Krefeld. Die gesamte Familie sitzt vor dem Fernseher, als der große Moment gekommen ist: Nicole Anyomi feiert ihr Debüt für die Frauenfußball-Nationalelf.
Es läuft die 61 Minute im Spiel der deutschen Frauenfußball-Nationalmannschaft im Spiel gegen Belgien, als Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg auswechselt. Klar Bühl verlässt den Platz im Aachener Tivoli-Stadion, für die Bayern-Akteurin kommt ein Neuling: Etonam Nicole Anyomi.
Die junge Stürmerin von der SGS Essen feiert beim 2:0-Sieg zum Auftakt des „Three Nations. One Goal“ -Dreierturniers ihr Debüt für die DFB-Auswahl. Das war am Sonntag, drei Tage später sind die Niederlande der nächste Gegner, die Europameisterinnen von 2017 gewinnen die Partie mit 2:1 – und Nicole Anyomi bleibt diesmal ohne Einsatz.
Mitfiebern vor dem Fernseher
An beiden Abenden fiebert derweil vor dem heimischen Fernseher fast die gesamte Familie der 21-Jährige mit. Darunter Romel Seena Anyomi, Nicoles älterer Bruder. Wir haben uns mit dem Abwehrspieler des Landesligisten TSV Meerbusch II über die steile Karriere seiner „kleinen“ Schwester unterhalten.
Romel Anyomi, was ging bei Ihnen zu Hause ab, als Nicole am Sonntag gegen Belgien eingewechselt wurde?
Romel Anyomi: Wir waren alle sehr aufgeregt, meine Eltern und mein jüngerer Bruder Dennis. Nicole hat uns vorher schon gesagt, dass die Bundestrainerin angedeutet habe, dass sie gegen Belgien zu ihrem Debüt kommen würde. Dann haben wir die ganze Zeit gehofft und gewartet, wann es denn so weit sein würde. Als sie dann tatsächlich am Seitenrand stand und sich für die Einwechslung bereit gemacht hat, da stieg bei uns allen der Puls.
Sie selbst hat nachher auf DFB-TV gesagt, dass sie total nervös gewesen sei und irgendwie versucht habe, cool zu bleiben. Dafür hat sie auf dem Platz aber ganz schön mutig gespielt...
So ist sie halt. Wenn sie auf dem Platz ist, geht die Anspannung schnell weg und sie versucht, alles aus sich herauszuholen. Ich finde, sie hat es gut gemacht und in den 30 Minuten gezeigt, was sie draufhat. Wir haben vor dem Fernseher natürlich bei jedem Ballkontakt mitgefiebert und waren glücklich, dass alles so gut gelaufen ist und Deutschland gewonnen hat.
Hatten Sie nach dem Abpfiff Kontakt zu Ihr?
Ja, wir haben uns erst über WhatsApp geschrieben und dann nachher noch über Facetime unterhalten. Sie war sehr aufgekratzt, aber das ist ja klar nach so einem Erlebnis.
Die beiden Partien fanden in Aachen beziehungsweise Venlo statt, also nicht weit von Krefeld wo Sie wohnen. Da wäre man als Bruder doch gerne dabei gewesen, oder?
Auf jeden Fall! Wir wären gerne mit der gesamten Familie dahingefahren, wenn Zuschauer erlaubt gewesen wären. Aber das ist wegen Corona ja im Moment leider nicht möglich.
Eigentlich sollte Ihre Premiere für die DFB-Auswahl schon im Oktober gegen England stattfinden, das Duell wurde dann aber wegen Corona abgesagt...
Das war sehr schade, denn wir alle hatten uns schon darauf gefreut, sie im deutschen Trikot auflaufen zu sehen. Umso schöner, dass es jetzt geklappt hat. Leider ist dafür auch die U-20-WM in Costa Rica ausgefallen, das wäre für sie auch ein großes Highlight gewesen.
Drei Tage nach der Premiere blieb Ihrer Schwester dann gegen die Niederlande ein weiterer Einsatz verwehrt. Ist der große Bruder enttäuscht?
Nein, es war nicht unbedingt damit zu rechnen, dass Nici auch in diesem Spiel Einsatzminuten kriegen würde. Die nächsten Länderspiele kommen bestimmt, und wenn sie im Verein weiterhin ihre Leistungen bringt, wird sie sicherlich wieder eine Chance erhalten.
Wie geht es bei Ihnen auf dem Platz und außerhalb des Fußball weiter?
Im Moment bereit ich mich auf meine Abschlussprüfung zum Industriemechaniker vor. das hat absolute Priorität. Aber na klar vermisse ich den Fußball. Wir müssen ja jetzt schon eine lange Zeit darauf verzichten, die Jungs und das Mannschaftstraining fehlen mir.. Aber das geht ja nicht nur mir so. Und auch wenn ich sehr gerne meiner Schwester beim Kicken zusehe: Hoffentlich können wir auch bald wieder auf den Platz.