Köln. . Erhard Wunderlich war das jüngste Mitglied der deutschen Weltmeistermannschaft von 1978. Der Rückraumspieler galt als begnadetes Offensivtalent und wurde 1999 zum „deutschen Handballer des Jahrhunderts“ gewählt. Nun ist er im Alter von 55 Jahren gestorben.

Himbeereis und Weißbier. Das mochte Erhard Wunderlich so gern, sagt Kurt Klühspies aus Großwallstadt, einer derjenigen, die gemeinsam mit Wunderlich einen der größten Triumphe im deutschen Handball feierten: Den WM-Titel von 1978. Das „Wunder von Kopenhagen“, als das Team von Trainer Vlado Stenzel, der krasse Außenseiter, die übermächtig scheinenden Sowjets mit 20:19-Toren besiegte. In Kopenhagen war „der Sepp“ der Größte (2,04 Meter) und mit 21 Jahren einer der jüngsten. Nun geht er als erster Weltmeister von 1978. Am Donnerstag ist Wunderlich im Alter von 55 Jahren in Köln einem Krebsleiden erlegen.

Weißbier und Sepp, das weist hin auf seine bayrische Heimat. „Er war unser Bayer“, sagt Klühspies. Am 14. Dezember 1956 wurde Wunderlich in Augsburg geboren, seit 1962 war er Mitglied beim FC Augsburg, wo schon sein Vater Feldhandball gespielt hatte. Gestartet hatte der gelernte Elektrotechniker seine steile Karriere im Sommer 1976 mit einem Freundschaftsspiel gegen den VfL Gummersbach. Damals warf er 13 Tore aus dem halblinken Rückraum, weshalb ihn VfL-Manager Eugen Haas umgehend verpflichtete.

Es war der Beginn einer Laufbahn, die 1999 mit der Wahl zum „deutschen Handballer des Jahrhunderts“ endete. Wunderlich freute sich zwar darüber sehr, blieb aber bescheiden: „Ich habe Bernhard Kempa vor mir gesehen, Herbert Lübking, Hansi Schmidt, auch Jo Deckarm, und nur gedacht, was die Großes für den deutschen Handball geleistet haben.“

Der Millionen-Vertrag in Barcelona

Einen wie ihn, urteilte aber nicht nur Bundestrainer Vlado Stenzel, „gibt es nur alle hundert Jahre“. Heiner Brand, einer der Weggefährten beim VfL Gummersbach und in der Nationalmannschaft, sagt: „Sepp war im Angriff das größte Talent, das wir je in Deutschland hatten. Er besaß ein unglaubliches Potenzial.”

Es dauerte nur ein paar Monate, bis Stenzel ihn in die Nationalmannschaft berief. Sein Debüt feierte Wunderlich bereits am 19. November in Brasov, gegen Rumänien. Das WM-Finale in Kopenhagen war sein 21. Länderspiel. Dort spielte er, der Rechtshänder, zumeist auf der Linkshänder-Position im rechten Rückraum, weil Joachim Deckarm auf halblinks unumstritten war. Wunderlich machte seine Sache überragend. Die Deutsche Handballwoche rühmte nach dem Titel seine famosen Anspiele. „Er war ein echter Allrounder im Angriff“, sagt Klühspies.

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In den 80er bot ihm der CF Barcelona die Chance des Lebens: Einen mit 2,5 Millionen D-Mark dotierten Vierjahresvertrag. Wunderlich wurde mit 30.000 Mark netto im Monat der am besten bezahlte Handballer der Welt. In dieser Zeit galt Wunderlich als der beste Torschütze auf dem Globus. Allerdings auch einer mit Allüren. Er besaß das gleiche Image wie der zweite berühmte blonde Mannschaftssportler Augsburgs, Bernd Schuster. Auch Wunderlich galt als unbequem, ein Mann mit Ecken und Kanten, undiplomatisch, und er pochte zuweilen auf Sonderrechte.

Als Manager Europapokal-Sieger

Seine Vereinskarriere beendete Wunderlich in Deutschland. Zum TSV Milbertshofen war er bereits 1985 gewechselt, nach nur einem Jahr in Barcelona. Wunderlich stieg 1986 mit dem MTSV auf und feierte auch beim VfL Bad Schwartau (1989-1991) Erfolge. Unter seiner Regie als Manager wurde der MTSV Europapokalsieger.

Das berufliche Leben nach dem Handball verlief nicht so erfolgreich. Seine Liebe zum Handball erlosch jedoch nie, er war zeitweise TV-Experte, betrieb Lobbyarbeit für Funktionäre, beriet die Handball-Bundesliga, und sehr gern widmete er sich auch seinem Hobby, dem Golfspiel. Und genoss danach Himbeereis und Weißbier.