Wattenscheid. SG Wattenscheid 09 will den Weg nicht ändern. Klar ist aber: Die Regionalliga wird deutlich teurer. Vorstand Fischer nennt Beispiele und Details.

Nach dem Regionalliga-Aufstieg steht die SG Wattenscheid 09 nicht nur vor einer großen sportlichen Herausforderung. Der ehemalige Bundesligist muss auch finanziell umdenken, denn in der vierthöchsten Spielklasse kommen höhere Kosten auf den Verein zu. Wir sprachen mit SGW-Finanzvorstand Christian Fischer (59) über die Situation des Vereins und darüber, was sich in der kommenden Saison rund ums Lohrheidestadion ändern wird.

Herr Fischer, ist Wattenscheid 09 finanziell nachhaltig aufgestellt für die Zukunft?

Christian Fischer: (lacht) Das ist eine der beliebtesten Fragen, die mich momentan von allen Seiten ereilen. Wir haben einen soliden finanzwirtschaftlichen Rahmen schaffen können, vor allem dank unserer Sponsoren, Mitgliedern und selbstverständlich auch den unerwartet hohen Zuschauerzahlen. Wir lagen in der abgelaufenen Saison mit allen Daten im Plan, hatten allerdings auch sehr konservativ geplant. Wenn die Frage darauf abzielt, ob wir ohne Schwierigkeiten durch die Saison 2022/23 kommen, kann ich sie mit einem klaren „Ja“ beantworten.

SG Wattenscheid 09: Hohe Einnahmen beim Saisonfinale

Im Oktober wird also kein Spieler darüber klagen, dass kein Geld vom Verein angekommen ist?

Vollkommen korrekt. Und ich muss sagen, dass wir als Verein stolz darauf sind, so ein Versprechen geben zu können. Dass die, die für den Verein arbeiten, etwas dafür bekommen, ist uns ein besonderes Anliegen. Wir reden über Menschen, und mit denen gehen wir gut um.

Wie hat sich der sportliche Erfolg der vergangenen Saison auf die Finanzen der SGW ausgewirkt?

Sehr stark. Als Berufsvorsichtiger habe ich vor dem letzten Spiel vorsichtig von 2.500 bis 3.000 Gästen gesprochen. Aber doch nicht von 6.000! Allein durch Eintrittskarten und Verzehr haben wir deutlich höhere Einnahmen erzielt als wir erwartet haben.

Die SG Wattenscheid 09 macht den Aufstieg perfekt – deutlich mehr als 6000 zahlende Fans kamen zum Saisonfinale ins Lohrheidestadion und feierten auf dem Platz mit der Mannschaft.
Die SG Wattenscheid 09 macht den Aufstieg perfekt – deutlich mehr als 6000 zahlende Fans kamen zum Saisonfinale ins Lohrheidestadion und feierten auf dem Platz mit der Mannschaft. © Funke Foto Services | Thorsten Tillmann

Können Sie das beziffern?

Das letzte Spiel hat uns in Regionen geführt, die der Verein zuletzt vor zehn Jahren erlebt hat. An dem Tag haben wir für den Verein mehrere Zehntausend Euro erwirtschaftet.

Gehen Sie also mit einem Plus aus der Saison?

Ich kann Ihnen eine grobe Zahl nennen, aber das wäre aus kaufmännischer Sicht nicht ehrlich. Wir erstellen gerade den Jahresabschluss. Ins Ergebnis werden viele Faktoren einfließen. Aber wir sind bisher sehr zufrieden.

Höherer Aufwand für Personal, aber auch die Organisation

Nach dem Aufstieg müssen Sie den Etat anheben. Über welche Differenz sprechen wir da?

Im Vergleich zur vergangenen Saison werden wir für das Personal rund 20 Prozent mehr ausgeben. Die Regionalliga erfordert außerdem einen deutlich höheren organisatorischen Aufwand, intern und extern. Bisher haben uns Ehrenamtler geholfen, das wird in einigen Bereichen jetzt nicht mehr gehen. Über die gesamte Saison betrachtet, sprechen wir von mehreren tausend Euro.

Sind die bestehenden Spielerverträge angepasst worden oder gab es vorher schon Vereinbarungen?

Es gab im einen oder anderen Fall Gespräche mit Spielern, mit denen wir auch in der Regionalliga in die Zukunft gehen wollten. In diesen Fällen war klar, dass wir über die Bestandteile des Vertrags sprechen werden. Das haben wir aber erst gemacht, als alles klar war. Also: Erst die Eier legen, dann lecker essen.

Wird es wohl eines Tages eine Verpflichtung geben, die den Verein finanziell stärker fordert?

Nein. Wir werden weiterhin keine Schritte gehen, die für Unruhe sorgen. Denn wir dürfen nicht nur auf den Sport-Etat schauen. Alle Bereiche müssen professioneller aufgestellt werden. Es hilft ja niemandem, wenn wir Top-Spieler haben, im Hintergrund aber Chaos herrscht.

