Essen. . Handball-Ikone Heiner Brand hat die meisten Spiele der EM nicht sehen können. Im Interview spricht er über den EM-Sieg - und seinen Streit mit dem Handball-Bund.

Mann mit Walrossbart, Weltmeister als Spieler und Trainer, Publikumsliebling. Keiner ist im deutschen Handball so stark verwurzelt wie der ehemalige Bundestrainer Heiner Brand (63). Ein Gespräch über die EM-Euphorie und das Leben neben dem Sport.

Herr Brand, wie haben Sie den Europameisterschafts-Erfolg der Handballer miterlebt?

Heiner Brand: Die Vorrunde habe ich noch verfolgt, danach gab es für mich nichts mehr zu sehen. Ich war im Urlaub, in der Karibik, und habe viel Zeit auf einem Schiff verbracht. Eine Fernsehübertragung gab es nicht, Zwischenstände habe ich über das Internet mitbekommen. Ich konnte ja nicht vorhersehen, dass das Turnier so ausgehen wird. Aber ich habe die Spiele aufzeichnen lassen und werde sie mir in den nächsten Tagen anschauen.

Können Sie entspannt Urlaub machen, wenn ein so wichtiges Turnier läuft?

Heiner Brand: Ich habe beschlossen, private Termine nicht mehr so sehr nach dem Handball auszurichten. Das habe ich 40 Jahre lang getan. Dazu kommt, dass ich für Sky als Experte im Einsatz bin und mein Fernsehjob im Februar mit der Übertragung der Champions-League-Spiele wieder losgeht. Darauf musste ich bei meiner Urlaubsplanung Rücksicht nehmen.

Hatten Sie während der EM Kontakt zu Beteiligten?

Heiner Brand: Ich habe hin und wieder mit Carsten Lichtlein Nachrichten ausgetauscht. Am Dienstag habe ich die drei Gummersbacher EM-Spieler getroffen und ihnen gratuliert.

Lässt sich die Euphorie vergleichen mit der Stimmung nach Ihrem WM-Titel 2007?

Heiner Brand: Ich denke ja. Das ist ähnlich, auch wenn der Titel in diesem Jahr noch überraschender kam.

Wird sich der Rückenwind für die am Mittwoch beginnende Handball-Bundesliga nutzen lassen?

Heiner Brand: Sicherlich wird es vor allem zu den ersten Bundesliga-Spielen nach der EM viele Zuschauer ziehen. Alle wollen die Helden live sehen. Ob sich der Zuspruch halten wird, hängt von den Athleten ab und wie stark sie spielen. Wir hatten nach der WM 2007 einen Zulauf an Kindern und Jugendlichen in den Vereinen. Ich halte es für möglich, davon jetzt wieder zu profitieren. Auch wenn es nicht leicht wird. Der Handball ist nicht mit solchen finanziellen Mitteln ausgestattet wie der Fußball. Aber Trainer und Hallen wollen bezahlt werden.

Sie selbst waren Ihr Leben lang dem Handball verbunden. Wie fühlt es sich nach Ihrem Rückzug als Manager beim Handballbund (DHB) an, nicht mehr nah dabei zu sein?

Heiner Brand: Für meinen Fernsehjob bin ich noch viel unterwegs. Ansonsten habe ich mich von diesem Thema gelöst. Ich vermisse nichts und habe nicht das Gefühl, wieder auf der Trainerbank sitzen zu müssen.

2019 richtet Deutschland gemeinsam mit Dänemark die WM aus. Kaum vorstellbar, dass eine Ikone wie Sie nicht eingebunden ist.

Heiner Brand: Ich muss keine Funktion ausüben. 40 Jahre sind eigentlich genug. Zudem glaube ich nicht, dass es beim DHB die Notwendigkeit gibt, mich zurückzuholen. Sportlich läuft dort alles.

Ihr Verhältnis zu DHB-Präsident Andreas Michelmann und zu Vizepräsident Bob Hanning galt zuletzt als nicht das beste. Besteht Hoffnung, dass Sie wieder zusammenfinden?

Heiner Brand: Ein Gespräch kann es erst geben, wenn sich die andere Seite von ihrer Aussage distanziert. Zu behaupten, ich sei frustriert, weil ich vom DHB keinen Rentenvertrag bekommen habe, ist eine Lüge. So lange das nicht geklärt ist, gibt es nichts dazu zu sagen.