Essen. Deutschlands Handballern stehen die wichtigsten Spiele nach der WM bevor. Am Mittwoch und am Sonntag soll die EM-Qualifikation gesichert werden.
Sie haben den Moment im Kanzleramt genossen, die Glückwünsche von Bundeskanzlerin Angela Merkel zum vierten Platz bei der zurückliegenden WM. Weiße Hemden, dunkle Sakkos, breites Grinsen – so standen die deutschen Handballer am Montag im Kanzleramt in Berlin, bevor es weiter zum Flughafen ging. Denn an diesem Mittwoch wird wieder Arbeitskleidung getragen. Kurze Hosen, Trikots mit dem Adler auf der Brust. Die EM-Qualifikation geht weiter und könnte bereits am Samstagabend vorzeitig gesichert sein. Dazu muss allerdings gleich zweimal der dickste Brocken der Qualifikationsgruppe aus dem Weg geräumt werden: Polen.
Deutschland tritt am Mittwoch in Glewitz an
Am Mittwoch in Gleiwitz (18 Uhr/ARD) und am Samstag in Halle/Westfalen (14 Uhr/ZDF) werden die Duelle gegen das Team von Trainer Patryk Rombel ausgetragen. Sein deutsches Gegenüber Christian Prokop ist sich sicher: „Polen ist der stärkste Gegner in dieser Gruppe.“ Soll heißen: Die Zeiten des Experimentierens sind vorbei. Vor einem Monat hatte sein Team in Düsseldorf eine 27:29-Pleite im Testspiel gegen die Schweiz kassiert. Gegen einen Gegner, der jahrelang schon keine internationale Turnierluft schnuppern durfte.
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Allerdings war in Düsseldorf vermehrt eine andere Mannschaft auf dem Feld als noch zwei Monate zuvor bei der WM. Prokop hatte einigen Spielern eine Auszeit gegönnt und Nachwuchskräfte eingesetzt. Timo Kastening (TSV Hannover), Johannes Golla (SG Flensburg) und Sebastian Heymann (Frisch-Auf Göppingen) bekamen viel Spielzeit, Rechtsaußen Kastening gehörte gar zur Startformation. Auch Torwart Christopher Rudeck (Bergischer HC) feierte seinen Einstand. Ein Luxus, die Niederlage machten die Spieler im Anschluss mit einer ausgiebigen Autogrammstunde bei den Zuschauern gut.
Heute aber geht es nicht um Autogramme, heute geht es nur um die erfolgreiche Qualifikation. „In beiden Spielen brauchen wir eine Top-Leistung in der aktuell stärksten Besetzung“, sagt Prokop. Nun ist also das A-Team gefragt.
Das hat sich auch auf den Weg nach Polen gemacht. Angeführt von Linksaußen Uwe Gensheimer, der gegen die Schweiz wegen eines Champions-League-Einsatzes mit Paris St. Germain passen musste. Wie Rückraumspieler Steffen Weinhold ist auch Silvio Heinevetter, damals verletzt, wieder dabei und hütet das Tor abwechselnd mit Andreas Wolff. Auch sonst ist die Mannschaft die des WM-Turniers. Bis auf Finn Lemke, der verletzt ausfällt und durch Marian Michalczik ersetzt wird. Wenn man allerdings ehrlich ist: Abwehr-Hüne Lemke hatte bei der WM nur sporadische Einsätze, Hendrik Pekeler und Patrick Wiencek sind in der Abwehrmitte gesetzt.
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Allerdings hat auch das A-Team ein Problem, und zwar das des fehlenden Regisseurs. Der reaktivierte Zweitligaspieler Martin Strobel hatte die deutsche Schwachstelle bei der WM ausgemerzt, er überzeugte als Spielmacher alter Schule mit Übersicht und Geduld. Nach seiner schweren Knieverletzung gegen Kroatien zeigte sich aber schnell, dass die Rückraum-Mitte nun wieder eine Baustelle ist. Vor einem Monat konnten Tim Suton, Paul Drux und Fabian Wiede dort nur bedingt Akzente setzen.
Forderung von Hanning
Trotzdem: „Ich sehe sehr, sehr gute Chancen, dass wir diese beiden Spiele für uns entscheiden können und uns frühzeitig qualifizieren“, sagt Uwe Gensheimer. Etwas fordernder wird da schon Bob Hanning, Vizepräsident des Deutschen Handballbundes: „Abgesehen von der WM sind das die wichtigsten Spiele für die Nationalmannschaft in diesem Jahr. Es ist die Woche der Wahrheit, und Polen ist trotz des Umbruchs der letzten Jahre ein Gradmesser. Dennoch: Zwei Siege müssen das Ziel sein.“
Der Plan steht also. Mit seinen 40 Jahren dürfte der Bundestrainer das Motto des A-Teams aus der 80er-Jahre-Fernsehserie gut kennen. Vielleicht wird auch er am Samstag nach erfolgreicher Qualifikation für das EM-Turnier 2020 in Österreich, Schweden und Norwegen denken: „Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert.“