Bottrop. Mit zunehmendem Alter wird das Tennisfeld gefühlt immer größer und die Wege werden schwerer. Der TC Waldfriede entdeckt die Doppelrunde für sich.
Da saßen sie zunächst wie bestellt und nicht abgeholt. Die Herren 75 des TC Waldfriede mussten sich am Dienstag vor ihrem Debüt in der Doppelrunde in Geduld üben. Der Gegner hing noch im Verkehr fest. Als die Partie gegen den Homberger TV dann trotz Verspätung doch noch beginnen konnte, waren die Bottroper nicht mehr zu bremsen. Das Team fuhr einen 6:0-Erfolg ein.
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Karl-Heinz Bauhaus ist 79 Jahre alt. Der Kapitän der Herren 75 beim TC Waldfriede spielt seit über 40 Jahren Tennis. Doch Spieltage mit seiner Mannschaft sind für ihn immer noch etwas Besonderes: „So ein Wettkampf hat immer einen Reiz. Erst recht, wenn du in einer Mannschaft aufläufst. Da willst du nicht nur für dich alleine gewinnen.“ Das Vergnügen am sportlichen Wettstreit ist also keine Frage des Alters. Genau deshalb meldete der TC Waldfriede in diesem Jahr auch eine Mannschaft für die Doppelrunde.
Neuer Wettbewerbsmodus soll älteren Teilnehmern Möglichkeiten bieten
Im Vergleich zu den anderen Teamwettbewerben werden in der Doppelrunde keine Einzel gespielt. Das kommt den älteren Jahrgängen entgegen. „So ein Spielfeld wird mit dem Alter immer größer, die Wege werden länger. Viele bringen einfach nicht mehr die Kondition auf, die für ein Einzel nötig ist“, erklärt Stefanie Lindemann. Das Vorstandsmitglied des TC Waldfriede hält den noch jungen Wettbewerbsmodus für ein adäquates Mittel, auch den älteren Jahrgängen die Teilnahme an Wettkampfrunden zu ermöglichen: „Dafür gibt es Bedarf. Die meisten Mitglieder in unserem Verein sind seit dem Boom um Boris Becker und Steffi Graf dabei. Acht von zehn sind deutlich älter als 60 Jahre.“
Lindemann spricht von einer ganzen Generation von Spielerinnen und Spielern, die sich in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur durch ihren sportlichen Einsatz um den Verein verdient gemacht hat. Sie spricht von den „tragenden Säulen“ des TC Waldfriede, von Männern und Frauen, die den Club aufgebaut und gepflegt haben. „Aber irgendwann ist dann Ende mit Mannschaftsspielen“, sagt Lindemann. Daran knüpft das Konzept der Doppelrunde an. Sie soll Spielerinnen und Spielern noch weitere Jahre in einem Mannschaftskreis ermöglichen.
Denn dieser Mannschaftskreis ist es auch, der viele Spieler über Jahre hinweg an den Verein bindet. „Es geht um Teamgeist. Also darum, gemeinsam auf ein Ziel hinzuarbeiten, Siege zu feiern und auch Niederlagen zu verdauen“, bestätigt Karl-Heinz Baumann. „Vielen geht es dabei nicht nur um Tennis“, ergänzt Lindemann, „Die Teams sitzen in der Regel auch im Anschluss noch lange zusammen, unterhalten sich, genießen die Gemeinschaft und trinken auf unserer Anlage noch ein frisch gezapftes Bier.“
Kein einziger Satz geht verloren
Das Bier in geselliger Runde ist an diesem Dienstag auch so etwas wie die Siegertrophäe, eine Belohnung für den Erfolg. Das Sextett des TC Waldfriede ließ dem Homberger TV keine Chance. Peter Schmitt, Karl-Heinz Bauhaus, Siegfried Lassak, Rolf Sperling, Herbert Stockhausen und Manfred Brackhagen gewannen alle Spiele deutlich in zwei Sätzen. „Wir haben auch für Fred Bockholt gespielt“, sagt Karl-Heinz Backhaus, denn das prominenteste Mitglied des Teams war an diesem Tag nicht mit von der Partie.
