Brest. Der Niederländer Henk Groener ist der Bundestrainer der Handball-Frauen. Bei der EM in Frankreich muss sich sein junges Team beweisen.

Der deutsche Hoffnungsträger ist ein Niederländer. Henk Groener führt die deutschen Frauen in die Handball-EM, die heute in Frankreich beginnt. Einst hat der 58-Jährige die holländischen Frauen in der Weltspitze etabliert – nun soll das deutsche Team folgen.

Herr Groener, die Niederlande sind gerade in aller Munde: Die Fußballer haben sehr erfolgreiche Länderspiele hinter sich, Max Verstappen sorgt in der Formel 1 für Furore. Sie sind mit den deutschen Handball-Frauen bei der EM: Eine gute Zeit für den holländischen Sport?

Henk Groener: Ich weiß nicht, ob es gut für Holland ist, dass ein Holländer jetzt die deutschen Handball-Frauen betreut (lacht). Aber ja, es sind speziell im Frauen-Handball gute Zeiten für holländische Trainer. Robert Nijdam trainiert Bayer Leverkusen und Gino Smits Borussia Dortmund in der Bundesliga. Und wenn wir auch über Fußball reden: Vor einem Jahr wurde noch ganz anders über den holländischen Fußball gesprochen. Seit den Spielen gegen Frankreich und Deutschland ist er ja wieder in aller Munde. Das ist natürlich schön. Aber auch das kann schnell wieder anders sein, wie es ja auch die Deutschen gerade erleben. Auch da ist ein Umbruch gefragt.

Sie haben schon so manchen Umbruch gemeistert: Zunächst im holländischen Frauen-Nationalteam, das Sie vom internationalen Leichtgewicht zum Silbermedaillengewinner der WM 2015 und Viertplatzierten der Olympischen Spielen 2016 geformt haben.

Groener: Es war eine tolle Zeit, ich war acht Jahre lang Trainer der Niederlande. Dabei habe ich eigentlich immer in Vier-Jahres-Zyklen gedacht, mit Blick auf die jeweiligen Olympischen Spiele. Nach Rio lautete die Frage: Noch einmal vier Jahre? Und wenn die Antwort dann nicht unbedingt ein Ja ist, sollte man auch aufhören. Ich habe dann erst einmal ein Jahr lang nichts gemacht, bis der Deutsche Handball-Bund anfragte.

Bei dem Sie wieder einen Umbruch eingeleitet haben. Sechs Spielerinnen werden bei einem großen Turnier debütieren.

Groener: Der Umbruch musste ja kommen, zahlreiche gestandene Spielerinnen haben nach der WM im vergangenen Jahr aufgehört. Im Vergleich zu anderen Mannschaften bei der EM sind wir noch nicht einmal sehr jung, sondern eher sehr unerfahren, was Turnierauftritte und neue Rollen innerhalb der Mannschaft betrifft.

Wie hat sich das Team seit Ihrem Amtsantritt vor elf Monaten entwickelt?

Groener: Mich hat sehr gefreut, dass die Mannschaft das von mir forcierte Tempospiel so gut angenommen hat. Das Abwehrverhalten war auch vorher gut, aber daraus wurde immer recht wenig gemacht. Jetzt kommen wir aus einer guten Abwehr heraus zu leichten Toren im Schnellangriff. Das ist schon mal ein großer Schritt vorwärts. Die Einstellung der Mannschaft war aber auch vorher schon gut. Sie ist eine Einheit, ein eingeschworenes Team, das kämpft und nie aufgibt.

Die deutschen Handball-Frauen gehörten einst zur Weltspitze. Bringen Sie sie dorthin zurück?

Groener: Das ist das Ziel. Deutschland hat den weltgrößten Handballverband, die Hälfte der Mitglieder sind Frauen – da sollte es das Ziel sein, auch die Frauen in die Weltspitze zu führen. Das ist ein längerer Weg, aber wir kommen voran.

Was ist mit diesem Team möglich? Hauptrunde? Finale?

Groener: Schwer zu sagen, wozu wir in der Lage sein werden. Klar ist, dass wir mit guten Mannschaften mithalten können, das haben die Testspiele gezeigt. Für alle Mannschaften aber gilt: Die Hauptrunde ist das Ziel. Es wird kein Team geben, das da mal so eben durchmarschiert. Selbst Norwegen muss einige Ausfälle kompensieren.

Norwegen ist der Titelverteidiger – und erster Gegner am Samstag.

Groener: Dass es für uns direkt gegen die dominierende Mannschaft der vergangenen Jahren geht, ist natürlich ein schweres Los. Aber wir haben ja drei Spiele, um uns für die Hauptrunde zu qualifizieren.