Essen/Köln. Der Ironman-Teilnehmer trank zu viel Leitungswasser und starb an Natrium-Mangel. Worauf beim Sport in der Hitze geachtet werden sollte.

„Viel Wasser trinken ist gesund“, so eine alte Binsenweisheit. Daran hielt sich auch ein 30-jähriger Brite, der am vergangenen Hitze-Wochenende am Frankfurter Ironman teilnahm – und im Ziel zusammenbrach. Am Mittwoch verstarb der Triathlet im Krankenhaus, Ursache ist ein durch Natrium-Mangel ausgelöstes Hirnödem.

Es klingt kurios: Aber der Amateur-Sportler trank zu viel Leitungswasser, der körpereigene Elektrolyt-Haushalt rutschte ins tödliche Ungleichgewicht. Georg Predel, Professor an der Deutschen Sporthochschule in Köln, erklärt, wie es dazu kommen konnte und welche Vorkehrungen zu treffen sind. Eins gleich vorweg: Hobby-Sportler, die ein paar Runden im Park joggen, gehören nicht zur gefährdeten Gruppe.

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Ist Leitungswasser bei Sport genauso gut wie Mineralwasser?

Prof. Georg Predel: Das kommt sowohl auf das Leitungs- als auch auf das Mineralwasser an – und natürlich auf die individuelle Belastung. In Deutschland stellt die Trinkwasserverordnung sicher, dass das Leitungswasser Mindeststandards einzuhalten hat. Generell gilt Leitungswasser als das am stärksten kontrollierte Lebensmittel hierzulande. Auch Leitungswasser kann Mineralstoffe enthalten. Allerdings variiert der Gehalt stark von Region zu Region, Auskunft gibt es bei den örtlichen Gesundheitsämtern. In Mineralwasser stecken nicht – wie der Name vielleicht suggeriert – besonders viele Mineralien. Die Bezeichnung garantiert lediglich, dass die Menge an Mineralien gleichbleibend ist. Bei sportlichen Belastungen sollte in jedem Fall auf eine natriumhaltige Flüssigkeitszufuhr geachtet werden.

Gibt es eine Faustregel, wie viel Wasser man beim Sport zu sich nehmen sollte?

Ja, solche Faustregeln gibt es, davon bin ich aber kein Freund. Es wird zum Beispiel geraten, dass man in der Zeit der körperlichen Belastung 0,7 bis 1 Liter pro Stunde trinken sollte. Viel wichtiger ist es jedoch, sich individuell beraten zu lassen, vor allem, wenn man sich so einer großen Herausforderung wie einem Triathlon stellt. Auf die Vorbereitung kommt es an und dazu gehört nicht nur das Training. Welche Getränke sind die richtigen für mich und wann soll ich wie viel trinken? Durst zu haben ist kein Gefühl, auf das man sich blind verlassen sollte. Die meisten Menschen trinken tendenziell zu wenig, was aber auch keine lebensbedrohlichen Dimensionen annimmt. Umgekehrt gibt es aber auch das Phänomen, dass man zu viel des Guten zu sich nimmt. Extremsportler wie Marathon-Läufer übertreiben es manchmal mit der Wasserzufuhr, wir sprechen dann von einer Hyperhydration oder Wasservergiftung.

Wie sieht so eine Wasservergiftung aus?

Pauschal lässt sich nicht sagen, dass eine Wasservergiftung durch zu viel Flüssigkeit entsteht. Entscheidender als die Menge ist vielmehr die Zusammensetzung. Beim Schwitzen verliert der Körper Salze – Natrium – das wieder zugeführt werden muss. Gefährlich wird es, wenn die Menge an Flüssigkeit zu der Menge an Salzen im Körper aus dem Gleichgewicht gerät. Die Folge der Natriumarmut: Das aufgenommene Wasser kann im Blutsystem nicht mehr gebunden werden, Flüssigkeit tritt ins umliegende Gewebe. Im schlimmsten Fall lagert sich Wasser im Gehirn an und lässt es anschwellen, so wie es bei dem Frankfurter Triathleten passiert ist. Eine Wasservergiftung muss aber nicht immer gleich tödlich verlaufen.

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Woran erkenne ich schon vorher einen Natrium-Mangel?

Wenn der Natrium-Spiegel sinkt, macht sich das häufig an pochenden Kopfschmerzen, Verwirrung, Müdigkeit oder einer keuchenden Atmung bemerkbar. Oft setzen auch Krämpfe ein.

Das Rekordhitze-Wochenende hat Deutschland ganz schön ins Schwitzen gebracht. Ist Sport bei solchen Temperaturen noch gesund?

Vielleicht sollte man sich gründlich überlegen, ob man solche Veranstaltungen wie den Frankfurt Triathlon bei derartiger Hitze tatsächlich austrägt. Aber das ist natürlich eine Grundsatzdiskussion. Den Athleten muss jedenfalls bewusst sein, dass sie für sich selbst Verantwortung tragen und nur an den Start gehen sollten, wenn sie dementsprechend vorbereitet sind. Dazu gehört wie gesagt nicht nur das Training, sondern auch ein individuelles Coaching hinsichtlich der Getränke. In unseren Breitengraden sind derartige extreme Wetterbedingungen eher unüblich. Der Fall vom Wochenende ist daher zum Glück eine seltene Ausnahme. Sehr unwahrscheinlich, dass so etwas einem durchschnittlichen Hobby-Sportler passiert.