Schritt für Schritt zu einem gesunden Lauftraining
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Lesezeit: 7 Minuten
Essen. Regelmäßiges Lauftraining kann zum gesunden Wohlbefinden beitragen. Was aber sollten Anfänger und Profis besonders in der kalten Jahreszeit unbedingt beachten? Unser Lauf-Experte Dr. Schubert gibt Antworten im Interview.
Herr Dr. Schubert, den inneren Schweinehund zu überwinden, ist nicht unbedingt ein medizinisches Problem. Trotzdem scheitern viele guten Vorsätze für ein Lauftraining an fehlender Motivation. Warum?
Dr. Schubert: Das Entscheidende ist eine sehr lebendige Zielvorstellung, die ich verinnerliche. Etwa: Ich will Fett abbauen, ich will meine Leistungsfähigkeit verbessern, ich will Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen. Ein klarer Ansatz, warum ich das regelmäßige Training betreibe, sollte vorhanden sein.
Wieso ist es so wichtig, gerade zum Trainingsbeginn seine persönliche Form richtig einzuschätzen?
Dr. Schubert: Gerade bei Trainingsbeginn oder Wiederaufnahme des Trainings nach einer längeren Pause besteht die Gefahr, sich zu überschätzen und sich so schnell zu überfordern. Man erinnert sich an das alte Lauftempo, an frühere Laufzeiten, ist enorm motiviert und bemerkt nicht, dass die tatsächliche Leistungsfähigkeit schlechter ist als angenommen. Die Folge kann eine Überlastung sein, die demotiviert, enttäuscht, die Muskulatur übersäuert und ihre Erholungsfähigkeit beeinträchtigt. Und ganz wichtig ist: Habe ich sehr lange keinen Sport mehr betrieben, sollte ich auch sicher sein, dass Herz und Kreislauf fit genug sind für das anstehende Trainingsprogramm.
Welche Vorsichtsmaßnahmen müssen bei der gleichzeitigen Einnahme von Medikamenten beachtet werden?
Dr. Schubert: Bestimmte Medikamente verändern die Leistungsfähigkeit, reduzieren die Pulsbereiche der Leistungsschwellen, verändern die Atemfunktion oder verändern die eigene Wahrnehmung der Belastbarkeit. Man sollte vor Trainingsbeginn mit dem verordnenden Arzt oder einem Sportmediziner über diese Gefahren sprechen, gegebenenfalls muss die Medikamenteneinnahme auch umgestellt werden - natürlich unter ärztlicher Kontrolle.
Wann sollte ein Lauftraining erst nach Rücksprache mit einem Arzt aufgenommen werden?
Dr. Schubert: Natürlich wenn ich mich nicht gesund fühle, wenn ich eine ernsthafte Erkrankung hinter mich gebracht habe, wenn bei einer Untersuchung ein erhöhter Blutdruck festgestellt worden ist, wenn ich Pulsunregelmäßigkeiten bemerke, unter Kopfschmerzen oder Kopfdruck leide. Wenn ich - lapidar gesprochen - bemerke, dass ich nicht mehr „der Alte“ bin, dass ich selbst beim Treppensteigen schon schnell außer Atem komme.
Viele Läufer sind sich unsicher bei der Intensität des Trainings. Welche Bedeutung haben Ruhephasen für einen regelmäßig trainierenden Sportler?
Dr. Schubert: Hier muss man unterscheiden zwischen Sportlern, die systematisch, also nach Trainingsplan trainieren und solchen, die „einfach so“, ungezielt und unkontrolliert ihrem Sport nachgehen. Der Trainingsplan wird entsprechende Pausen vorsehen - je nach Intensität, Vorhaben, Zeitplanung. Für alle anderen sind Erholungsphasen sinnvoll und wichtig, die Muskulatur benötigt Zeit zum Regenerieren, die Gelenke, Bänder und Sehnen, also der ganze Bewegungsapparat muss seine „Reparaturarbeiten“ leisten können. Auch mental ist die Pause wichtig, damit die Motivation, die Freude am Sport zu schnell auf der Strecke bleibt.
Trotz aller Vorsicht kommt es beim Lauftraining manchmal zu Verletzungen. Mit welchen Beschwerden haben die Fachärzte am häufigsten zu tun?
Laufen im Winter
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Dr. Schubert: Im Winter entstehen häufig muskuläre Überlastungsreaktionen wie Verhärtungen und Zerrungen der Beinmuskeln, aber auch Beschwerden im Bereich der Rückenmuskulatur durch Kälte und Bodenhärte. Daneben liegt die Gefahr bei Eisglätte im Wegrutschen und Umknicken mit den Folgen von Band- und Sehnenverletzungen der Sprung- und Kniegelenke. Außerdem belastet harter Boden auch die Füße außerordentlich.
