Zagreb. 25:25-Krimi beim letzten Vorrundenspiel gegen Mazedonien. Ab Freitag geht es für das DHB-Team gegen Spanien, Dänemark und Tschechien weiter.
Die Ausgangslage ist ernüchternd: Durch das 25:25 (11:12)-Unentschieden gegen Mazedonien im letzten Vorrundenspiel der Europameisterschaft in Kroatien reisen die deutschen Handballer heute nur als Gruppenzweiter oder -dritter ins 90 Kilometer entfernte Varazdin und müssen dort am Freitag ihr erstes von drei Spielen in der Hauptrunde bestreiten.
Die Enttäuschung auf dem Spielfeld in Zagreb war groß. Unendlich groß sogar. Bundestrainer Christian Prokop ging mit hängendem Kopf in die Kabine, auf dem Spielfeld standen die deutschen Handballer und blickten sich an. Sie waren rat-, sie waren fassungslos. Den Sieg verpasst, Gruppensieg verspielt – das erste Etappenziel auf dem Weg zur Titelverteidigung wurde zwar mit dem Hauptrundeneinzug erreicht, doch da stehen die Chancen nun eher schlecht.
Nun dreimal unter Druck
Denn die Punkte gegen die Kontrahenten aus der Vorrunde wandern mit in die Zwischen-Turnierphase. Noch ist zwar nicht alles verloren, doch nun müssen zwingend alle Hauptrundenspiele gewonnen werden – und selbst dann könnte das deutsche Team auf Schützenhilfe anderer Teams angewiesen sein.
Nach dem spektakulären 25:25 gegen Slowenien vom Montag (der europäische Handballverband hatte gestern auch den zweiten Einspruch der Slowenen abgeschmettert), hatte Bundestrainer Prokop eine Änderung vorgenommen. Aus dem Trainingslager des Bundesligisten MT Melsungen hatte er Finn Lemke kommen lassen. Von Prokops Seite wirkte es wie das Eingeständnis eines Fehlers, hatte er den Abwehrchef des deutschen EM-Triumphs und des Gewinns von Olympia Bronze 2016 doch zunächst zu Hause gelassen. Gleichzeitig wertete Bob Hanning, Vize-Präsident des Deutschen Handballbundes, es aber auch als Beleg, dass der Bundestrainer flexibel auf kritische Situationen reagieren kann statt stur den angedachten Plan weiterzuverfolgen. Der 25-jährige Lemke sollte der Deckung wieder Stabilität verleihen.
Die war auch dringend nötig, hatten die Mazedonier doch Kiril Lazarov in ihren Reihen. Keiner hat je mehr Tore bei einem EM- (61) oder WM-Turnier (92) erzielt. Auch gestern zeigte sich der 37-jährige Rückraumspieler wieder torhungrig, markierte fünf Treffer. Zumal Mazedoniens spanischer Trainer Raúl González auf psychologische Kriegsführung setzte. Von Beginn an ließ er bei Angriffen seinen Torhüter Borko Ristovski auf die Bank gehen, um mit einem siebten Feldspieler Druck zu machen. Den ersten Angriff entschärfte Rechtsaußen Tobias Reichmann noch und ließ den Ball ins leere Tor zur deutschen 1:0-Führung fliegen. Dann aber erwies sich der mazedonische Kniff als äußerst effektiv.
Nach fünf Zeigerumdrehungen lag die Prokop-Auswahl 1:3 hinten, daran konnte auch Torhüter Andreas Wolff nicht viel ändern. Dennoch fiel auf: Es lief wesentlich flüssiger im deutschen Spiel. Nach 19 Minuten traf Wiencek zum 8:7 und damit zur ersten deutschen Führung nach der Anfangsminute.
Noch nicht wie ein Titelverteidiger
Steffen Weinhold brachte den Ball gleich viermal im mazedonischen Kasten unter und auch Uwe Gensheimer zeigte sich von Linksaußen und vom Siebenmeterpunkt wieder treffsicher. In der 27. Minute vergab Tobias Reichmann sogar einen Alleingang. So blieb es bei der knappen 12:11-Halbzeitführung.
Das deutsche Spiel war nicht titelverteidigerwürdig. Auch in den folgenden 30 Minuten ging es hin und her. In der 35. Minute holten sich die Mazedonier die Führung zurück (15:14). Die Deutschen reagierten zunehmend nervöser, leisteten sich leichte Fehler. 41. Minute, Mazedonien führte 16:19. 50. Minute, 20:20 durch Hendrik Pekeler. 57. Minute, 24:23 durch Patrick Groetzki. Führung, Rückstand und Ausgleich wechselten. Und schließlich: die letzte vergebene Chance – 25:25.