Düsseldorf. Die deutsche Handball-Nationalmannschaft verliert ihr erstes Länderspiel nach der Heim-WM gegen Schweiz. Lag es an der Einstellung?

Zumindest die jüngsten Fans hatten den deutschen Handballern das Ergebnis nicht übel genommen. Auch weit eine Stunde nach Spielschluss standen Jungs und Mädchen zwischen sechs und 14 Jahren im Gang zwischen Halle und Kabine, um sich Autogramme zu holen. Die 27:29 (10:9)-Pleite gegen die Schweiz hatten sie bereits ausgeblendet, als sich Patrick Wiencek, Andreas Wolff und Hendrik Pekeler per Filzstift auf Bällen und T-Shirts verewigten.

„Tut uns leid, dass wir verloren haben“, hatte sich Wiencek kurz nach dem Schlusspfiff per Mikrofon bei den 11.593 Zuschauern im ausverkauften Düsseldorfer ISS-Dome entschuldigt und Applaus geerntet. Die Wiedersehensfreude nach der erfolgreichen Heim-WM überwog, daran änderte auch die Niederlage gegen die Schweiz nichts.

Was aber nicht für alle galt: „Kämpfen ist gut und wichtig, aber die Resultate müssen schon stimmen“, ärgerte sich Bob Hanning, Vizepräsident des Deutschen Handballbundes. „20 Gegentore darf eine deutsche Mannschaft in der zweiten Halbzeit nicht kassieren.“ Bundestrainer Christian Prokop versuchte zunächst noch, seinen Ärger durch das Hervorheben einiger positiver Aspekte zu überspielen, sagte dann aber schließlich doch: „Die Schweiz zu schlagen ist schon unser Anspruch.“

Warum das an diesem Samstag nicht funktioniert hat, hatte gleich mehrere Gründe. Einige gestandene WM-Spieler wie Patrick Groetzki, Steffen Weinhold oder Uwe Gensheimer hatten eine Pause erhalten oder waren für ihre Klubmannschaften im Einsatz. Prokop nutzte die Chance, um jungen Spieler erste Minuten im Nationaltrikot zu gewähren, was den Spielfluss weiter stocken ließ. Timo Kastening (TSV Hannover), Johannes Golla (SG Flensburg) und Sebastian Heymann (FrischAuf Göppingen) bekamen viel Spielzeit, Rechtsaußen Kastening gehörte gar zur Startformation und durfte die ersten 30 Minuten durchspielen. Auch Torwart Christopher Rudeck (Bergischer HC) feierte seinen Einstand. „Es hat Spaß gemacht. Das Einlaufen, die Nationalhymne, das ganze Drumherum. Das Spiel selbst dann allerdings weniger“, sagte der 24-Jährige.

"Haben das Spiel ernster genommen als die Deutschen"

Denn die Schweiz präsentierte sich nicht als der Handballzwerg, der sich länger damit abfinden will, bei Großturnieren nur zuzuschauen. Zumal die Eidgenossen mit Andy Schmid einen Regisseur in ihren Reihen haben, den nicht wenige für den besten Handballer der Welt halten. Das Spiel gegen Deutschland war da nur ein weiterer Beweis. Der Anführer des Bundesligisten Rhein-Neckar Löwen lenkte das Schweizer Spiel mit Geduld und Übersicht. Er traf neunmal, er überraschte mit artistischen Anspielen auf Kreisläufer Alen Milosevic (SC DHfK Leipzig) und sprang am Ende als erfolgreicher Siebenmeterschütze ein. „Toll, dass wir hier bestanden haben“, sagte der 35-Jährige. „Ich glaube, wir haben das Spiel etwas ernster genommen als die Deutschen.“

Die hatten immerhin Andreas Wolff im Tor, der in der ersten Hälfte des Spiels dafür sorgte, dass Deutschland nicht schon früh in Rückstand geriet. Dem Kieler gelang gar sein zehntes Länderspieltor zum zwischenzeitlichen 5:2. In der Halbzeit machte Wolff Platz für Rudeck, kehrte aber zehn Minuten vor dem Ende der Partie wieder zwischen die Pfosten zurück. Da lag sein Team 19:22 zurück. Grund dafür war nicht die deutsche Abwehr, die zwar nicht WM-Form hatte, aber immerhin solide spielte. Vielmehr war es die Offensive, in der es merklich hakte. „Uns hat die Durchschlagskraft im Rückraum gefehlt“, fasste Prokop das Sammelsurium aus Würfen neben das Tor, Lattentreffern und abgeblockter Schussversuchen zusammen.

„Wir hatten eine gute Trainingswoche und auch aus diesem Spiel konnte ich viele Lehren ziehen“, sagte der Bundestraine. Der Test diente ihm zur Einstimmung auf die EM-Qualifikationsspiele im April gegen Polen. Das Hinspiel findet am 10. April in Gleiwitz statt, das Rückspiel am 13. April in Halle/Westfalen. Im Juni folgen dann die Rückspiele gegen Israel und Kosovo. Prokop: „Da wird ein anderer Wind wehen.“