Paris. Der Wettskandal in Frankreich nimmt ein immer größeres Ausmaß an. Die französische Polizei verhaftet neben dem Welthandballer und zweifachen Olympiasieger Nikola Karabatic weitere Handballstars. Die Ermittlungen laufen bereits seit Monaten.

Der Wettskandal im französischen Handball zieht weitere Kreise. Unmittelbar nach dem Meisterschaftsspiel gegen Paris St. Germain hat die Polizei am Sonntagabend siebzehn Verdächtige verhaftet - darunter auch sechs Spieler von Rekordmeister Montpellier mit dem Welthandballer und zweifachen Olympiasieger Nikola Karabatic an der Spitze. Der Vorwurf der Justiz: Montpellier AHB soll am 12. Mai das Erstligaspiel gegen Cesson-Rennes absichtlich verloren haben, um Spielern, Freunden und Bekannten zu lukrativen Wettgewinnen zu verhelfen.

"Sie haben nicht betrogen"

Ein Betrugsvorwurf, den der Spieleranwalt Eric Dupond-Moretti am Montag vehement bestreitet. Jawohl, seine Mandanten Nikola und Luka Karabatic hätten zwar gewettet, bestätigt der Strafverteidiger dem Radiosender RTL, doch dann fügt er präzisierend hinzu: "Sie haben aber nicht betrogen."

Der Betrugsskandal im Lande des Olympiasiegers und Weltmeisters stellt alle politischen Ereignisse in den Schatten. Die Nachrichtensender überschlagen sich seit Sonntagabend mit Live-Berichten. Und liefern dramatische Bilder, die nicht nur Sportfans zusammenzucken lassen: Dieselben Lieblinge, die kurz zuvor noch in der Pierre-de-Coubertin-Sporthalle von Paris das Publikum mit filigranem Spiel begeisterten, werden jetzt - einer nach dem anderen - in wartende Polizeilimousinen verfrachtet. Dann rauscht der Konvoi mit flackerndem Blaulicht und lautem Martinshorn davon. Ziel: der Justizpalast im Vorort Nanterre, wo die auf Wettbetrug spezialisierte Spezialeinheit der Kripo sogleich ihre Vernehmungen beginnt. Es ist dieselbe gefürchtete Truppe, die vor einiger Zeit in Paris die Spielcasinos der korsischen Mafia hochgehen ließ. Einige Spieler, sonst gar nicht medienscheu, wollen im Polizeiauto nicht erkannt werden und ziehen sich verstört die Jacken über den Kopf.

Die Nachspielzeit bei der Kripo in Nanterre zieht sich in die Länge, so sehr, dass Stars wie Mitbeschuldigte die ganze Nacht und auch den Montag in Polizeigewahrsam verbringen. Auf die Frage, wie sein Mandant, der Torwart von Montpellier, die Nacht in der Arrestzelle aufgenommen habe, erwidert Rechtsanwalt Jean-Yves Liénard dem TV-Sender BFM-TV: "Wenn Du in Polizeigewahrsam bist, singst du nicht bestimmt nicht die 'Marseillaise'."

Ermittlungen laufen bereits seit Monaten

Die Ermittlungen der Justiz in der Causa Montpellier laufen schon seit Monaten. Die französische Lottogesellschaft hatte bereits am Tag des mutmaßlich verschobenen Spiels ungewöhnliche hohe Wetteinsätze registriert. Montpellier, zu diesem Zeitpunkt erneut Landesmeister, verlor gegen die abstiegsgefährdeten Bretonen überraschend mit 28:31. Erst am vergangenen Mittwoch enthüllte der Fernsehsender "France 3" den ganz Frankreich erschütternden Skandal.

Für die erfolgsverwöhnten Stars von Montpellier steht viel auf dem Spiel, schlimmstenfalls ihre Karriere. Handelt es sich um ein rein sportliches Vergehen, würden sie sich  eine Sperre von sechs Spielen und 15.000 Euro Geldstrafe einfangen. Wurde das Match hingegen verschoben, drohen ihnen in einem Strafprozess fünf Jahre Gefängnis und 75.000 Euro Geldstrafe.

Wie sehr bei den erfolgsverwöhnten Stars von Montpellier die Nerven blank liegen, zeigt das Spiel gegen Paris St. Germain. Nach einem knappen Halbzeitrückstand (12:14) hieß der Endstand 24:38. Die bange Frage lautet nun: Wird Montpellier am Mittwoch überhaupt vollzählig zum Erstligaspiel gegen Toulouse antreten können oder muss das Spiel verschoben werden?