Bottrop. Tibor Meingast freut sich auf die am Freitag beginnende Europameisterschaft der Fußballer. Auch wenn ihm die Nähe zu Spielen und Spielern fehlt.

Das ZDF-„Studio“ in Bottrop passt unter eine Hundedecke. Corona hat viel verändert im Arbeitsleben von Fernsehjounalisten und Fernsehjournalistinnen. Und deshalb ist es schon fast üblich, dass Filmemacher und Cutter nicht mehr im selben Raum sitzen, sondern nur über ihre Computer miteinander verbunden sind. Auf diese Art ist in meinem Kellerbüro im Fuhlenbrock im März auch ein 17 Minuten langer Film über den Boxkampf Ali – Frazier entstanden.

Vertont habe ich das Stück damals im ZDF-Studio in Düsseldorf. Zuletzt ging aber auch das von zu Hause, mit dem entsprechenden Computerprogramm und einem externen Mikrofon für 80 Euro.

„Warst du in Riga?“, fragte Nachbar Jupp neulich im Köllnischen Wald. „Nee, im Keller“, war die ehrlich Antwort. Um dem Ton der Aufnahme den Hall des Raumes zu nehmen, hilft ein kleiner Trick. Unser Hund Schroeder leiht mir seine Schmusedecke, ich breite sie über Laptop, Mikrofon, Schreibtischlampe und mich – und los geht`s. Gut, dass es nur Kurzberichte sind, denn es wird schnell ziemlich warm unter der Decke.

Bei der Fußball-Europameisterschaft funktioniert kein Homeoffice

So sind im Mai in Bottrop Beiträge für Sportreportage, Mittagsmagazin und heute-Sendungen aus Australien, Japan, Slowenien, Lettland und Köln entstanden.

Bei der Fußball-Europameisterschaft funktioniert das aber nicht im Homeoffice. Teilweise sind ein Dutzend Bildsignale von den Spielen parallel zu beobachten, der Zeitdruck ist größer. Schnitt und Vertonung müssen daher viel schneller klappen und es ist ein komplexes Studio nötig, wo die Bildleitungen aus den Stadien zusammenlaufen.

1996 war das für das ZDF nahe der Tower Bridge in London, 1998 bei der Weltmeisterschaft mit Blick auf den Arc de Triomphe in Paris, 2000 im Herzen von Amsterdam usw. Inzwischen sind Leitungskosten, 1998 in Frankreich noch etwa 1300 Mark pro Minute, zu vernachlässigen - in Zeiten des Internets ist vieles sogar kostenfrei. Die Konsequenz: die Sender sparen sich die Reise- und Hotelkosten und produzieren das meiste in Deutschland. Das war auch schon vor Corona so, z.B. bei der Weltmeisterschaft 2018.

Die größten Sportereignisse der Welt finden alle in Mainz statt

Euro, Olympia und Paralympische Spiele finden für mich daher diesmal in Mainz statt; da wird einiges anders als in der Vergangenheit mit Sportereignissen in Peking und Johannesburg, Vancouver und Rio. Z. B. fallen die gemütlichen Abende mit Kollegen weitgehend aus.

Das liegt nicht an der Pandemie, sondern die meisten haben ihre Familie vor Ort und daher andere Prioritäten. Auch ist die Attraktivität lokaler Speisen und neuer Lokale am Lebensmittelpunkt der meisten Kollegen ganz entscheidend geringer und die Motivation zum Weggehen daher geringer.

Nicht zu denken ist so großartige Aktionen wie das gemeinsame Fußballspielen im Hydepark vor 25 Jahren. Der Kabarettist Dieter Nuhr gehörte damals zum ZDF-Team und fiel nicht nur durch schlaue Sätze in seinen Beiträgen auf. Keiner hat beim Fußball im Park so viel gefoult wie er.

Tibor Meingast (62) arbeitet seit vielen Jahren als Sportreporter für das ZDF und lebt in Bottrop. Für die WAZ berichtet er über zahlreiche Sportereignisse und zieht dabei immer auch Parallelen zu seiner geliebten Heimatstadt.