... wie kann man die Verletzungsgefahr nachhaltig vermindern?
Dr. Schubert: Gut gedämpfte Schuhe sind sehr wichtig, einschließlich einer rutschfesten, gut führenden Schuhsohle. Auch auf gut wärmende, aber trocken haltende Winterbekleidung („Funktionswäsche“) sollte man nicht verzichten. Sinnvoll ist auch, mehr Zeit für das Aufwärmen einzuplanen, und grundsätzlich gute körperliche Fitness. Wer neben dem Laufsport auch auf eine ausgewogene, gut trainierte Muskulatur achtet, wer seine Kraft und Koordination schult, der sollte vor Verletzungen gewappnet sein.
In der Erkältungszeit wollen viele Sportler nicht auf ihr Training verzichten. Wann können die Laufschuhe tatsächlich geschnürt werden, und wann ist eine Ruhepause ratsam?
Dr. Schubert: Natürlich kann man auch in dieser Zeit trainieren - es sei denn, man ist selbst erkältet. Also bei Fieber (gemeint sind Temperaturen über 37 Grad), Schnupfen, Husten, Unwohlsein sollte man zu Hause bleiben. In dieser Zeit ist die Zufuhr von natürlichen Vitaminen (z.B. die „heiße Zitrone“) besonders wichtig. Und die richtige Kleidung: also Mütze auf den Kopf, Windstopper-Jacken und Winter-Laufhosen schützen vor dem Auskühlen und damit vor der Gefahr, das Immunsystem zu schwächen.
Auf der anderen Seite: Welche Vorzüge bringt das Lauftraining für einen gesunden menschlichen Organismus mit sich?
Dr. Schubert: Wir wissen, dass ein ausgewogenes regelmäßiges Training das Immunsystem stärkt. Dazu gibt es inzwischen viele wissenschaftliche Studien. Wichtig ist die richtige Dosierung des Trainings, deswegen halte ich die Durchführung einer Leistungsdiagnostik zur Trainingssteuerung für besonders wichtig und sinnvoll. Falsches Training kann das Gegenteil bewirken. Das richtige Training ist auch ein dauerhafter Schutz vor Herz- und Kreislauferkrankungen. Auch die positiven Effekte auf die Psyche sind bekannt: Ausgleich und Entspannung durch Ausdauersport kennt jeder, der diesen einmal konsequent betrieben hat.
Normalerweise heißt es speziell für aktive Menschen: Trinken, trinken, trinken! Kann ein Sportler auch zu viel Flüssigkeit zu sich nehmen?
Dr. Schubert: Eigentlich nicht. Der Flüssigkeitsbedarf steigt beim Ausdauersport stark an und die meisten Sportler trinken eher zu wenig. Problematisch ist allerdings in der kalten Jahreszeit, dass deutlich weniger Flüssigkeit des Körpers verdampft oder verdunstet und dadurch der Bedarf geringer ist als in der warmen Jahreshälfte. Um das auszutesten, kann man sich vor und nach dem Training auf die Waage stellen - optimale Trinkmenge bedeutet, dass das Gewicht konstant bleibt. Bitte immer daran denken, dass kochsalzhaltige Getränke wegen der für Sportler wichtigen Natriumzufuhr wichtig sind.
Wann sollten Läufer auch ohne Beschwerden für eine Grunduntersuchung einen Arzt aufsuchen?
Dr. Schubert: Jeder ambitionierte Läufer sollte zu Beginn seines Trainings eine sportärztliche Untersuchung durchführen lassen, sofern dies noch nicht geschehen ist. Jeder Hobbysportler über 40 sollte dies ebenfalls tun. Wesentlich sind hier die Spiroergometrie (Leistungsdiagnostik) und die Ultraschall-Untersuchung des Herzens (Echokardiographie). Mit diesen beiden Untersuchungen können bedrohliche Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems weitgehend ausgeschlossen werden. Die Spiroergometrie liefert darüber hinaus Informationen, anhand derer Trainingsprogramme erstellt werden können.
Das Gespräch führte Dirk Hein
Ihre Frage, bitte! In seiner Onlinesprechstunde beantwortet unser Experte Dr. Joachim Schubert die Fragen der DerWesten-Leser rund um das Thema Laufen. Schreiben Sie eine Mail an dr.schubert@derwesten.de . Die Antworten lesen Sie regelmäßig jeden Monat auf www.derwesten.de/schubert.
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