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Das Konzept der Doppelrunde geht also auf. Dass sich damit die strukturellen Probleme vieler Tennisvereine nicht lösen lassen, ist Stefanie Lindemann allerdings bewusst: „Unser Problem sind nicht die älteren Spieler, wir haben Nachwuchssorgen.“ Eine Problematik, die der Verein noch in diesem Jahr angehen will. „Das Werben um junge Mitglieder wird dadurch erschwert, dass wir momentan keinen Trainer haben“, erklärt Lindemann. Ein Umstand, der sich in naher Zukunft ändern soll.
Immerhin: Die Corona-Pandemie hat den TC Waldfriede nicht so hart getroffen, wie andere Vereine. Einen nennenswerten Mitgliederschwund müssen die Bottroper nicht beklagen. „Wir haben im vergangenen Jahr bis in den November hinein gespielt und einige unserer sechs Plätze schon im März wieder aufgemacht. Tennis war bei uns möglich, aber“ - und in diesem Satz schwingt bei Lindemanns die Freude über die Rückkehr zur Normalität nach den Corona-Beschränkungen mit: „Der Sport ist ja nicht das Einzige, was unsere Mitglieder auf die Anlage zieht.“
Bauhaus: War mir nicht sicher, ob ich Mitglied werden möchte
Karl-Heinz Bauhaus spielte viele Jahre lang Fußball und Handball. Mit Ende 30 kam Tennis dazu. Ein Leben ohne aktiven Sport kann sich der 78-jährige Bottroper nicht vorstellen. Die Bewegung, aber auch die Begegnungen im Verein sind ihm wichtig.
Wie wichtig ist es Ihnen, regelmäßig Sport zu treiben?
Bauhaus: Die Bewegung an der frischen Luft, das Gemeinschaftsgefühl im Verein und in einer Mannschaft. Diese Dinge sind mir immer schon sehr wichtig gewesen. Wenn ich mich bewegen kann, weiß ich, dass es mir gut geht. Ich fahre tagsüber Menschen zur Tagespflege und bringe sie nachmittags wieder zurück nach Hause. Das mache ich gerne, aber ich sehe dann auch, wie es Menschen geht, die körperlich nicht mehr so gut zurecht sind. Ich habe selbst zwei Operationen hinter mir, die mich eingeschränkt haben. Sport hat mir dabei geholfen, das hinter mir zu lassen. Heute fühle ich mich wieder fit und gesund.
Sie haben zunächst Fußball und Handball gespielt. Wie sind Sie zum Tennis gekommen?
In meiner Jugend war ich Fußballer, Handball habe ich gespielt, bis ich 61 war. Als ich auf die Idee kam, Tennis zu probieren, war ich mir zunächst nicht sicher, ob ich in einem Verein Mitglied werden möchte. Das war kurz bevor der Boom um Boris Becker und Steffi Graf begann. Tennis schien mir auf den ersten Blick zu elitär. Aber dann hat mich ein Freund mitgenommen. Es hat Spaß gemacht und das macht es immer noch.
Sport zu treiben, ist die eine Sache. Am Ligabetrieb teilzunehmen, ist aber ein anderes Paar Tennisschuhe. Was macht für Sie den Reiz am Wettkampf aus?
Man geht viel konzentrierter und fokussierter auf den Platz, wenn man sich in einer Mannschaft bewegt. Da wird dann jeder Ballwechsel wichtiger. In den Ligaspielen hast du außerdem auch mal die Chance, gemein zu spielen. Deinen Freund hetzt du ja nicht unbedingt über den ganzen Platz. Mit einem Gegner kann man anders umgehen.
Was bedeutet Ihre Mannschaft beim TC Waldfriede für Sie?
Viel. Da ist absolute Harmonie in der Mannschaft. Wir sind befreundet, sitzen auch nach dem Tennis oft zusammen. Wir treffen uns zweimal in der Woche zum Training und bereiten uns gemeinsam auf das kommende Spiel vor. Natürlich treten wir immer an, um zu gewinnen. Man lernt innerhalb einer Mannschaft aber auch, mit Misserfolgen umzugehen. Man muss auch mal verlieren können, das gehört im Sport einfach dazu. Außerhalb des Vereins stelle ich immer wieder fest, dass viele Menschen das überhaupt nicht können.
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