergeben. Wir müssen kreativ sein, und das werden wir auch.

Lukas Hinterseer und Robbie Kruse, die einen Vertrag bis 2019 haben, zählen neben Stöger sicher zu den Kandidaten, die sich bei höherklassigen Klubs in die Notizblöcke gespielt haben. Fürchten Sie nicht den Verlust fast Ihrer kompletten Stammoffensive?

Robbie und Lukas haben eine gute Saison gespielt. Aber es gibt keine Anfragen für die Spieler, wir planen mit beiden auch für die kommende Saison.

Fünf Leihspieler sind derzeit beim VfL. Sind Ausleihen der richtige Weg für den VfL Bochum?

Grundsätzlich wird die Schere zwischen der 1. und 2. Liga in punkto Finanzen noch weiter auseinandergehen, vor allem aufgrund der Verteilung der TV-Gelder. Es ist für Zweitligisten schwierig, Spieler aus der 1. Liga fest zu verpflichten. Über Ausleihen nachzudenken, ist daher legitim. Düsseldorf und Kiel haben jetzt eindrucksvoll bewiesen, dass man damit sehr erfolgreich sein kann. Als VfL Bochum müssen wir kreativ und für alle Dinge offen sein. Natürlich würden wir gerne gute Talente bei uns unter Vertrag haben. Aber der Markt definiert eben auch seine Regeln.

Apropos Talente: Wie sieht es beim eigenen Nachwuchs aus?

Görkem Saglam, Maxim Leitsch, Uli Bapoh, Florian Kraft und Tom Baack zählen fest zum Kader. Im Training zeigt sich derzeit Baris Ekincier. Allerdings verfolgen wir auch den Ansatz, dass die Gruppe nicht zu groß werden sollte. Jeder soll eine Chance auf Einsatzzeiten haben. Wir wollen ein kompaktes Team haben, ohne dass ich mich jetzt auf eine Zahl an Spielern festlegen kann.

Der Erfolg unter Robin Dutt hat den Anhängern Appetit auf mehr gemacht. Und wer Fünfter wird....

(lacht) Das müssen wir erst einmal schaffen. Die neue Saison ist noch gar nicht richtig zu greifen. Mit Paderborn und Magdeburg kommen ähnlich starke Aufsteiger wie in diesem Jahr, die Absteiger Köln und Hamburg oder Wolfsburg bringen ein hohes Budget in die Liga mit, die Relegation steht noch aus. Wir erwarten wieder eine sehr starke, ausgeglichene Liga. Wir müssen uns weiter auf uns fokussieren, auf unsere Entwicklung. Die letzten Wochen haben gezeigt, dass bei einem ähnlich hohen Niveau der Gegner der Zusammenhalt, die Einheit den Unterschied ausmachen kann. Wenn wir das wieder erreichen, glaube ich, dass wir in der kommenden Saison eine gute Rolle spielen können.