Immotec passt als neuer Hauptsponsor perfekt zur SG 09

Sie haben schon einen neuen Hauptsponsor präsentiert. Wie passt Immotec zum neuen Wattenscheider Weg?

Das Unternehmen hat 2018 als kleinerer Unterstützer angefangen. Als es 2019 in die Insolvenz ging, hat man dort lange überlegt. Aber der Kontakt ist nie abgebrochen. Für uns ist das Engagement eine Riesen-Anerkennung unserer Arbeit. Jeder Sponsor, der bei uns bei bleibt und sogar sein Engagement erhöht, ist eine Bestätigung.

Christian Pozo y Tamayo (li.) und Christian Fischer (re.) von der SG 09 mit Darius Pradella, Inhaber der Firma Immotec.
Christian Pozo y Tamayo (li.) und Christian Fischer (re.) von der SG 09 mit Darius Pradella, Inhaber der Firma Immotec. © Unbekannt | Andree Terstegge

Vor rund zweieinhalb Jahren haben wir in Bezug auf die Sponsorensuche über Klinkenputzen und reihenweise Absagen gesprochen. Wie sieht es derzeit aus?

Das hat sich deutlich gedreht, dafür ist Immotec ein besonderes Beispiel. Aber auch andere Sponsoren haben ihr Budget erhöht, teilweise sogar aus freien Stücken. Kein Sponsor ist abgesprungen. Es sind sogar welche hinzugekommen.

Hätten Sie sich weitere Sponsoren gewünscht? Etwa aus bestimmten Bereichen?

Sie sprechen ein leidiges Thema an, das mir sehr am Herzen liegt.

Auch Gelder aus öffentlicher Hand kann die SG 09 kaum zählen

Inwiefern?

In unserem Umfeld gibt es zahlreiche Vereine, die von städtischen Institutionen unterstützt werden. Ich denke dann immer, dass es toll wäre, wenn auch unsere Arbeit von denen anerkannt würde. Wir sind immerhin der Bochumer Verein, der am zweithöchsten von allen spielt.

Wie ist dort die Reaktion, wenn Sie anfragen?

Weitgehend erfahren wir dort Zurückhaltung. Einige wollen abwarten, unseren Weg weiter beobachten und schauen, wie weit es so geht. Aus unserer Sicht ist das natürlich schade. Aber wir behalten die Demut bei uns verlangen nicht von jedem, dass er uns sofort unterstützt. Wenn wir so denken würden, wären wir schnell wieder auf dem falschen Weg.

Sind denn andere Sponsoren dazugekommen?

Ja, und darüber freuen wir uns auch riesig. Nicht umsonst haben wir derzeit den Stand, dass der Sponsoren-Etat um 20 Prozent gestiegen ist. Es gab einen deutlichen Schub vom neuen Hauptsponsor. Schön ist auch, dass kein Sponsor abgesprungen ist.

Erhöhung der Eintrittspreise soll im Rahmen bleiben

Welche Rolle spielen die Zuschauerzahlen bei der Kalkulation für die kommende Saison?

Eine nicht unerhebliche - aber auf Wattenscheider Basis fußt die Kalkulation auf eine runde gesunde Mischung. Wir kalkulieren deshalb nicht mit vierstelligen Zahlen. Der Dauerkartenverkauf ist gut angelaufen, wir haben in zweieinhalb Wochen mehr als 100 verkauft. Wir wünschen uns natürlich, dass es wieder in die Größenordnung der vergangenen Saison geht (über 400, Anm.d.Red.), aber das ist kein Muss.

Werden Sie die Eintrittspreise spürbar erhöhen?

Nicht spürbar, wir werden das im Rahmen halten.

Zuletzt war das Lohrheidestadion gut besucht. Aber falls es schlecht laufen sollte und die Gegner weniger attraktiv sind, drohen Kulissen von 300-400 Gästen. Ist das berücksichtigt?

Ja, wir sprechen über eine Mischkalkulation. Selbstverständlich wird es das berühmte Spiel unter der Woche bei sieben Grad und Regen geben. Aber es kommen auch Gegner wie Aachen, Münster und Wuppertal zu uns. Der sportliche Erfolg wird dabei eine Rolle spielen. Wenn der da ist, werden automatisch Zuschauer kommen.

Hohe Ausgaben fürs Sicherheitskonzept

Die Kosten für das Sicherheitskonzept sind nicht unerheblich. Wird das den Verein stark belasten?

Ja, wird es. Das gehört zu den besonderen organisatorischen Aufwendungen. Die Zahl war mir nicht neu, ich hatte sie im Rahmen der Insolvenz schon einmal gelesen. Damals dachte ich aber, dass sich jemand verschrieben hätte. Da standen 65.000 Euro pro Saison für den Sicherheitsdienst. In der Oberliga haben wir dafür keine 3.000 Euro ausgegeben.

Hat sich die Sparkasse Bochum inzwischen bei Ihnen entschuldigt? Dort war man im vergangenen Jahr nicht überzeugt davon, dass die SGW zahlungskräftig genug für ein Bankkonto ist.

Nein. Aber damit können wir leben. Auch, wenn ich es persönlich sehr schade finde.