Oberhausen. Sportlich soll sich wenig ändern, administrativ viel. RWO trennt sich von DFB-geforderten Bedingungen für Jugendarbeit. Personal wird entlassen.
RWO muss sparen. Deshalb will/kann sich der Verein den finanziellen Mehraufwand, ein DFB-zertifiziertes Jugendleistungszentrum zu betreiben, nicht mehr leisten. Im sportlichen Bereich soll sich wenig ändern, gekündigt wird den Mitarbeitern des administrativen Überbaus zum 30. Juni. Das geht vom hauptamtlichen Fußballlehrer über den administrativen Leiter (hauptberuflich) bis hin zum sozialen Leiter und Psychologen. Die Vorstände Hajo Sommers und Thorsten Binder: „Das alles geschieht schweren Herzens. Aber um den Gesamtverein nicht zu gefährden, müssen wir diesen Weg gehen.“
In der Summe spart RWO mit dem Abbau der Arbeitsplätze um die 300.000 Euro pro Jahr ein. Die werden trotzdem nicht ausreichen, den coronabedingten Einnahmeausfall des Regionalligisten aufzufangen. Sommers: „Es werden weiter Einsparmaßnahmen kommen, da wir davon ausgehen müssen, dass die publikumsträchtigen Spiele in diesem Jahr nicht so stattfinden, wie wir es erhofft hätten. Binder: „Zudem gibt es von der Landesregierung keine Signale, wie dieser Ausfall ausgeglichen werden könnte.“ Sommers: „Im Prinzip ist es wie zu Anfang der Pandemie: Wir kämpfen ums Überleben.“
Sommers: „Wir kämpfen ums Überleben“
Durch den Aufstieg in die 2. Bundesliga in der Saison 2008/2009 war der Aufbau eines vom Deutschen Fußballbund (DFB) zertifizierten Nachwuchsleistungszentrums (NLZ) eine Lizenzbedingung. 2011 war das NLZ an der Lindnerstraße bezugsfertig. Etwas mehr als zehn Jahre später muss sich RWO von dieser Einrichtung verabschieden.
Da das alte Trainingszentrum „an der Landwehr“ nicht den zeitgemäßen Bedingungen entsprach (ein Rasenplatz und zwei Aschefelder, veraltete Kabinen und Duschen), schuf der Verein mit Hilfe der Stadt Oberhausen 2011 auf der Emscherinsel direkt am Stadion Niederrhein ein neues Leistungszentrum.
Das mittlerweile in der Regionalliga freiwillig geführte und mehrfach zertifizierte Zentrum war zuletzt ein Aushängeschild des Vereins und der Stadt. Neben RWO besitzen nur ganz wenige der aktuell 90 in der Regionalliga spielenden Vereine ein derartiges Zentrum.
Zum Vergleich: Während alle Erst- und Zweitligisten dazu verpflichtet sind (Lizenzbedingung), besitzen selbst in der 3. Liga nur rund die Hälfte aller Klubs ein solches Leistungszentrum.
Viele Erfolge, bekannte Namen wie Max Meyer oder Felix Passlack
Das NLZ konnte trotz geringfügigen Budgets in den vergangenen zehn Jahren glänzen. Bei der alljährlich ausgeschriebenen Fritz-Walter-Medaille (Verleihung der besten deutschen Juniorenspieler des Jahrganges) wurde zweimal Silber (Max Meyer, 26, aktuell Fenerbahce Istanbul) und einmal Gold (Felix Passlack, 23, aktuell Borussia Dortmund) errungen.
Zudem schafften es mit Gideon Jung (27, lange Hamburger SV, aktuell SpVgg Greuther Fürth) und Chris Führich (24, über den 1. FC Köln, Borussia Dortmund und den SC Paderborn aktuell beim VfB Stuttgart) zwei weitere Oberhausener Eigengewächse auf die große Bühne des deutschen Fußballsports.
Das alles hatte und hat seinen Preis ohne einen für den Verein nennenswerten Gegenwert. RWO kann und will die jedes Jahr gesteigerten personellen und infrastrukturellen Anforderungen des DFB nicht mehr tätigen.
Vorstandsvorsitzender Hajo Sommers: „Die Kosten in dieser Saison belaufen sich auf über 650.000 Euro. Ohne das Wohl des Gesamtvereins nach fast zwei Corona-Spielzeiten zu gefährden, ist das ein Ding der Unmöglichkeit! Ab der Saison 2023/24 plant der DFB eine nochmalige Reform für alle Leistungszentren. Spätestens dann wird ein kleiner Viertligist nicht mehr in der Lage sein, mit den großen Bundesligisten in einem Teich zu schwimmen.“
Keinen nennenswerten Gegenwert für den Verein
Aus diesem Grund haben sich der RWO-Vorstand und der rot-weiße Aufsichtsrat nach vielen kontrovers geführten Diskussionen und in enger Abstimmung mit dem langjährigen Partner evo entschlossen, ab dem 30. Juni die vom DFB geforderten personellen Anforderungen nicht mehr zu erfüllen und damit auf den Status „Zertifiziertes Nachwuchsleistungszentrum“ zu verzichten.
Sommers: „Nach all den letzten Jahren, in denen wir in dieses Projekt sehr viel Geld, Arbeit und Mühe gesteckt haben, fiel die Entscheidung vorrangig mit einem weinenden Auge. Aber wir sind für die Zukunft voller Zuversicht, dass wir weiterhin eine hervorragende Jugendarbeit bei RWO gewährleisten können.“
Dies sei auch der evo sehr wichtig:
„Die RWO-Zukunft ist und bleibt die Jugend – eben jetzt nur ohne Stempel und Auflagen des DFB. Wir blicken voller Hoffnung auf einen neuen Abschnitt in der RWO-Jugendarbeit und werden selbstverständlich auch in Zukunft all das anbieten, was Fußball nach unserer und der Meinung der RWO-Verantwortlichen im Jugendbereich ausmacht“, sagt Sabine Benter, Leiterin der Unternehmenskommunikation evo.
Sportlich weiter Qualitätsarbeit abliefern
Im Klartext heißt das, auch in Zukunft will Rot-Weiß Oberhausen ausdrücklich:
möglichst in den höchsten deutschen Spielklassen spielen
weiterhin nur Trainer mit den notwendigen Lizenzen beschäftigen
auf eine ganzheitliche Betrachtungsweise (Schule, Leben, Ausbildung, Beruf, Zukunft, Sozialverhalten etc.) Wert legen, und dies bei der Fußballausbildung sogar noch mehr als in den letzten Jahren
weiterhin daran arbeiten, Kinder und Jugendliche so auszubilden, dass sie in der ersten Mannschaft spielen wollen und können
Das Nachwuchsleistungszentrum ist vorbei, ab 1. Juli gibt es das „evo-Jugendfußball-Förderzentrum Lindnerstraße“!
Sommers: „Wir werden nicht schlechter, aber vielleicht freier“
Der SC Rot-Weiß Oberhausen bedankt sich bei allen Beteiligten, insbesondere bei dem langjährigen Jugendpartner evo, die in den vergangenen Jahren maßgeblich dazu beigetragen haben, dieses Niveau erreicht zu haben. „Dass RWO im Nachwuchsbereich immer eine sehr gute Rolle gespielt hat, ist nicht selbstverständlich. Wir waren gut und werden jetzt nicht schlechter, aber vielleicht freier“, so Sommers.