Weitspringerin Sosthene Moguenara gewann Silber, die Sprinter Christian Blum und Julian Reus holten Silber und Bronze: Die Athleten des TV Wattenscheid 01 trumpften bei der Europameisterschaft in Prag groß auf.
Diese Europameisterschaft war für den TV Wattenscheid 01 Gold wert, auch wenn keiner der vier Leichtathleten des Klubs von der Hollandstraße ganz oben auf dem Treppchen stand bei der Siegerehrung in Prag. Sosthene Moguenara holte mit Silber im Weitsprung ihre erste internationale Medaille, und zum krönenden Abschluss der Hallen-EM in Tschechiens Hauptstadt flogen die Sprinter Christian Blum und Julian Reus am Sonntag zur Silber- und Bronzemedaille hinter dem nicht zu schlagenden Topfavoriten Richard Kilty aus Großbritannien.
Wattenscheids Manager Michael Huke war in der O2-Arena - und regelrecht aus dem Häuschen: „Ich kann das gar nicht glauben. Zwei Sprint-Medaillen für Deutschland, beide von Wattenscheidern.“ Hinzu kam ein guter sechster Rang von Kugelstoßerin Denise Hinrichs bei ihrem internationalen Comeback nach langer Verletzungszeit: Viel mehr ging eigentlich nicht.
Oder doch? Moguenara, die glückselige Vizeeuropameisterin („Ich bin einfach nur happy“), hätte bei einem perfekt platzierten Absprung - sie verschenkte bei ihrem Silber-Satz auf 6,83 Meter stolze 16 Zentimeter - sogar Gold gewonnen. Das war der sympathischen 25-Jährigen, die auf großer Bühne bisher meist nicht ihre beste Leistung abrufen konnte, aber schnurzpiepegal: „Ich bin überglücklich, dass der Knoten endlich geplatzt ist“, sagte die Weitspringerin.
„Unbeschreiblich, unfassbar“: Christian Blum war „einfach nur happy“ nach seinem 6,58-Sekunden-Lauf zur Silbermedaille im 60m-Finale von Prag. Erstmals hat er bei einem großen Event, bei der Hallen-Europameisterschaft, eine tolle Serie hingelegt, gekrönt mit Edelmetall - und gratulierte seinem ersten Gratulanten selbst. Denn Kumpel Julian Reus, Teamkollege vom TV Wattenscheid 01, holte sich Bronze in 6,60 Sekunden. „Das ist der Lohn für die Arbeit, die man das ganze Jahr über investiert“, sagte er. „Ich bin einfach froh und sehr glücklich, im letzten Rennen der Saison meine beste Leistung abgerufen zu haben.“ Zumal ihm eine Verletzung in der Kniekehle oft zu schaffen machte.
Dabei profitierten die Wattenscheider auch vom Fehlstart des Briten Ujah, der neben dem enteilten Europameister Kilty (6,51 Sekunden) als Favorit galt. Verdient aber hatten es sich die Wattenscheider allemal, zumal sie auch im Vorlauf und im Halbfinale überzeugt hatten.
Das galt für Sosthene Moguenara ohnehin. „Nach dem Wettkampf bin ich echt ausgerastet, da kam alles zusammen“, sagte sie. Die Weitspringerin strahlte vor Glück, als sie Silber gewonnen hatte. Nur die Serbin Ivana Španovic sprang weiter (6,98m); ein großer Erfolg auf großer Bühne, der hatte ihr gefehlt: „Ich bin mehr als erleichtert“, sagte die langjährige Athletin des TV Wattenscheid, die mittlerweile oft bei Bundestrainer Ulrich Knapp in Saarbrücken trainiert - und den Trainer, der offenbar die richtigen Wege und Worte fand für das einstige „Nervenbündel“, wie schon in Karlsruhe nach dem Gewinn der DM als ersten kräftig drückte.
Die Frohnatur vergaß auch in der Stunde des Triumphes ihre besten Freunde und Förderer nicht: „Ich muss mich bei meinen Trainern Uli Knapp und André Ernst bedanken, bei meinen Mädels Yasmin Kwadwo, Linda Lefering, Mawoin Beavogui, Marie-Laurence Jungfleisch und Samira Burkhardt. Die fangen mich immer auf. Und natürlich ein Danke an meinen Schatz Raphael!“ Moguenara ist mit Stabhochspringer Raphael Holzdeppe liiert.
Der Wettkampf selbst war spannend - aber nicht perfekt. „Der erste Sprung hat gleich gesessen“, erklärt „Sossi“, „danach habe ich was riskiert.“ Zählbares kam dabei nicht mehr heraus.
Die Freude, die Erleichterung von Moguenara ist ohne die frühere Enttäuschungen nicht zu verstehen. Die Wattenscheiderin ist öfter als aussichtsreiche Kandidatin zu Meisterschaften gereist und mit hängendem Kopf abgereist. Doch die Enttäuschungen gehören nicht nur dazu, sie spielen eine Rolle für die Motivation. „Die Misserfolge haben mich fertig gemacht“, sagt Moguenara, „man kommt an den Punkt, an dem man nicht mehr will. Aber wir haben einiges im Training verändert, ich habe mit einem Psychologen zusammengearbeitet.“ Es hat sich ausgezahlt - und soll sich noch häufiger auszahlen. Moguenara ist erst 25.
Zufrieden war auch Denise Hinrichs mit Platz sechs im Kugelstoßen. Ihr zweiter Versuch war ihr bester: 17,35 Meter. Gold ging an die Ungarin Anita Márton (19,23), Bronze an die Bulgarin Mavrodieva mit 17,83m - viel fehlte da nicht. „Für den ersten internationalen Wettkampf nach so vielen Jahren hat sie das aber gut gemeistert“, sagte Trainer Miroslaw Jasinski.