Essen. . Bei den letzten fünf Weltmeisterschaften hatte Australien ein Abonnement auf den letzten Platz. Bei der WM 2015 in Katar aber müssen die Jungs aus down-under der eigentlich nicht qualifizierten DHB-Auswahl Platz machen. „Es ist ein echter Herzensbrecher“, sagt Kapitän Bevan Calvert.

Mit dem deutschen Handball kennt sich Bevan Calvert bestens aus. Kein Wunder, spielt der Australier (28) doch seit fünf Jahren für den TSV Altenholz bei Kiel in der 2. Bundesliga – also in dem Land, das 2015 statt der Nationalmannschaft aus down-under per Wildcard bei der WM in Katar startet. „Eine traurige Geschichte“, findet der australische Kapitän – auch wenn er wohl ein sechstes Mal Letzter werden würde.

Haben Sie Ihre Sachen gepackt, um Deutschland zu verlassen?

Bevan Calvert: (lacht) Nein, auf gar keinen Fall. Es ist ja auch nicht Deutschlands Schuld, die haben nichts zu tun mit der Entscheidung.

Der DHB hat sich nicht qualifiziert, ist aber in Katar dabei – wie unfair ist das aus Ihrer Sicht?

Calvert: Es ist ein echter Herzensbrecher. Wir haben mit der WM-Teilnahme fest gerechnet, auch in dem Wissen, dass wir keine starke Mannschaft sind. Es gab ein paar mal das Gefühl, dass der Verband uns wegen der Leistungen rausschmeißen würde, aber dass es so nah vor der WM passiert und dann unter diesen Bedingungen... Eigentlich ist es keine Weltmeisterschaft mehr.

Macht es Ihnen viel Spaß, teilweise 50 Tore im Spiel zu kassieren und immer Letzter zu werden?

Calvert: Es ist ganz frustrierend, denn ich liebe diesen Sport. Wir fahren aber zur WM, um gegen celebrity player, also die großen Stars anzutreten. Es gibt immer Exoten bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen – sie gehören dazu, wenn die Welt zusammenkommt.

Haben Sie den Eindruck, dass der Weltverband IHF mit seiner Entscheidung die Qualifikationsspiele zwischen Deutschland und Polen abgewartet hat?

Calvert: Ich wünschte, ich könnte das zu 100 Prozent verneinen, aber ich habe keine Ahnung, was die IHF sich dabei gedacht hat.

Vielleicht, dass sie Deutschland aus kommerziellen Gründen mehr braucht als Australien?

Calvert: Deutschland ist die Hauptstadt des Handballs mit der stärksten Liga, den meisten Zuschauern. Wir Australier sind lauter Amateure, haben 1000 bis 2000 Spieler, kein echtes Liga-System und kaum Zuschauer. Wenn die IHF eine Nation braucht, dann sicher Deutschland.

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Welche Chancen haben Sie denn jetzt noch auf das WM-Ticket?

Calvert: Seit der Gruppenauslosung werden die immer kleiner. Es ist schwierig, unser Verband besteht aus Amateuren, die Arbeit machen ein paar Freiwillige. Wenn wir juristisch dagegen vorgehen wollen – wer soll die Kosten decken? Im Normalfall kommt dies dann auf die Mannschaft zurück.

Im Ernst?

Calvert: Klar, die Nationalspieler, die in Australien wohnen, sagen: Was ist mit dem ganzen Geld, das wir ausgegeben haben? Die beiden Qualifikationsspiele gegen Neuseeland haben jeden 1500 australische Dollar (rund 1000 Euro, d.Red.) gekostet. Wir müssen auch Trainingslager selbst bezahlen, für die Jungs in Australien sind das schonmal im Jahr 3000 Dollar. Wir acht Nationalspieler, die in Europa sind, kommen günstiger weg, wenn wir uns in einer Saisonpause zum gemeinsamen Training treffen.

Die IHF sagt, der Handball in Ozeanien entwickle sich nicht weiter.

Calvert: Bei Rugby, Aussie Football und Fußball, der stark wächst, haben Handballer nicht den Stellenwert. Wir hatten durch die Olympischen Spiele 2000 in Sydney gute Voraussetzungen: Die Spiele waren immer ausverkauft, alle hatten viel Spaß, es gibt auch genug Hallen. Man müsste die Einstellung zum Handball überarbeiten.

Bei sieben WM-Teilnahmen hat Australien erst ein Spiel gewonnen, 2003 gegen Grönland – haben Sie den Traum aufgegeben, auch mal eines zu gewinnen?

Calvert: Nein, ich bin noch nicht fertig mit meiner Mannschaft. Ein Spiel mal nicht nur in Ozeanien, sondern auch bei der WM zu gewinnen, wäre etwas Wunderbares.