Dortmund. Bei der Wahl des passenden Laufreviers sind Läufer nicht zimperlich und machen selbst vor Friedhöfen nicht halt. Doch ist das überhaupt erlaubt?

Gerade in Großstädten sind Grünflächen mitunter rar. Nicht jeder hat das Glück, am Waldrand oder in unmittelbarer Nähe zu einem Park zu wohnen und dort auch mal spontan die Laufschuhe ausführen zu können. Wer es dennoch gerne grün um sich hat, könnte auf den nächst gelegenen Friedhof zurückgreifen. Doch ist es nicht pietätlos, dort seinem Sport nachzugehen, wo Menschen um ihre Liebsten trauern?

Die Antwort ist nicht so einfach, denn immerhin ist Pietät eine sehr private Sache. Da ich selbst Läufer bin, empfinde ich es nicht als störend, jemanden in Laufklamotten über den Friedhof rennen zu sehen. Mich stören da eher Hunde auf dem Friedhof. Es kommt oft vor, dass ich auf dem Friedhof, der direkt vor meiner Haustür liegt. kurz am Grab meines Opas vorbei laufe und in Gedanken einen kurzen Gruß schicke.

Um sicher zu gehen, habe ich bei der Stadt und den für Dortmund zuständigen Stellen der evangelischen und katholischen Kirche nachgefragt, wie sie zu Sport auf Friedhöfen stehen. Die Einstellung zum Laufen zwischen Gräbern ist sehr unterschiedlich.

Stadt Dortmund: Laufen erlaubt, Ballspielen verboten

"Friedhöfe sind nicht  nur letzte Ruhestätte sondern auch Kulturstätte, "grüne Lunge" und Erholungsgebiet. Nordic-Walking-Gruppen und Jogger haben insbesondere den Hauptfriedhof schon lange als Laufstrecke entdeckt", heißt es seitens der Stadt Dortmund. Kein Wunder, denn der Hauptfriedhof ist fast doppelt so groß wie der Westfalenpark. Läufer werden allerdings um Rücksichtnahme auf Trauernde gebeten. "Die nötige Pietät ist zu wahren", so die Stadt. Der einfachste Weg, Beerdigungen aus dem Weg zu gehen, sind samstägliche Läufe - denn dann finden keine Beerdigungen auf städtischen Friedhöfen statt. Und wenn man als Läufer eine Beerdigungsgesellschaft erspäht, dürfte es für niemanden ein Problem sein, kurz zu stoppen und einen großen Bogen um die Trauernden zu machen.

Für die zahlreichen Jogger und für Senioren stehen Fitnessgeräte auf dem Dortmunder Hauptfriedhof.
Für die zahlreichen Jogger und für Senioren stehen Fitnessgeräte auf dem Dortmunder Hauptfriedhof. © Stefan Reinke | Stefan Reinke

Auf ihren Friedhöfen duldet beziehungsweise erlaubt die Stadt Laufen, Radfahren, Nordic Walking und Thai Chi. Für Senioren wurden auf dem Hauptfriedhof eigens Bewegungsgeräte aufgestellt. "Beschwerden hat es noch nicht gegeben", sagt Sigrid Müller, Leiterin der Friedhofsbetriebe. Im Winter werden auch rodelnde Kinder auf der großen Wiese im Herzen des Hauptfriedhofs geduldet. Müller begrüßt das sportliche Treiben auf den Friedhöfen auch aus Sicherheitsgründen. "Wenn Leben auf einem Friedhof ist, ist es dort sicherer", erklärt sie. Nach der gültigen Friedhofssatzung ist es nicht erlaubt, "Schieß- Wurf- und Schleudergeräte zu benutzen". Ballspielen ist demnach nicht gestattet. Im Übrigen habe sich jeder "der Würde des Ortes entsprechend" zu verhalten.

Auf städtischen Friedhöfen dürfen wir Läufer also ohne schlechtes Gewissen unserem Hobby nachgehen. Was "die Würde des Ortes" nun genau ist, muss im Zweifel jeder mit sich selbst ausmachen. Ich würde sagen, dass es auf einem Friedhof nicht unbedingt sein muss, zu spucken. Intervalltrainings und Tempoeinheiten würde ich ebenfalls nicht auf einem Friedhof absolvieren.

Evangelische Kirche: Sportliche Betätigung untersagt

Um evangelische Friedhöfe sollten Läufer besser einen Bogen machen. "Die Mustersatzung für die evangelische Kirche in Westfalen verbietet sportliche Betätigung auf Friedhöfen", sagt Uwe Bitzel, Sprecher des evangelischen Kirchenkreis Dortmund. Im Gegensatz zu städtischen Ruhestätten seien die kirchlichen in der Regel auch viel zu klein.

Als Läufer sollte man also akzeptieren, dass evangelische Friedhöfe tabu sind. Vorsicht ist da auf dem Hörder Friedhof geboten, denn der ist in einen städtischen und einen evangelischen Teil unterteilt.

Katholische Friedhöfe: Grundsätzlich ein Ort für die Lebenden

Die katholische Kirche sieht es nicht ganz so eng. "Die eigentliche Idee eines Friedhofes ist es, Ruhe zu finden", sagt Michael Bodin von der Pressestelle der katholischen Kirche in Dortmund. Menschen müsse es möglich sein, zu trauern, daher sei es nicht geboten, "Friedhöfe als Sportstätten" zu nutzen. "Grundsätzlich sind Friedhöfe auch ein Ort für die Lebenden", sagt Bodin. Es keine Satzung, die es verbiete, einen Abstecher über den Friedhof in eine Laufstrecke zu integrieren. Doch natürlich gilt es auch auf katholischen Friedhöfen, die Pietät zu wahren.