Reinhold Marsollek ist zurück auf dem Eis. Doch das ist gar nicht die beste Nachricht. Denn: Marsollek hat den Krebs besiegt.
Reinhold Marsollek ist zurück auf dem Eis. Schneller als erwartet ist er in seiner Altersklasse Deutscher Vizemeister geworden. Doch das ist gar nicht die beste Nachricht. Denn: Marsollek hat den Krebs besiegt.
Die Diagnose bekam er Anfang des Jahres. Zwei Wochen danach lag er bereits unter dem Messer – sechs Stunden lang. Doch die Operation gelang und kam offenbar früh genug. „Ich musste keine Chemotherapie machen“, erzählt Marsollek. Er sollte sich lediglich Ruhe gönnen und die Reha antreten. Eine ungewohnte Situation für den Lehrer, der zuvor in 31 Jahren nur einmal fünf Tage lang krank und sonst immer fit war. „Ich fühlte mich mitunter wie der Tiger im Käfig“, sagte der 64-Jährige zu seiner langen Sportpause.
100 Tage lang verordnete ihm sein Arzt Sportverbot. 30 weitere Tage musste Marsollek warten, bis er wieder auf das Rad steigen durfte. Weitere 30 Tage vergingen, bis er mit dem Joggen beginnen durfte. Und auf das Eis kehrte der Bochumer erst nach 215 Tagen zurück. Eine lange Zeit für den Sportler, der diese Phase der Untätigkeit als „grenzwertig“ bezeichnet. Denn seit rund 50 Jahren ist Marsollek sportlich aktiv und legt großen Wert auf seine Fitness.
Zum Eislaufen fand der begeisterte Skater 2004 Zugang, lernte die schnelle und technisch anspruchsvolle Sportart schnell lieben und unterbot seit 2014 mindestens einmal im Jahr eine persönliche Bestzeit auf seinen Strecken zwischen 100 und 5000 Metern – zuletzt im Dezember 2016. Auch bei den Deutschen Meisterschaften belegte er in seiner Altersklasse seit 2009 immer einen Podestplatz. Dahin wollte Marsollek zurück – selbst, wenn er es für 2017 noch nicht erwartete.
Bochumer trainiert in Enschede
Seit Ende Mai begann er, auf Speedskates schnelle Runden um den Kemnader See zu drehen. „Natürlich war es unmöglich, die 2017 verpassten Trainingseinheiten aufzuholen. Aber ich beschloss im Herbst, an den international offenen Deutschen Meisterschaften teilzunehmen“, sagte Marsollek. Die waren Anfang Dezember in Erfurt. Dabei war auch sein langjähriger Konkurrent Hans-Peter Ambass aus der Schweiz.
Beim Vierkampf meldete Marsollek sich eindrucksvoll zurück. Zwar lag er nach den 500 Metern noch auf Position vier der internationalen Wertung, rückte aber nach den 1500 Metern schon vor, weil er Ambass überholte. Beim Rennen über 1000 Meter entschied sich bereits, wer die Bronzemedaille bekommen sollte. „Der Schweizer begann zu schnell, entfloh mir geradezu. Ich bin ganz ruhig geblieben und habe mir gedacht, dass er das Tempo nicht durchhält“, erinnert sich der Eisschnell-Läufer. 50 Meter vor dem Ziel überholte er den Eidgenossen dann wirklich. Auf den abschließenden 3000 Metern trat Ambass gar nicht mehr an.
Hinter Mircea Vranceanu wurde Marsollek Deutscher Vizemeister. „Wir kennen uns alle gut und gönnen uns die Erfolge. Im Wettkampf selbst schenken wir uns aber nichts“, betont er. Nun ist der nimmermüde Lehrer in Holland, trainiert dort drei- bis viermal in der Woche in Enschede, um dann 2018 erneut anzugreifen. Der erste Wettkampf rückt immer näher: Mitte Januar wird Marsollek seinen ungebrochenen Ehrgeiz bei den Mehrkampfmeisterschaften im italienischen Baselga de Pine ausleben können.
„Ich merke, dass es wieder richtig gut funktioniert“, freut er sich. Dennoch hat er durch seine lange Pause auch sein Leben schätzen gelernt: „Wenn ich den Sport nicht mehr hätte, hoffe ich, genug geerntet zu haben, um zufrieden leben zu können.“