Schwelm..


Timo Hager kennt sich aus – mit Neuanfängen und damit, dass man nie aufgeben sollte. Seit seinem 19. Lebensjahr lebt der neue Trainer des Aufsteigers in die Volleyball-Oberliga, TG Rote Erde Schwelm, mit einer Beinprothese. Und legte allen Widrigkeiten zum Trotz eine sportliche Bilderbuchkarriere hin.

Doch am Anfang stand der blanke Horror. Er war bereit zum Abflug in die USA – zum Austauschjahr. Doch dann holt den 15-jährigen Timo Hager die Diagnose brutal auf den Boden der Realität zurück: Knochenkrebs. Wenige Tage später beginnt die Chemotherapie und ein langer Leidensweg. Der Jugendliche bekommt einen künstlichen Oberschenkelknochen und ein neues Kniegelenk. Doch die drei Jahre andauernden Behandlungen mit unzähligen Krankenhausaufenthalten und Schmerzen helfen nicht. Er kann halbwegs an Krücken laufen. „Ein Leben an Krücken, das war keine Lebensperspektive“, sagte der heute 41-Jährige vor sechs Jahren in einem Gespräch mit der WAZ. Hager wollte sein Bein nur noch loswerden.

73 Länderspiele

Eine Umkehrplastik, bei der der Unterschenkel um 180 Grad gedreht, an der Hüfte angebracht und nach unten durch eine Prothese verlängert wurde, ermöglicht es ihm heute, ein weitgehend „normales“ Leben zu führen – ohne Schmerzen, ohne Krücken. Er hatte schon mit dem Sport abgeschlossen. Mit 20 Jahren begann er an der Uni mit Volleyball, eignete sich vieles autodidaktisch an. Er folgten 73 Länderspiele mit der Nationalmannschaft der Behinderten, mit der er unter anderem Gold bei den Paralympics in Sydney 2000 und Gold bei den Weltmeisterschaften 2007, 2008, 2009 und 2011 gewann. Aktuell plant er und trainiert für ein Comeback im Beachvolleyball. Kaum verwunderlich, wenn er findet, dass späte Talente bei ihm gut aufgehoben seien. „Ich habe mir meine Identität wiedergeholt und mich wieder als vollwertiger Mensch gefühlt“, erklärt Timo Hager. Eines war zwar eine Prothese, aber er stand wieder mit zwei Beinen voll im Leben.

Wenn heute jemand zu ihm sagt: „Das kann ich nicht. Das ist zu schwierig“, dann bringt ihn das auf die Palme. „Geht nicht, gibt’s für mich nicht. Man kann selbst einem 25-jährigen Sportler noch Neues beibringen und verborgene Potenziale ausgraben“, sagt der Berufsschullehrer mit Verweis auf seine eigene sportliche Karriere.

Der in Remscheid wohnende Pädagoge spielte die Mittelblockerposition beim TSV Bayer Leverkusen, arbeitete als Trainer unter anderem beim TV Gladbeck. Zuvor hatte
er bei der TSG Solingen innerhalb von fünf Jahren eine weibliche Jugendabteilung aufgebaut, deren B-Jugend 2009 an der Westdeutschen Meisterschaft teilnahm.

Kein Einknicken

Anpacken, das ist sein Stichwort. Wenn man Timo Hager auf seine Ziele anspricht, dann ist für eines erst einmal vorrangig, jungen Leuten mit auf den Weg zu geben: „Durchhalten! Wir stehen hier und kommen vielleicht nur Zentimeter voran. Aber wir knicken nicht ein.“ Wer wollte einem wie ihm da schon widersprechen.