Gevelsberg..
Dass beim Kung Fu, der alten chinesischen Kampfkunst, keineswegs die reine (Muskel-)Kraft im Vordergrund steht, lässt manchen Fan des chinesischen Schauspielers Jackie Chan und seinen rasanten Leinwand-Abenteuern ungläubig mit dem Kopf schütteln. Doch wer jetzt in Gevelsbergs Halle West bei den 15. Internationalen Offenen Meisterschaften im Kung Fu vorbeischaute, dem offenbarte sich ein ästhetisches, zum Teil gar beruhigendes Schauspiel.
Zahlreiche chinesische Fahnen und Drachenköpfe sind in der gesamten Sporthalle verteilt und verleihen ihr eine fernöstliche Atmosphäre. In traditionellen Kampfanzügen präsentieren die Protagonisten hochkonzentriert ihre einstudierten Choreographien voll fließender Bewegungen unter den wachsamen Augen der Punktrichter. Manche auch mit Stöcken und Schwertern, als gehe es gegen unsichtbare Gegner.
Gegenseitiger Respekt spielt beim Kung Fu eine große Rolle
Es ist die Suche nach den, von Wissenschaftlern nicht unumstrittenen, Chi-Kräften. Chi, das ist in der Tradition eine durch besondere Atmung, Körperspannung und Geschwindigkeit freigesetzte Energie im menschlichen Körper. Im Kung Fu spielt sie eine zentrale Rolle. „Es kommt tatsächlich nicht so sehr auf die Kraft an“, erklärt Klaus Agarius und lässt seinen Blick durch die Halle schweifen. Agarius ist Mitglied des Gevelsberger Kampfkunstvereins Shaolin Hung Choy, der die Titelkämpfe des Traditionellen Kung Fu Verbandes Deutschland (TKV) ausrichtete. Es ist eins von drei großen Turnieren in Deutschland, bei dem knapp 200 Teilnehmer in 78 Kategorien unter anderem um die Teilnahme an der Weltmeisterschaft in Malaysia (Oktober) kämpfen.
Bei den vier Grundformen, Hand-, Partner- und Waffenformen sowie den Kämpfen Eins gegen Eins spielt der gegenseitige Respekt eine große Rolle. „Die Meisterschaften sind Plattformen, um sich kennen zu lernen und neue Kontakte zu knüpfen“, bekräftigt Klaus Agarius.
Unter den Sportlern befinden sich natürlich auch viele junge Akteure. Wichtig: Anders als die erfahrenen Kung Fu-Kämpfer tritt der Nachwuchs in den direkten Duellen aber freilich nicht im Vollkontakt gegeneinander an. Agarius: „Sie messen sich sportlich, ohne sich dabei weh zu tun.“
Yamine Bouchelaghem ist 17 Jahre alt und schon lange dabei. „Mich fasziniert, dass hier so viel Wert auf Tradition gelegt wird. Die Gemeinschaft ist wie eine Familie“, beschreibt er seine Leidenschaft. Keine Frage, dass dafür nicht ausschließlich pure Muskelkraft von Nöten ist.